Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer)
4. September 2024(* )
„ Haushaltsrecht der Union – Vollzug des Unionshaushalts im Wege der indirekten Mittelverwaltung durch eine internationale Organisation – Beschluss, mit dem einer juristischen Person die Anerkennung des Status einer internationalen Organisation verweigert wird – Nichtigkeitsklage – Ordnungsgemäßheit der den Anwälten der Klägerin erteilten Vollmacht – Zulässigkeit – Zur Durchführung eines Urteils des Gerichtshofs ergangener Beschluss – Art. 266 AEUV – Rechtskraft – Grundsatz der guten Verwaltung – Rechtssicherheit – Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 – Art. 58 – Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 – Art. 43 – Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 – Art. 156 – Begriffe ‚Internationale Organisation‘ und ‚Internationales Abkommen‘ – Rechtsfehler – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Außervertragliche Haftung “
In der Rechtssache T‑509/21,
International Management Group (IMG) mit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch Rechtsanwältin L. Levi und Rechtsanwalt J.‑Y. de Cara,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz, J.‑F. Brakeland, S. Delaude und L. Puccio als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot (Berichterstatter) sowie des Richters H. Kanninen, der Richterin R. Frendo, des Richters M. Sampol Pucurull und der Richterin T. Perišin,
Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere der Entscheidung vom 11. Januar 2022, das Verfahren bis zur abschließenden Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache auszusetzen, die dem Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), zugrunde lag,
auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2023
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, die International Management Group (IMG), zum einen auf der Grundlage von Art. 263 AEUV die Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Juni 2021, mit dem die Europäische Kommission sich geweigert hat, der Klägerin rückwirkend zum 16. Dezember 2014 den in der Finanzregelung der Europäischen Union vorgesehenen Status einer internationalen Organisation für die Ausführung von Unionsmitteln im Wege der indirekten Mittelverwaltung zuzuerkennen (im Folgenden: angefochtener Beschluss), und zum anderen auf der Grundlage von Art. 268 AEUV den Ersatz der ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schäden.
I. Vorgeschichte des Rechtsstreits
A. Verfahrensrechtliche Vorgeschichte
2 Die Klägerin, die ursprünglich International Management Group – Infrastructure for Bosnia and Herzegovina (IMG‑IBH) hieß und deren Hauptsitz sich nunmehr in Belgrad (Serbien) befindet, wurde am 25. November 1994 gegründet, um den am Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas beteiligten Staaten und internationalen Organisationen zu diesem Zweck eine spezialisierte Stelle zur Verfügung stellen zu können. Seitdem hat sie ihr Tätigkeitsfeld schrittweise in den Bereichen Wiederaufbau und Entwicklung ausgeweitet.
3 Am 7. November 2013 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 84 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1) den Durchführungsbeschluss C(2013) 7682 final über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zulasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union. Dieser Beschluss sah u. a. ein Programm zur Entwicklung des Handels vor, dessen Kosten, die auf 10 Mio. Euro veranschlagt wurden, von der Union finanziert werden sollten und dessen Durchführung in gemeinsamer Verwaltung mit der Klägerin sichergestellt werden sollte.
4 Am 17. Februar 2014 setzte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) die Kommission davon in Kenntnis, dass es zum Status der Klägerin eine Untersuchung eröffnet habe. Am 15. Dezember 2014 erhielt die Kommission den vom OLAF nach Abschluss seiner Untersuchung erstellten Bericht (im Folgenden: OLAF‑Bericht) nebst einer Reihe von Empfehlungen. In diesem Bericht stellte das OLAF im Wesentlichen fest, dass die Klägerin keine internationale Organisation im Sinne der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1) und der Verordnung Nr. 966/2012 darstelle. Ferner empfahl das OLAF der Kommission, Sanktionen gegen die Klägerin zu verhängen und die in diesem Zusammenhang an sie gezahlten Beträge zurückzufordern.
5 Am 16. Dezember 2014 beschloss die Kommission, die Durchführung des im Durchführungsbeschluss C(2013) 7682 final vorgesehenen und oben in Rn. 3 erwähnten Programms zur Entwicklung des Handels im Wege der indirekten Mittelverwaltung einer anderen Organisation als der Klägerin zu übertragen (im Folgenden: Beschluss vom 16. Dezember 2014).
6 Am 8. Mai 2015 richtete die Kommission schließlich ein Schreiben an die Klägerin, um diese über die Konsequenzen zu informieren, die sie aus dem OLAF‑Bericht zu ziehen beabsichtige. In diesem Schreiben teilte sie mit, sie habe, obwohl sie die meisten Empfehlungen des OLAF nicht umsetzen werde, insbesondere beschlossen, dass ihre Dienststellen erst dann mit der Klägerin neue Übertragungsvereinbarungen nach dem in der Verordnung Nr. 966/2012 vorgesehenen Modus der indirekten Mittelverwaltung abschließen würden, wenn hinsichtlich ihres Status als internationale Organisation absolute Gewissheit bestehe (im Folgenden: Beschluss vom 8. Mai 2015).
B. Gerichtliche Vorgeschichte
7 Mit einer ersten Klageschrift, die am 21. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑29/15 in das Register eingetragen wurde, sowie mit einer zweiten Klageschrift, die am 14. Juli 2015 einging und unter dem Aktenzeichen T‑381/15 eingetragen wurde, erhob die Klägerin Klagen, mit denen sie im ersten Fall die Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 und im zweiten Fall die Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 sowie den Ersatz des durch diesen Beschluss verursachten Schadens begehrte.
8 Mit den Urteilen vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T‑29/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:56), und vom 2. Februar 2017, IMG/Kommission (T‑381/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:57), wies das Gericht die Klagen der Klägerin gegen die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 ab.
9 Mit zwei am 11. April 2017 eingelegten und unter den Aktenzeichen C‑183/17 P und C‑184/17 P in das Register eingetragenen Rechtsmitteln beantragte die Klägerin die Aufhebung der beiden oben in Rn. 8 genannten Urteile.
10 Mit Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), hob der Gerichtshof erstens die beiden oben in Rn. 8 genannten Urteile auf, erklärte zweitens die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 für nichtig und verwies drittens die Rechtssache T‑381/15 zur Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Ersatz der Schäden, die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, an das Gericht zurück.
11 Mit einem Schriftsatz, der am 10. Januar 2020 bei der Kanzlei des Gerichtshofs einging, ersuchte die Klägerin den Gerichtshof um Auslegung der Nrn. 1 bis 3 des Tenors des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78). Mit Beschluss vom 9. Juni 2020, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P‑INT, EU:C:2020:507), wies der Gerichtshof diesen Auslegungsantrag als offensichtlich unzulässig zurück.
C. Verwaltungsrechtliche Folgen des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C ‑183/17 P und C ‑184/17 P)
12 Mit Schreiben vom 6. Mai 2019 forderte die Kommission die Klägerin im Rahmen der Durchführung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), auf, bestimmte Unterlagen vorzulegen, um nachzuweisen, dass sie die notwendigen Anforderungen für eine mögliche Zusammenarbeit mit ihr nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung tatsächlich erfülle.
13 Mit Schreiben vom 25. Juni 2019 forderte die Klägerin die Kommission im Wesentlichen auf, ihren Status als internationale Organisation nicht mehr zu bestreiten.
14 Mit Schreiben vom 18. Juli 2019 (im Folgenden: Schreiben vom 18. Juli 2019) wandte die Kommission ein, dass die Durchführung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), nicht die „automatische Anerkennung [der Klägerin] als internationale Organisation, sondern eine Neubewertung ihres rechtlichen Status im Licht der verfügbaren Informationen und der einschlägigen Finanzvorschriften“ erfordere. Daher wiederholte die Kommission gegenüber der Klägerin ihre Aufforderung, die im Schreiben vom 6. Mai 2019 genannten Dokumente vorzulegen, auf die oben in Rn. 12 Bezug genommen wird, und stellte klar, dass sie sich im Fall einer Weigerung der Klägerin unmittelbar an die Staaten wenden werde, die diese zu ihren Mitgliedern zähle.
15 Am 26. November 2019 wandte sich die Kommission an Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Finnland, Schweden, das Vereinigte Königreich, Kanada, Norwegen, Russland, die Schweiz und die Türkei mit der Frage, ob diese die Klägerin als internationale Organisation betrachteten, ob sie Mitglied dieser Organisation seien und ob sie ein internationales oder zwischenstaatliches Abkommen unterzeichnet hätten, mit dem die Klägerin als internationale Organisation gegründet worden sei. Falls dies zutreffe, forderte die Kommission die genannten Staaten auf, ihr eine beglaubigte Kopie dieses Abkommens sowie einen Nachweis darüber, dass die Unterzeichner über eine Vollmacht zu seiner Unterzeichnung verfügten, oder eine Kopie der Ratifikationsurkunde für dieses Abkommen zu übermitteln.
16 Am 27. Januar und erneut am 11. März 2020 wiederholte die Kommission das oben in Rn. 15 genannte Auskunftsersuchen vom 26. November 2019 gegenüber Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Österreich, Schweden, dem Vereinigten Königreich, Kanada und der Türkei.
17 Am 25. Mai 2020 wiederholte die Kommission erneut das oben in Rn. 15 genannte Auskunftsersuchen vom 26. November 2019 gegenüber Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Schweden, Kanada und der Türkei sowie schließlich am 14. Oktober 2020 gegenüber Deutschland und der Türkei.
18 Mit Schreiben vom 19. Februar 2021 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie beabsichtige, einen Beschluss zu erlassen, mit dem ihr die Anerkennung des Status einer internationalen Organisation verweigert werde, und forderte sie auf, Stellung zu nehmen.
19 Am 5. und 30. März 2021 antwortete die Klägerin mit schriftlichen Stellungnahmen auf das oben in Rn. 18 genannte Schreiben der Kommission vom 19. Februar 2021.
20 Am 8. Juni 2021 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss.
D. Gerichtliche Folgen des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C ‑183/17 P und C ‑184/17 P)
21 Mit einer Klageschrift, die am 26. September 2019 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑645/19 in das Register eingetragen wurde, erhob die Klägerin eine Klage, mit der sie zum einen die Nichtigerklärung des Schreibens vom 18. Juli 2019 und zum anderen Ersatz des ihr durch dieses Schreiben angeblich entstandenen materiellen und immateriellen Schadens begehrte.
22 Mit Beschluss vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑645/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:388), wies das Gericht diese Klage als unzulässig ab.
23 Darüber hinaus wies das Gericht mit Urteil vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑381/15 RENV, EU:T:2020:406), den Antrag der Klägerin auf Ersatz der Schäden zurück, die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen.
24 Am 19. November 2020 legte die Klägerin zwei Rechtsmittel ein, die unter den Aktenzeichen C‑619/20 P und C‑620/20 P in das Register eingetragen wurden und mit denen sie die Aufhebung des oben in Rn. 22 genannten Beschlusses und die Aufhebung des in Rn. 23 genannten Urteils begehrte.
II. Ereignisse nach Klageerhebung
25 Mit Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), wies der Gerichtshof erstens das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑619/20 P gegen den oben in Rn. 22 genannten Beschluss zurück, hob zweitens das oben in Rn. 23 genannte Urteil teilweise auf und verwies drittens die Rechtssache T‑381/15 RENV zur Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Ersatz des materiellen Schadens, der ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein soll, an das Gericht zurück.
III. Anträge der Parteien
26 Die Klägerin beantragt,
– den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;
– die Kommission dazu zu verurteilen, ihr 23 671 903 Euro als Ersatz für verschiedene materielle und immaterielle Schäden zu zahlen;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
27 Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
IV. Rechtliche Würdigung
A. Zur Zulässigkeit
28 Das Gericht hat zunächst die Frage der Ordnungsgemäßheit der von der Klägerin ihren Anwälten erteilten Prozessvollmacht zu prüfen und sodann die Zulässigkeit der Anlagen A.24 zur Klageschrift und C.1 zur Klageerwiderung zu beurteilen, deren Unzulässigkeit die Kommission geltend gemacht hat.
1. Zur Frage der Ordnungsgemäßheit der von der Klägerin ihren Anwälten erteilten Prozessvollmacht
29 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission auf eine Frage des Gerichts nach dem für eine Klageerhebung zuständigen Gremium der Klägerin geltend gemacht, dass die in Anlage A.3 zur Klageschrift enthaltene, von der Klägerin ihren Anwälten erteilte Prozessvollmacht vom 12. August 2021 nicht auf einen Beschluss ihres Ständigen Ausschusses verweise, so dass Zweifel an der Existenz eines solchen Beschlusses bestünden.
30 Die Klägerin hält das Vorbringen der Kommission für unbegründet.
31 Bei den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Klage handelt es sich um unverzichtbare Prozessvoraussetzungen, deren Vorliegen die Unionsgerichte jederzeit – auch von Amts wegen – zu prüfen haben (vgl. Urteil vom 21. September 2023, China Chamber of Commerce for Import and Export of Machinery and Electronic Products u. a./Kommission, C‑478/21 P, EU:C:2023:685, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Insbesondere müssen nach Art. 19 Abs. 3 und 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung und nach Art. 51 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts auf das Gericht anwendbar ist, juristische Personen – abgesehen von den Mitgliedstaaten, den Organen der Union, den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) oder der in diesem Abkommen genannten EFTA-Überwachungsbehörde – bei der Erhebung einer Klage bei den Unionsgerichten durch einen Anwalt vertreten sein, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Staats aufzutreten, der Vertragsstaat dieses Abkommens ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2023, China Chamber of Commerce for Import and Export of Machinery and Electronic Products u. a./Kommission, C‑478/21 P, EU:C:2023:685, Rn. 91).
33 Wird gerügt, dass die Vollmacht eines Anwalts von einer Partei nicht ordnungsgemäß ausgestellt worden sei, hat die betreffende Partei also nachzuweisen, dass die Vollmacht ordnungsgemäß ausgestellt wurde, was das Gericht zu prüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2023, China Chamber of Commerce for Import and Export of Machinery and Electronic Products u. a./Kommission, C‑478/21 P, EU:C:2023:685, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Aber auch wenn die Unionsgerichte von einer Partei verlangen müssen, dass sie dartut, dass die Vollmacht ihres Anwalts ordnungsgemäß ausgestellt wurde, wenn dies von der gegnerischen Partei bestritten wird, gilt dies nur insoweit, als die gegnerische Partei hinreichend konkrete und bestimmte Anhaltspunkte vorbringt (Urteil vom 21. September 2023, China Chamber of Commerce for Import and Export of Machinery and Electronic Products u. a./Kommission, C‑478/21 P, EU:C:2023:685, Rn. 97).
35 Im vorliegenden Fall heißt es erstens in Art. 18 Buchst. d der Satzung der Klägerin ohne weitere Erläuterung, dass sie über die zur Ausübung ihrer Aufgaben und zur Erreichung ihrer Ziele erforderliche Rechtsfähigkeit, insbesondere über Prozessfähigkeit, verfüge.
36 Zweitens hat die Kommission, indem sie in der mündlichen Verhandlung lediglich geltend gemacht hat, dass die von der Klägerin ihren Anwälten erteilte Prozessvollmacht keinen Verweis auf einen Beschluss ihres Ständigen Ausschusses enthalte, nicht mit hinreichend konkreten und bestimmten Anhaltspunkten begründet, weshalb sie die Ordnungsgemäßheit dieser Prozessvollmacht bestreite.
37 Der Einwand, dass die von der Klägerin ihren Anwälten erteilte Prozessvollmacht nicht ordnungsgemäß sei, ist daher zurückzuweisen.
2. Zur Zulässigkeit von Anlage A.24 zur Klageschrift
38 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission die Unzulässigkeit der Anlage A.24 zur Klageschrift insoweit geltend gemacht, als diese Anlage die Stellungnahme ihres Juristischen Dienstes vom 16. Januar 2015 enthalte, deren Verbreitung sie nicht genehmigt habe.
39 Die Klägerin hält diesen Unzulässigkeitseinwand für unbegründet.
40 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt, aus dem folgt, dass die Zulässigkeit eines Beweises, wenn er rechtmäßig erlangt worden ist, vor dem Gericht nicht in Frage gestellt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2018, Infineon Technologies/Kommission, C‑99/17 P, EU:C:2018:773, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).
41 Allerdings liefe es nach ständiger Rechtsprechung dem öffentlichen Interesse daran, dass die Organe die in völliger Unabhängigkeit abgegebenen Stellungnahmen ihrer Juristischen Dienste nutzen können, zuwider, wenn zugelassen würde, dass solche internen Dokumente in einem Rechtsstreit vor einem Unionsgericht vorgelegt werden, ohne dass ihre Vorlage von dem betreffenden Organ genehmigt oder von diesem Gericht angeordnet worden wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2022, Nord Stream 2/Parlament und Rat, C‑348/20 P, EU:C:2022:548, Rn. 136 und die dort angeführte Rechtsprechung).
42 Durch die ungenehmigte Vorlage eines solchen Rechtsgutachtens konfrontiert die klagende Partei nämlich das betreffende Organ in dem Verfahren über die Gültigkeit eines angefochtenen Rechtsakts mit einer Stellungnahme, die sein eigener Juristischer Dienst bei der Ausarbeitung dieses Rechtsakts abgegeben hat. Ließe man zu, dass die klagende Partei ein von einem Organ erstelltes Rechtsgutachten, dessen Verbreitung von diesem Organ nicht genehmigt wurde, zu den Akten reichen könnte, so stünde dies grundsätzlich im Widerspruch zu den Erfordernissen eines fairen Verfahrens und liefe auf eine Umgehung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) eingeführten Verfahrens hinaus, wonach der Zugang zu einem solchen Dokument beantragt werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
43 Zwar ist der Grundsatz der Transparenz zu berücksichtigen, der in Art. 1 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 EUV sowie in Art. 15 Abs. 1 und Art. 298 Abs. 1 AEUV verankert ist und es u. a. ermöglicht, eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System zu gewährleisten. So trägt Transparenz dazu bei, das Vertrauen der Bürger dadurch zu stärken, dass sie es ermöglicht, Unterschiede zwischen mehreren Standpunkten offen zu erörtern (vgl. Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
44 Jedoch kann es der Grundsatz der Transparenz es nur ausnahmsweise rechtfertigen, ein von einem Organ erstelltes Dokument, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wurde und ein Rechtsgutachten enthält, im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu verbreiten. Deshalb ist es durch kein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt, ein Dokument, das ein Rechtsgutachten eines Organs enthält, in den Akten einer Rechtssache zu belassen, wenn dieses Gutachten zum einen kein Gesetzgebungsverfahren betrifft, in dem besondere Transparenz geboten ist, und zum anderen das Interesse an dieser Belassung in den Akten für die betroffene klagende Partei nur darin besteht, sich im Rahmen eines Rechtsstreits auf das Gutachten berufen zu können. In einem solchen Fall ist nämlich die Vorlage eines solchen Gutachtens augenscheinlich durch die eigenen Interessen der klagenden Partei an der Untermauerung ihrer Argumentation geleitet und nicht durch ein wie auch immer geartetes überwiegendes öffentliches Interesse wie etwa dasjenige, die Öffentlichkeit über das Verfahren zu informieren, das zu dem angefochtenen Rechtsakt geführt hat (vgl. Urteil vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat, C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).
45 Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass sich die oben in Rn. 38 genannte Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Kommission vom 16. Januar 2015, deren Verbreitung von diesem Organ nicht genehmigt wurde, nicht auf ein Gesetzgebungsverfahren bezieht, für das eine besondere Transparenz geboten ist.
46 Zweitens hat die Klägerin in Erwiderung auf den von der Kommission erhobenen Einwand der Unzulässigkeit kein anderes Interesse als dasjenige, sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits auf dieses Rechtsgutachten berufen zu können, angeführt, so dass dessen Vorlage augenscheinlich nicht von einem überwiegenden öffentlichen Interesse, sondern von ihren eigenen Interessen geleitet ist.
47 Daher ist dem gegen die Anlage A.24 erhobenen Unzulässigkeitseinwand stattzugeben und diese Anlage für unzulässig zu erklären.
3. Zur Zulässigkeit von Anlage C . 1 zur Erwiderung
48 Die Kommission macht geltend, dass die Klägerin die verspätete Vorlage der in Anlage C.1 zur Erwiderung enthaltenen Bescheinigung der Vorsitzenden ihres Ständigen Ausschusses vom 13. Oktober 2022 (im Folgenden: Bescheinigung vom 13. Oktober 2022) unter Verstoß gegen die Anforderungen von Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht gerechtfertigt habe.
49 Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 85 Abs. 2 der Verfahrensordnung die Hauptparteien für ihr Vorbringen noch in der Erwiderung oder in der Gegenerwiderung Beweise oder Beweisangebote vorlegen können, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist.
50 Zwar müssen die Parteien gemäß der Präklusionsvorschrift in Art. 85 der Verfahrensordnung die verspätete Vorlage ihrer neuen Beweise oder Beweisangebote begründen; indessen ist es nach der Rechtsprechung Aufgabe des Gerichts, die Stichhaltigkeit der Begründung für die Verspätung, mit der diese Beweise oder Beweisangebote vorgelegt worden sind, zu prüfen und sie zurückzuweisen, wenn die verspätete Vorlage rechtlich nicht hinreichend gerechtfertigt oder begründet ist. Die verspätete Vorlage von Beweisen oder Beweisangeboten durch eine Partei kann u. a. dann gerechtfertigt sein, wenn diese Partei zuvor nicht über die fraglichen Beweise verfügen konnte oder wenn die Verspätung, mit der die Gegenpartei Beweise vorgelegt hat, es rechtfertigt, die Verfahrensakten zur Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens zu ergänzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2020, BP/FRA, C‑669/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:713, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
51 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in Rn. 51 der Erwiderung die verspätete Vorlage der von der Vorsitzenden ihres Ständigen Ausschusses erstellten Bescheinigung vom 13. Oktober 2022, die sie, „soweit erforderlich“, diesem Schriftsatz beigefügt hat, nicht gerechtfertigt.
52 Zwar wurde die Bescheinigung vom 13. Oktober 2022 ausgestellt, nachdem ihre Unterzeichnerin – eine ehemalige französische Diplomatin, die angibt, an der Genehmigung der Satzung der Klägerin im Jahr 1995 beteiligt gewesen zu sein – am 29. Juni 2022 zur Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses der Klägerin gewählt worden war, und ist somit nach dem Zeitpunkt der Klageerhebung am 18. August 2021 ausgestellt worden.
53 Allerdings führt die Klägerin in Rn. 25 fünfter Gedankenstrich der Klageschrift aus, dass sie dem OLAF und dem Gericht eine Erklärung und eine E‑Mail derselben Diplomatin vom 20. Mai bzw. 19. September 2014 vorgelegt habe, die deren Teilnahme an der Unterzeichnung der Satzung der Klägerin anlässlich deren Gründung belegten.
54 Darüber hinaus macht die Klägerin in Rn. 104 erster Gedankenstrich der Klageschrift geltend, dass frühere Erklärungen derselben Diplomatin bestätigt hätten, dass alle Staaten, die an der Sitzung vom 25. November 1994 teilgenommen hätten, die Gründungsakte der Klägerin unterzeichnet hätten, so dass sie sämtlich als deren Gründungsmitglieder angesehen werden müssten.
55 Mithin ist die Bescheinigung vom 13. Oktober 2022 von ihrer Unterzeichnerin nicht in Anbetracht eines neuen Gesichtspunkts im Zusammenhang mit ihrer neuen Funktion als Vorsitzende des Ständigen Ausschusses der Klägerin, sondern in Ansehung ihrer Mitwirkung an der Gründung der Klägerin in den Jahren 1994 und 1995 ausgestellt worden, so dass sie keinen neuen Gesichtspunkt enthält, von dem die Klägerin nicht schon vorher Kenntnis gehabt hätte.
56 Darüber hinaus stellt die Bescheinigung vom 13. Oktober 2022 auch keinen Gegenbeweis dar, der infolge eines neuen, von der Kommission zur Klageerwiderung beigefügten Beweises erbracht worden wäre.
57 Folglich ist die Anlage C.1 als verspätet und somit als unzulässig zurückzuweisen.
B. Zum Antrag auf Nichtigerklärung
58 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung auf vier Klagegründe: Mit dem ersten Klagegrund werden mehrere Rechtsfehler, insbesondere ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV, gegen die Rechtskraft und gegen das Rückwirkungsverbot, geltend gemacht. Der zweite Klagegrund wird auf einen Verstoß gegen das Recht auf eine gute Verwaltung, insbesondere die Begründungs- und Sorgfaltspflicht, gestützt. Der dritte Klagegrund wird aus einem Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit hergeleitet, und mit dem vierten werden offensichtliche Beurteilungsfehler und andere Rechtsfehler gerügt.
59 Der zweite Klagegrund besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: Erstens wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht, zweitens ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht und drittens ein Verstoß gegen die Pflicht zur Unparteilichkeit gerügt.
60 Die Kommission hält diese Klagegründe für nicht stichhaltig.
61 Das Gericht wird den ersten Teil des zweiten Klagegrundes, der sich auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht stützt, und anschließend den ersten, den dritten und den vierten Klagegrund prüfen, bevor es den zweiten und den dritten Teil des zweiten Klagegrundes prüfen wird, die sich auf einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht bzw. die Pflicht zur Unparteilichkeit stützen.
1. Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Begründungspflicht
62 Die Klägerin rügt, dass der angefochtene Beschluss insoweit unzureichend begründet sei, als die Kommission nicht angegeben habe, dass sie trotz wiederholter Aufforderungen jegliche Zusammenkunft, jedwede Diskussion oder jeglichen Austausch mit der Klägerin verweigert habe. Sie wirft der Kommission ferner vor, nicht erläutert zu haben, warum die ihr vorliegenden Dokumente nicht mit dem erforderlichen Grad an Rechtssicherheit den Schluss zuließen, dass ihre mutmaßlichen Mitgliedstaaten der Gründung der Klägerin als internationale Organisation rechtsgültig zugestimmt hätten. Ebenso wirft sie der Kommission vor, nichts vorgebracht zu haben, was eine Neubewertung des Status der Klägerin rechtfertige, da sich deren tatsächliche und rechtliche Situation nicht geändert habe.
63 In diesem Zusammenhang ergibt sich aus Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), dass das Recht auf eine gute Verwaltung insbesondere die Verpflichtung der Verwaltung umfasst, ihre Entscheidungen zu begründen.
64 Nach gefestigter Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta erforderliche Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle ausüben kann. Das Begründungserfordernis ist anhand aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere durch ihn unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung eines Rechtsakts brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung den Erfordernissen von Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta genügt, nicht nur im Hinblick auf den Wortlaut des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch im Hinblick auf dessen Kontext und sämtliche Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juni 2020, Ungarn/Kommission, C‑456/18 P, EU:C:2020:421, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 3. Mai 2018, Malta/Kommission, T‑653/16, EU:T:2018:241, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Zudem kann das Fehlen einer Begründung unter Umständen selbst dann festgestellt werden, wenn der fragliche Beschluss bestimmte Begründungselemente enthält. So kommt eine in sich widersprüchliche oder unverständliche Begründung dem Fehlen einer Begründung gleich. Gleiches gilt, wenn die im fraglichen Beschluss enthaltenen Begründungselemente so lückenhaft sind, dass sie es dem Adressaten des Beschlusses im Kontext seines Erlasses in keiner Weise ermöglichen, die Überlegungen der Stelle nachzuvollziehen, die den Beschluss erlassen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, Kommission/Di Bernardo, C‑114/19 P, EU:C:2020:457, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
66 Im vorliegenden Fall geht aus dem angefochtenen Beschluss hervor, dass er aus einem Schreiben der Kommission vom 8. Juni 2021 an die Klägerin und einer etwa 20 Seiten umfassenden Anlage mit dem Titel „Endgültige Bewertung des rechtlichen Status von IMG im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Betrauung mit indirekter Mittelverwaltung“ (im Folgenden: endgültige Beurteilung) besteht, wobei dieser Anlage wiederum zwei Anhänge beigefügt sind.
67 Erstens teilte die Kommission der Klägerin im Schreiben vom 8. Juni 2021 mit, dass sie nach der endgültigen Beurteilung zu dem Schluss gelangt sei, dass die Klägerin nicht als internationale Organisation nach den Finanzvorschriften für den Unionshaushalt und die Europäischen Entwicklungsfonds für eine Ausführung des Unionshaushalts nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung in Betracht komme.
68 Außerdem führte die Kommission aus, dass die endgültige Beurteilung und ihre Schlussfolgerung das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), umsetzten und dass der angefochtene Beschluss ab dem 16. Dezember 2014 gelte, dem Zeitpunkt, zu dem einer der durch dieses Urteil des Gerichtshofs für nichtig erklärten Beschlüsse seine Wirkungen entfaltet habe.
69 Zweitens besteht die endgültige Beurteilung aus vier Teilen, wobei sich deren erster auf die der Klägerin seitens der Kommission eingeräumte Möglichkeit bezieht, zum Entwurf des Beschlusses Stellung zu nehmen. Der zweite Teil betrifft die Bewertung der Stellungnahme der Klägerin, der dritte die Kommentare der Klägerin zu den Antworten der von der Kommission befragten Staaten und der vierte die Schlussfolgerung.
70 Als Erstes wurde in der endgültigen Beurteilung der Kommission – im ersten Unterabschnitt des ersten Teils dieser Beurteilung – ausgeführt, dass der Gerichtshof mit dem Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und 8. Mai 2015 hauptsächlich mit der Begründung für nichtig erklärt habe, dass die Zweifel der Kommission am Status der Klägerin als internationale Organisation durch Stellungnahmen einer Minderheit der Mitglieder der Klägerin, nämlich von fünf der 16 Staaten, hervorgerufen worden seien und dass daher eine umfassende Neubewertung ihres rechtlichen Status zur Durchführung dieses Urteils erforderlich sei, um festzustellen, ob sie als internationale Organisation für die Ausführung des Unionshaushalts in indirekter Mittelverwaltung in Betracht komme.
71 Als Zweites verwies die Kommission im dritten und vierten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung auf die aufeinanderfolgenden Bestimmungen der Finanzregelung der Union, in denen die Bedingungen für die Berechtigung zur Ausführung von Unionsmitteln im Wege der indirekten Mittelverwaltung durch internationale Organisationen seit dem 16. Dezember 2014 festgelegt seien.
72 In diesem Zusammenhang vertrat die Kommission die Auffassung, dass die in der Finanzregelung der Union genannte Definition des Begriffs „internationale Organisation“ gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. i des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (Sammlung der Verträge der Vereinten Nationen , Bd. 1155, S. 331, im Folgenden: Wiener Übereinkommen) und gemäß Art. 2 Buchst. a des Artikelentwurfs über die Verantwortlichkeit internationaler Organisationen, der von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen auf ihrer 63. Sitzung (2011) angenommen und der Generalversammlung als Bestandteil des Arbeitsberichts der Völkerrechtskommission über diese Sitzung übermittelt worden sei (A/66/10) (Jahrbuch der Völkerrechtskommission , 2011, Bd. II, Teil 2, im Folgenden: Artikelentwurf), ausgelegt werden müsse.
73 Die Kommission leitete daraus ab, dass eine internationale Organisation, um für die in der Unionsregelung vorgesehene indirekte Mittelverwaltung in Frage kommen zu können, durch ein zwischenstaatliches oder internationales Abkommen, wie es in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Art. 7 Abs. 1 sowie den Art. 8 und 11 des Wiener Übereinkommens definiert sei, gegründet worden sein müsse.
74 Daher wies die Kommission darauf hin, dass die betreffende Organisation nur dann als internationale Organisation für die indirekte Mittelverwaltung in Frage komme, wenn sie als solche durch einen völkerrechtlichen Vertrag von mindestens zwei Staaten gegründet worden sei, die ihre Zustimmung durch mit Vollmacht ausgestattete Vertreter oder nach den in Art. 11 des Wiener Übereinkommens vorgesehenen Formalitäten erteilt hätten.
75 Als Drittes bezog sich die Kommission im fünften Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung auf die Rn. 94 und 95 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), und folgerte daraus, dass sie – wenn die mutmaßlichen Mitgliedstaaten einer Organisation erklärten, sie hätten keine gültige Zustimmung zum Beitritt zum Vertrag oder zu Gründungsabkommen dieser Organisation erteilt, oder erklärten, sie seien nicht oder nicht mehr Mitglieder dieser Organisation – nicht über eine Rechtsgrundlage verfüge, aufgrund derer sie von sich aus davon ausgehen könne, dass diese Einrichtung eine internationale Organisation im Sinne der Finanzregelung der Union darstelle.
76 Insbesondere reiche die Tatsache, dass ein einziger Staat seine Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation uneingeschränkt anerkenne oder bestätige, dass er zugestimmt habe, durch den Gründungsvertrag dieser Organisation gebunden zu sein, nicht aus, um es der Kommission zu ermöglichen, diese Einrichtung als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelung der Union anzusehen, da die Existenz einer solchen Organisation und eines internationalen Abkommens die Beteiligung von mindestens zwei Staaten voraussetze.
77 Als Viertes führte die Kommission im sechsten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung, der sich auf die Dokumente bezieht, die die Kommission erhalten und bei der Neubewertung des rechtlichen Status der Klägerin berücksichtigt hat, erneut aus, dass die Klägerin keine der Dokumente vorgelegt habe, die die Kommission in ihren oben in Rn. 12 bzw. Rn. 14 genannten Schreiben vom 6. Mai und 18. Juli 2019 angefordert habe, und dass sie, da sie anhand der ihr vorliegenden Dokumente nicht mit dem erforderlichen Grad an Rechtssicherheit darauf schließen könne, dass die mutmaßlichen Mitglieder der Klägerin ihrer Gründung als internationale Organisation wirksam zugestimmt hätten und ihre Mitglieder seien, im November 2019 die Behörden der Staaten befragt habe, die auf der Website der Klägerin als deren Mitglieder dargestellt seien.
78 Als Fünftes prüfte die Kommission im siebten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung (im Folgenden: Unterabschnitt A.7), der sich auf die vorläufige Beurteilung dessen bezieht, ob die Klägerin als internationale Organisation für die indirekte Mittelverwaltung geeignet sei, zum einen die Frage, ob sie selbst an der Gründung der Klägerin beteiligt gewesen sei, und zum anderen die Antworten der Staaten, die sie unter den oben in den Rn. 15 bis 17 genannten Umständen befragt hatte.
79 Was zum einen die Frage ihrer Beteiligung an der Gründung der Klägerin betrifft, so stellte die Kommission fest, dass weder die Europäische Gemeinschaft noch die Union in ihrer Nachfolge ein internationales Abkommen gemäß den ursprünglich in Art. 228 Abs. 2 EGV vorgesehenen Bestimmungen geschlossen hätten, um die Klägerin als internationale Organisation zu gründen, und dass die Union daher nicht als Mitglied einer solchen Organisation angesehen werden könne. Die Kommission fügte hinzu, dass selbst dann, wenn sie ein Abkommen zur Gründung der Klägerin als internationale Organisation geschlossen hätte, ein solches Abkommen nur dann als internationales Abkommen angesehen werden könne, wenn mindestens zwei Staaten ihm beigetreten wären.
80 Was zum anderen die Antworten der Staaten betrifft, die Mitglieder der Klägerin sein sollen, so stellte die Kommission fest, dass keiner dieser Staaten bestätigt habe, ein internationales oder zwischenstaatliches Abkommen unterzeichnet zu haben, das die Klägerin als internationale öffentliche Organisation gegründet habe, mit Vollmachten ausgestattete Personen entsandt zu haben, um in ihrem Namen ein internationales oder zwischenstaatliches Abkommen mit einem solchen Zweck zu unterzeichnen, innerstaatliche Verfahren zur Ratifikation eines internationalen oder zwischenstaatlichen Abkommens zu diesem Zweck durchgeführt zu haben oder die Klägerin als internationale öffentliche Organisation gegründet zu haben.
81 Darüber hinaus erklärte die Kommission, dass nur Österreich bestätigt habe, Mitglied der Klägerin zu sein, und dass die Klägerin nach Angaben der Behörden dieses Staates zum Zeitpunkt ihrer Gründung eine unabhängige internationale Übergangseinrichtung mit beschränkter Rechtsfähigkeit und keine internationale Organisation gewesen sei.
82 Zudem seien einige internationale Organisationen zwar nicht förmlich durch einen Vertrag gegründet worden, hätten diesen Status aber in der Praxis erlangt; indessen würden diese Organisationen von den Staaten, die ihnen angehörten, und von verschiedenen internationalen Einrichtungen eindeutig und umfassend als internationale Organisationen anerkannt, was bei der Klägerin nicht der Fall sei.
83 Insbesondere unter Hinweis auf die von Belgien, Italien, Österreich und Finnland gegebenen Antworten hielt die Kommission außerdem die Erklärungen einiger der befragten Staaten, mit denen diese bestätigten, das Dokument vom 25. November 1994 über die Gründung der IMG‑IBH (im Folgenden: Resolution vom 25. November 1994) unterzeichnet zu haben, an der Sitzung vom selben Tag, auf der das Dokument angenommen worden sei, teilgenommen zu haben und Mitglieder des Lenkungsausschusses der Klägerin gewesen zu sein, nicht für geeignet, um zu beweisen, dass die Klägerin eine durch ein internationales Abkommen gegründete internationale Organisation sei.
84 Als Sechstes prüfte die Kommission im zweiten und dritten Teil der endgültigen Beurteilung die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 30. März 2021 vorgebrachten Einwände und stellte fest, dass keiner dieser Einwände geeignet sei, die vorläufige Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass die Klägerin den Status einer internationalen Organisation nicht nachgewiesen habe und folglich seit dem 16. Dezember 2014 nicht für die Ausführung von Unionsmitteln im Wege der indirekten Mittelverwaltung als internationale Organisation in Betracht komme.
85 Nach alledem ist festzustellen, dass im angefochtenen Beschluss die rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, auf denen er beruht, hinreichend dargelegt sind und dass diese Erwägungen der Klägerin ermöglichen, seine Rechtmäßigkeit zu beurteilen, sowie dem Gericht erlauben, seine Kontrolle auszuüben.
86 Drittens sind die Behauptungen der Klägerin, dass einige der Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht hinreichend bestimmt seien, nicht geeignet, die oben in Rn. 85 genannte Schlussfolgerung in Frage zu stellen.
87 Zunächst ist, was die im angefochtenen Beschluss fehlende Angabe betrifft, dass die Kommission trotz wiederholter Aufforderungen der Klägerin jegliche Zusammenkunft, Diskussion und jeglichen Austausch mit ihr verweigert habe – eine solche Haltung, selbst, wenn dies zuträfe – unerheblich für die Beurteilung, ob der Beschluss hinreichend begründet ist.
88 Denn die Angabe eines möglichen Austauschs zwischen der Kommission und der Klägerin vor Erlass des angefochtenen Beschlusses betrifft das Verfahren zum Erlass dieses Beschlusses und nicht seine Begründetheit. Da eine solche Angabe somit im Hinblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Gründe der Schlussfolgerung, zu der die Kommission im angefochtenen Beschluss gelangt ist, ohne Belang ist, kann die Klägerin der Kommission nicht deshalb eine unzureichende Begründung vorwerfen, weil sie zu diesem Punkt geschwiegen habe.
89 Sodann geht in Bezug auf das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe nicht erläutert, weshalb die ihr vorliegenden Dokumente nicht ausreichten, um festzustellen, ob sie den Status einer internationalen Organisation besitze, aus dem angefochtenen Beschluss, insbesondere aus dem sechsten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung, hervor, dass die Kommission der Ansicht war, diese in Fn. 23 der genannten Beurteilung aufgelisteten Dokumente wiesen aus ihrer Sicht nicht den erforderlichen Grad an Rechtssicherheit auf, was eine zwar kurze, aber ausreichende Begründung darstellt.
90 Schließlich geht in Bezug auf die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe keine Anhaltspunkte vorgebracht, die eine Neubewertung ihres rechtlichen Status bei unveränderter Sach- und Rechtslage gerechtfertigt hätten, aus dem angefochtenen Beschluss, insbesondere aus dem ersten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung, hervor, dass die Kommission eine solche Neubewertung für erforderlich hielt, um das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), durchzuführen.
91 Daher ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes, der eine unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses rügt, als unbegründet zurückzuweisen.
2. Zum ersten Klagegrund: mehrere Rechtsfehler, insbesondere Verstöße gegen Art. 266 AEUV, gegen die Rechtskraft und gegen das Rückwirkungsverbot
92 Der erste Klagegrund besteht im Wesentlichen aus drei Teilen, mit denen erstens ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV und die Rechtskraft des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), zweitens ein Verstoß gegen die Finanzregelung der Union, die Leitlinien der Kommission vom 7. Januar 2015 zur Bewertung des Status internationaler Organisationen und der Möglichkeit, Organisationen ohne Erwerbszweck internationalen Organisationen gleichzustellen (im Folgenden: Leitlinien), sowie gegen verschiedene Grundsätze, insbesondere das Rückwirkungsverbot, und drittens ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gerügt werden.
a) Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 266 AEUV und gegen die Rechtskraft des Urteils vom 31 . Januar 2019, International Management Group/Kommission ( C ‑183 /17 P und C ‑184 /17 P )
93 Der erste Teil des ersten Klagegrundes besteht aus zwei Rügen, die erstens auf einen Verstoß gegen Art. 266 AEUV und zweitens auf einen Verstoß gegen die Rechtskraft gestützt werden.
1) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 266 AEUV
94 Die Klägerin trägt vor, dass Art. 266 AEUV das Organ, das einen für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen habe, nur dann zum Erlass eines neuen rückwirkenden Rechtsakts verpflichte, wenn sich dieses Organ in der Situation einer gebundenen Entscheidung befinde, was der Gerichtshof in Rn. 113 des Urteils vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), bestätigt habe. Nach der Nichtigerklärung der Beschlüsse durch das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), durfte die Kommission nach Ansicht der Klägerin daher nicht nachträglich die ihr zuerkannte Eigenschaft als internationale Organisation wieder aberkennen.
95 Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 266 AEUV, dass das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil, mit dem dieses Handeln für nichtig erklärt wurde, ergebenden Maßnahmen zu ergreifen hat. Um einem solchen Urteil nachzukommen und es vollständig durchzuführen, muss dieses Organ nicht nur dessen Tenor beachtet haben, sondern auch die Gründe, die ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung seiner genauen Bedeutung unerlässlich sind (vgl. Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).
96 In Art. 266 AEUV wird jedoch die Natur der Maßnahmen, die vom Urheber des für nichtig erklärten Handelns zu ergreifen sind, um der oben in Rn. 95 genannten Verpflichtung nachzukommen, nicht konkretisiert, so dass es ihm obliegt, sie zu bestimmen; er verfügt über ein weites Ermessen bei der Wahl dieser Maßnahmen, die allerdings mit dem Tenor des Urteils, mit dem das fragliche Handeln für nichtig erklärt wurde, und den ihn tragenden Gründen vereinbar sein müssen (vgl. Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).
97 Insbesondere geht aus der Rechtsprechung hervor, dass eine Maßnahme zur Durchführung eines Urteils, mit dem eine Handlung für nichtig erklärt wird, ausnahmsweise rückwirkend gelten kann, wenn das zu erreichende Ziel dies erfordert, d. h., wenn mit der rückwirkenden Entscheidung zumindest ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 2016, Éditions Odile Jacob/Kommission, C‑514/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:55, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
98 So verfolgt eine rückwirkende Entscheidung, die zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils gefasst wurde und mit der die in diesem Urteil beanstandete Rechtswidrigkeit behoben werden soll, ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, nämlich die Beachtung der Rechtmäßigkeit und der Rechtskraft durch die Verwaltung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 106).
99 Denn aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Nichtigerklärung eines Rechtsakts durch den Unionsrichter zur Folge hat, dass dieser Akt rückwirkend aus der Rechtsordnung entfernt wird, und dass, falls der aufgehobene Rechtsakt bereits vollzogen wurde, die Beseitigung seiner Wirkungen verlangt, dass die Rechtsposition des Klägers, in der er sich vor dem Erlass des Rechtsakts befand, wiederhergestellt wird (vgl. Urteil vom 21. September 2022, Casanova/EIB, T‑266/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:566, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung).
100 Darüber hinaus ist auch entschieden worden, dass die Tatsache, dass ein Rechtsakt durch ein Urteil rückwirkend für nichtig erklärt wird, die Verwaltung nicht dazu verpflichtet, einen neuen Beschluss zu fassen, der sich inhaltlich von dem für nichtig erklärten Beschluss unterscheidet, sofern dieser neue Beschluss und das Verfahren zu seinem Erlass nicht mit denselben Mängeln, die zur Nichtigerklärung des ersten Beschlusses geführt hatten, oder von neuen Mängeln behaftet sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 2022, Darment/Kommission, T‑92/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:341, Rn. 49).
101 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Rn. 57 bis 59, 61 und 88 bis 90 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), dass die Kommission sich vergewissern muss, dass es sich bei den Einrichtungen, die sie nach den Finanzregelungen der Union über die indirekte Mittelverwaltung des Unionshaushalts durch internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut hat oder betrauen möchte, um internationale Organisationen im Sinne dieser Regelungen handelt. Zudem ist die Kommission, wenn insoweit Zweifel bestehen, verpflichtet, diese Zweifel auszuräumen und alle Informationen zu sammeln, die zur Rechtfertigung ihres Beschlusses sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht in Anbetracht seiner rechtlichen Folgen für die betreffende Einrichtung erforderlich sind (Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 111).
102 Außerdem geht aus den Rn. 92 bis 97 und 104 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), deren Inhalt in den Rn. 22 und 23 des Beschlusses vom 9. Juni 2020, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P‑INT, EU:C:2020:507), wiedergegeben wurde, hervor, dass die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt waren (Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 112).
103 In Anbetracht dieser Erwägungen und Feststellungen, die den Tenor des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), tragen, war die Kommission nicht verpflichtet, den von der Klägerin beanspruchten Status einer internationalen Organisation rückwirkend anzuerkennen, sondern konnte ihrer Verpflichtung zur Durchführung dieses Urteils dadurch nachkommen, dass sie das Verfahren betreffende Maßnahmen ergriff, die es ihr ermöglichen sollten, die vom Gerichtshof festgestellte Unregelmäßigkeit zu beseitigen und unter Umständen als Ersatz für die vom Gerichtshof für nichtig erklärten Beschlüsse einen neuen Rechtsakt zu erlassen, nachdem sie die Informationen erlangt hatte, die sie zur Stützung des neuen Rechtsakts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht für erforderlich hielt (Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 113).
104 So ergibt sich aus den Gründen des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), deren Bedeutung und Tragweite der Gerichtshof im Beschluss vom 9. Juni 2020, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P‑INT, EU:C:2020:507), erläutert hat, dass es der Kommission nach diesem Urteil nicht verwehrt war, später unter Berücksichtigung aller relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Eigenschaft der Klägerin als internationale Organisation neu zu bewerten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 142).
105 Folglich hat die Kommission, indem sie eine rückwirkende Neubewertung des rechtlichen Status der Klägerin nach dem Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), vornahm, nicht gegen Art. 266 AEUV verstoßen, so dass die erste Rüge als unbegründet zurückzuweisen ist.
2) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen die Rechtskraft
106 Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Rechtskraft der Rn. 94 und 104 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), einer Neubewertung ihres Status für die Vergangenheit entgegenstehe.
107 Insoweit umfasst nach ständiger Rechtsprechung die Rechtskraft nicht nur den Tenor der fraglichen gerichtlichen Entscheidung, sondern auch deren Gründe, die den Tenor tragen und von ihm daher nicht zu trennen sind (vgl. Urteil vom 17. September 2020, Alfamicro/Kommission, C‑623/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:734, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
108 Zudem erstreckt sich die Rechtskraft lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung waren (vgl. Urteil vom 17. September 2020, Alfamicro/Kommission, C‑623/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:734, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
109 Wie oben in Rn. 102 erwähnt, geht aus den Rn. 92 bis 97 und 104 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), hervor, dass die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt waren, so dass sie vom Gerichtshof für nichtig erklärt wurden.
110 Insbesondere hat der Gerichtshof in den Rn. 92 bis 97 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), den Gründen der beiden Rechtsmittel stattgegeben, mit denen sich die Klägerin gegen die Feststellung des Gerichts wandte, dass die Kommission keinen Rechtsfehler und keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 mit gewissen Zweifeln an der Eigenschaft der Klägerin als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelung der Union begründet habe.
111 Nach Auffassung des Gerichtshofs hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es sich auf die Feststellung beschränkte, dass die von der Klägerin vorgebrachten Argumente und Beweise die Zweifel der Kommission an ihrem Status als internationale Organisation nicht in Frage stellten, und indem es nicht die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 im Hinblick auf den Begriff „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelung der Union prüfte.
112 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof insbesondere festgestellt, dass keiner der drei Gesichtspunkte, auf die sich die Kommission beim Erlass der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 gestützt hatte, rechtlich geeignet war, Zweifel an der Eigenschaft der Klägerin als internationale Organisation zu begründen.
113 Diese drei Gesichtspunkte waren folgende: Erstens betrachteten sich fünf Mitgliedstaaten der Union, die nach Angaben der Klägerin Mitglieder dieser Organisation waren, nicht als solche, zweitens habe der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) angegeben, dass die Klägerin keine Sonderorganisation der UNO sei, und drittens bestünden Ungewissheiten in Bezug auf die Vollmachten von Personen, die bestimmte Staaten bei der Unterzeichnung der Gründungsakte der Klägerin vertreten hätten.
114 Daher hat der Gerichtshof festgestellt, dass diese drei Gesichtspunkte sich nur auf fünf nach Angaben der Klägerin zu ihren aktuellen oder ehemaligen Mitgliedern zählende Staaten sowie auf die Vollmachten von Personen, die diese Staaten bei der Unterzeichnung ihrer Gründungsakte vertreten hatten, und nicht auf alle Mitgliedstaaten der Klägerin oder auf ihre eigene Eigenschaft bezogen.
115 Namentlich in Rn. 94 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), hat der Gerichtshof wie folgt entschieden:
„Was den ersten dieser Gesichtspunkte betrifft, der die Frage betrifft, ob mehrere von IMG als Mitglied dargestellte Staaten tatsächlich Mitglieder der Organisation waren, geht nämlich aus den Feststellungen des Gerichts selbst hervor, dass die insoweit gehegten Zweifel der Kommission nur ‚bestimmte‘ Mitglieder von IMG betrafen, und zwar genauer fünf von insgesamt 16. Solche Zweifel, selbst wenn man unterstellt, dass sie begründet sind, führen aber völkerrechtlich nicht dazu, dass die Einrichtung, deren Mitglieder diese Staaten nicht – oder nicht mehr – sein sollen, ihre Eigenschaft als ,internationale Organisation‘ verliert, erst recht nicht, wenn die betreffenden Staaten, wie hier, nur eine kleine Minderheit der Mitglieder der fraglichen Einrichtung darstellen.“
116 Schließlich ist der Gerichtshof in den Rn. 98 bis 106 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), erstens zu dem Ergebnis gelangt, dass die festgestellten Rechtsfehler des Gerichts zur vollständigen Aufhebung der Urteile vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T‑29/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:56), und vom 2. Februar 2017, IMG/Kommission (T‑381/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:57), führen mussten, dass zweitens die beiden Rechtsstreitigkeiten zur Entscheidung reif waren, soweit die Klägerin die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 begehrte, und dass drittens diese beiden Beschlüsse ebenso wie die oben genannten Urteile rechtswidrig und deshalb auch diese Beschlüsse insgesamt für nichtig zu erklären waren, wohingegen viertens der Antrag auf Ersatz der Schäden, die der Klägerin durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, nicht zur Entscheidung reif war, so dass die Sache insoweit an das Gericht zurückzuverweisen war.
117 Daher hat der Gerichtshof in Rn. 104 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), wie folgt entschieden:
„Im vorliegenden Fall ist es angebracht, dass der Gerichtshof endgültig über die beiden Nichtigkeitsklagen entscheidet, die zur Entscheidung reif sind. Wie sich nämlich aus den Rn. 92 bis 96 des vorliegenden Urteils ergibt, sind die streitigen Beschlüsse rechtswidrig, da die von der Kommission zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte nicht geeignet sind, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in Frage zu stellen. Diese Beschlüsse sind daher insgesamt für nichtig zu erklären.“
118 Erstens ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass die in den Rn. 94 und 104 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), enthaltenen Gründe nicht unabhängig von den Rn. 92 bis 96 desselben Urteils zu sehen sind, auf die Rn. 104 des Urteils verweist und die den Tenor tragen, mit dem der Gerichtshof die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 für nichtig erklärt hat. Daraus folgt, dass sich die Rechtskraft namentlich von Rn. 94 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), auch auf Rn. 104 dieses Urteils erstreckt.
119 Zweitens geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses, wie sie oben in den Rn. 66 bis 84 zusammengefasst wird, nicht hervor, dass dieser Beschluss auf einem der drei Gesichtspunkte beruhte, die die Zweifel der Kommission geweckt und sie zum Erlass der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 veranlasst hatten.
120 Da die Kommission den angefochtenen Beschluss somit auf andere Gründe gestützt hat als die, die den Beschlüssen vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 zugrunde lagen, welche der Gerichtshof mit Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), für rechtswidrig erklärt hat, macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass der angefochtene Beschluss gegen die Rechtskraft namentlich der Rn. 94 und 104 dieses Urteils verstoße. Daher ist diese Rüge, ebenso wie der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes insgesamt, als unbegründet zurückzuweisen.
b) Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, den Grundsatz „nemo auditur propriam turpitudinem allegans“ und das Rückwirkungsverbot
121 Dieser Teil besteht aus zwei Rügen, die erstens einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie den Grundsatz „nemo auditur propriam turpitudinem allegans“ (im Folgenden: Grundsatz „nemo auditur“) und zweitens einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot von Rechtsakten der Union zum Gegenstand haben.
122 Das Gericht prüft zunächst die zweite Rüge, mit der ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot von Rechtsakten der Union geltend gemacht wird, und anschließend die erste Rüge.
1) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot von Rechtsakten der Union
123 Die Klägerin macht geltend, dass der angefochtene Beschluss das Rückwirkungsverbot von Rechtsakten der Union verletze, da es keine Rechtfertigung für die rückwirkende Neubewertung ihres Status gegeben habe. Darüber hinaus sei die Rückwirkung des angefochtenen Beschlusses nicht durch den in Rede stehenden Sachverhalt begründet worden, sondern durch neue Tatsachen, die im Hinblick auf neue Regelungen beurteilt worden seien.
124 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit in seinen verschiedenen Ausprägungen die Vorhersehbarkeit von unter das Unionsrecht fallenden Situationen und Rechtsverhältnissen gewährleisten soll. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es insbesondere, das Inkrafttreten eines Unionsrechtsakts auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2023, Galeote und Watson/Parlament, C‑715/21 P und C‑716/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:190, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung).
125 Allerdings geht aus der oben in den Rn. 97 bis 99 angeführten Rechtsprechung hervor, dass eine Maßnahme zur Durchführung eines Urteils, mit dem eine Handlung für nichtig erklärt wurde, ausnahmsweise rückwirkend gelten kann, wenn einerseits das zu erreichende Ziel dies erfordert, d. h., wenn mit der rückwirkenden Entscheidung zumindest ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, und wenn andererseits das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird.
126 Somit ist zu prüfen, ob die beiden oben in Rn. 125 genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
127 Was zunächst die erste Voraussetzung – die Verfolgung eines im Allgemeininteresse liegenden Ziels – angeht, so ergibt sich aus der oben in den Rn. 98 und 99 angeführten Rechtsprechung, dass ein rückwirkender Beschluss, der zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils gefasst wurde und mit dem die in diesem Urteil beanstandete Rechtswidrigkeit behoben werden soll, ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt, da die Nichtigerklärung eines Rechtsakts durch die Unionsgerichte vom Urheber des Rechtsakts verlangt, die durch die Nichtigerklärung dieses Rechtsakts verursachte rechtliche Lücke zu schließen und die Rechtsposition, in der sich der Kläger vor dem Erlass des Rechtsakts befand, wiederherzustellen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 106).
128 Im vorliegenden Fall geht aus der Prüfung des ersten Teils dieses Klagegrundes, insbesondere aus der obigen Rn. 103, hervor, dass die Kommission ihrer Verpflichtung zur Durchführung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), dadurch nachkommen konnte, dass sie das Verfahren betreffende Maßnahmen ergriff, die es ihr ermöglichen sollten, die vom Gerichtshof festgestellte Unregelmäßigkeit zu beseitigen und unter Umständen als Ersatz für die von diesem für nichtig erklärten Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 einen neuen Rechtsakt zu erlassen, nachdem sie die Informationen erlangt hatte, die sie zur Stützung des neuen Rechtsakts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht für erforderlich hielt.
129 Da die Kommission den angefochtenen Beschluss also erließ, um die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 zu beheben und eine rechtliche Lücke nach der Nichtigerklärung dieser Beschlüsse durch den Gerichtshof zu vermeiden, befand sie sich in der Ausnahmesituation, in der sie dem angefochtenen Beschluss Rückwirkung verleihen durfte.
130 Darüber hinaus war diese Rückwirkung umso notwendiger, als der Gerichtshof, wie sich aus Rn. 23 des Beschlusses vom 9. Juni 2020, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P‑INT, EU:C:2020:507), ergibt, im Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), keineswegs darüber entschieden hatte, ob auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Würdigung und aller relevanten Umstände davon auszugehen war, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 den Status einer internationalen Organisation innehatte oder ob dies vielmehr auszuschließen war.
131 Daher hätte die fehlende Rückwirkung des angefochtenen Beschlusses Zweifel daran gelassen, ob die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 16. Dezember 2014 und dem Erlass des angefochtenen Beschlusses den Status einer internationalen Organisation beanspruchen konnte, mit dem sie nach der Finanzregelung der Union den Unionshaushalt in indirekter Mittelverwaltung hätte ausführen können.
132 Allerdings ergibt sich eindeutig aus den Rn. 57 bis 59, 61 und 88 bis 90 des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), sowie aus Rn. 111 des Urteils vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), dass die Kommission sich vergewissern muss, dass es sich bei den Einrichtungen, die sie gemäß der Finanzregelung der Union über die indirekte Mittelverwaltung des Unionshaushalts durch internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut hat oder betrauen möchte, um internationale Organisationen im Sinne dieser Regelungen handelt.
133 Denn in Anbetracht der Rolle und der Verantwortung, die Art. 310 Abs. 5, Art. 317 Abs. 1 AEUV sowie die Finanzregelung der Union der Kommission im Zusammenhang mit der Ausführung des Unionshaushalts übertragen, hat die Kommission für die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu sorgen. Folglich muss die Kommission, wenn sie sich für eine Art des Haushaltsvollzugs entscheidet, die mit der Heranziehung eines Dritten verbunden ist, während der gesamten Dauer des Haushaltsvollzugs und der Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben auf die Einhaltung der einschlägigen Voraussetzungen achten, insbesondere soweit sie die Gewährung und anschließende Verwendung der entsprechenden Mittel betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 151 und die dort angeführte Rechtsprechung).
134 Folglich stellten die Klärung des rechtlichen Status der Klägerin und die Verpflichtung, die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 zu beheben, im Allgemeininteresse liegende Ziele dar, aufgrund deren die Kommission einen neuen Beschluss erlassen durfte, der rückwirkend ab dem Beschluss vom 16. Dezember 2014 galt, womit die erste der oben in Rn. 125 genannten Voraussetzungen erfüllt ist.
135 Was sodann die zweite Voraussetzung, den Schutz des berechtigten Vertrauens, angeht, so setzt die Feststellung eines Verstoßes gegen diesen Grundsatz nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass dem Betroffenen von den zuständigen Unionsbehörden klare, unbedingte und übereinstimmende, aus befugten und zuverlässigen Quellen stammende Zusicherungen gemacht worden sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 2. Juni 2022, Arnautu/Parlament, C‑573/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:448, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
136 In diesem Rahmen hat das Gericht zu prüfen, ob die Handlungen einer Verwaltungsbehörde in der Vorstellung eines umsichtigen und besonnenen Betroffenen vernünftige Erwartungen begründet haben und, wenn dies der Fall ist, ob diese Erwartungen berechtigt sind (vgl. Beschluss vom 2. Juni 2022, Arnautu/Parlament, C‑573/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:448, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
137 Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, dass die Kommission der Klägerin nach Erlass des Urteils vom 31. Dezember 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), klare, unbedingte und übereinstimmende Zusicherungen hinsichtlich des Erlasses eines Beschlusses gemacht hätte, mit dem ihr rückwirkend ab dem 16. Dezember 2014 der Status einer internationalen Organisation hätte zuerkannt werden sollen.
138 Folglich ist der angefochtene Beschluss nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes erlassen worden, weshalb, weil die beiden oben in Rn. 125 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, der angefochtene Beschluss nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen konnte.
139 Was schließlich das Argument angeht, die Rückwirkung des angefochtenen Beschlusses sei nicht durch den in Rede stehenden Sachverhalt begründet worden, sondern durch neue Tatsachen, die im Hinblick auf neue Regelungen beurteilt worden seien, trifft es zwar zu, dass die Kommission die Neubewertung des rechtlichen Status der Klägerin formal nach Erlass des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), vornahm und dass die Antworten der im Rahmen dieses Verfahrens befragten Staaten daher nach dem Erlass der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und 8. Mai 2015 erfolgten.
140 In dieser Hinsicht geht aus der Rechtsprechung hervor, dass beim Erlass eines rückwirkenden Beschlusses die Beachtung der Grundsätze über das intertemporale Recht sowie die Anforderungen an die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Anwendung der in zeitlicher Hinsicht für den fraglichen Sachverhalt geltenden materiell-rechtlichen Vorschriften vorschreiben, selbst wenn diese Vorschriften zum Zeitpunkt des Erlasses des genannten Beschlusses nicht mehr in Kraft sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2016, Kommission/McBride u. a., C‑361/14 P, EU:C:2016:434, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).
141 Insbesondere hat das betreffende Organ im Rahmen eines Verfahrens zur Ersetzung eines für nichtig erklärten Rechtsakts für den Erlass des ersetzenden Rechtsakts auf den Zeitpunkt zurückzugehen, an dem es den für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hatte, auch wenn die Möglichkeit unberührt bleibt, in seinem neuen Beschluss andere Gründe als diejenigen anzuführen, auf die es seinen ersten Beschluss gestützt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. September 2014, Éditions Odile Jacob/Kommission, T‑471/11, EU:T:2014:739, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).
142 Daher macht die Klägerin zu Recht geltend, dass das Rückwirkungsverbot, das einen der Bestandteile des Grundsatzes der Rechtssicherheit darstellt, ein Organ bei der Durchführung eines Nichtigkeitsurteils daran hindert, einen rückwirkenden Beschluss zu erlassen, indem es sich auf Tatsachen stützt, die für den zeitlichen Anwendungsbereich dieses Beschlusses nicht relevant waren, oder auf materiell-rechtliche Vorschriften, die während des von diesem Beschluss betroffenen Zeitraums nicht in Kraft waren.
143 Im vorliegenden Fall tut die Klägerin jedoch nicht dar, dass der angefochtene Beschluss, soweit er rückwirkend ist, auf materiell-rechtlichen Vorschriften beruhe, die während des von diesem Beschluss betroffenen Zeitraums nicht in Kraft gewesen seien, oder auf Tatsachen, die nach den Beschlüssen vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 entstanden seien.
144 Zum einen geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich die Kommission auf die am 16. Dezember 2014 für die Klägerin geltenden Bestimmungen der Finanzregelung der Union und anschließend auf die für den Zeitraum nach diesem Datum geltenden Bestimmungen derselben Regelung gestützt hat.
145 Aus dem dritten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung ergibt sich nämlich, dass die Kommission für den Zeitraum vom 16. Dezember 2014 bis zum 31. Dezember 2015 Art. 58 der Verordnung Nr. 966/2012 und Art. 43 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 966/2012 angewandt hat, für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 1. August 2018 dieselben Verordnungen in der durch die Verordnung (EU, Euratom) 2015/1929 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2015 (ABl. 2015, L 286, S. 1) bzw. die Delegierte Verordnung (EU) 2015/2462 der Kommission vom 30. Oktober 2015 (ABl. 2015, L 342, S. 7) geänderten Fassung und für den Zeitraum ab dem 2. August 2018 die Art. 62 und 156 der Verordnung 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1).
146 Zum anderen weist die Klägerin nicht nach, dass sich die von der Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses berücksichtigten Stellungnahmen derjenigen Staaten, die nach dem Vorbringen der Klägerin ihre Mitglieder seien oder gewesen seien, zwischen dem 16. Dezember 2014 und dem Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses in Bezug auf die Frage, ob sie eine internationale Organisation sei, geändert hätten.
147 Zwar hat die Kommission für den Erlass des angefochtenen Beschlusses nach Verkündung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), die Staaten befragt, von denen sie annahm, dass sie Mitglieder der Klägerin seien oder gewesen seien. Allerdings geht aus der Prüfung der Antworten dieser Staaten hervor, dass sie zwar nicht exakt denselben Wortlaut haben wie die Antworten, die dieselben Staaten gaben, als sie 2014 vom OLAF befragt wurden, dass ihr Inhalt jedoch im Wesentlichen identisch ist.
148 Folglich enthalten die Stellungnahmen der Staaten in Reaktion auf das dem Erlass des angefochtenen Beschlusses vorausgegangene Konsultationsverfahren keine neuen Tatsachen, auf die sich die Kommission rückwirkend gestützt hätte. Sie spiegeln in gleicher Weise die Auffassungen dieser Staaten zu der Frage dazu wider, ob die Klägerin eine internationale Organisation sei, wie sie auch vor dem Erlass des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 gegenüber dem OLAF geäußert worden waren.
149 Daher ist die zweite Rüge als unbegründet zurückzuweisen.
2) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie den Grundsatz „nemo auditur“
150 Mit der ersten Rüge macht die Klägerin geltend, dass der angefochtene Beschluss insofern, als er ihr seit dem 16. Dezember 2014 den Status einer internationalen Organisation verweigere, gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie den Grundsatz „nemo auditur“ verstoße.
151 Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung die im ersten Rechtszug eingereichte Klageschrift „die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe“ enthalten muss. Mithin müssen nach ständiger Rechtsprechung die Unionsgerichte nicht auf das Vorbringen einer Partei eingehen, das nicht hinreichend klar und bestimmt ist, soweit es nicht anderweitig besonders ausgeführt und von einer spezifischen Argumentation, die es stützt, begleitet wird (vgl. Urteil vom 18. November 2021, Griechenland/Kommission, C‑107/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:937, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).
152 Erstens ist festzustellen, dass die Klägerin keine Erklärungen dazu abgegeben hat, wie sich der Grundsatz „nemo auditur“, nach dem sich „niemand auf sein eigenes rechtswidriges Verhalten berufen kann“, auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses auswirken soll.
153 Somit ist das Vorbringen eines Verstoßes gegen den Grundsatz „nemo auditur“ im Hinblick auf die Anforderungen, die sich aus Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung ergeben, nicht ausreichend substantiiert.
154 Unterstellt, die Klägerin habe geltend machen wollen, dass die Kommission einen Fehler begangen habe, indem sie sich auf das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), gestützt habe, um die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 nachträglich zu begründen, ergibt sich jedenfalls aus der Prüfung einerseits der zweiten Rüge des ersten Teils des ersten Klagegrundes, dass der angefochtene Beschluss nicht auf denselben Gründen wie diese Beschlüsse beruht, und andererseits aus der zweiten Rüge des vorliegenden Teils, dass die Kommission nicht gegen das Rückwirkungsverbot für Unionsrechtsakte verstoßen hat.
155 Daher ist das Vorbringen, es liege ein Verstoß gegen den Grundsatz „nemo auditur“ vor, zurückzuweisen.
156 Zweitens ist in Bezug auf den Grundsatz von Treu und Glauben ebenfalls festzustellen, dass die Klägerin weder die Tragweite dieses Grundsatzes noch die Regelungen, die ihm zugrunde liegen sollen, definiert hat.
157 Zunächst ist, wenn man unterstellt, die Klägerin habe sich auf die die Parteien eines Vertrags treffende Verpflichtung beziehen wollen, die Bestimmungen ihres Vertrags nach Treu und Glauben zu erfüllen, festzustellen, dass der angefochtene Beschluss nicht im Rahmen eines Vertrags ergangen ist, den die Klägerin mit der Kommission geschlossen hätte.
158 Auch hat die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 durch den Gerichtshof keine Auswirkungen auf das Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen der Klägerin und der Kommission seit dem 16. Dezember 2014.
159 Denn der Beschluss vom 16. Dezember 2014 bezweckte, der Klägerin ihren Status als Adressaten des Durchführungsbeschlusses C(2013) 7682 final über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zu nehmen und damit den Abschluss einer diesbezüglichen Vereinbarung zwischen ihr und der Kommission zu verhindern.
160 Auch der Beschluss vom 8. Mai 2015 hatte zum Ziel, die Beteiligung der Klägerin an neuen unionsfinanzierten Projekten auszusetzen, bis die Kommission den rechtlichen Status der Klägerin geklärt hat.
161 Somit hatte die Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und vom 8. Mai 2015 nicht die Wiederherstellung vertraglicher Beziehungen zwischen der Kommission und der Klägerin zur Folge, sondern eröffnete lediglich die Möglichkeit, dass Klägerin und Kommission eine Vereinbarung über die Durchführung des Programms zur Entwicklung des Handels in Myanmar/Burma und gegebenenfalls weitere Vereinbarungen im Bereich des Wiederaufbaus und der Entwicklung unter der Voraussetzung miteinander schließen, dass die Kommission nach einer Neubewertung ihres rechtlichen Status die Klägerin als internationale Organisation anerkennen würde.
162 Sodann ist, unterstellt, die Klägerin habe sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben insofern beziehen wollen, als er einem gewohnheitsrechtlichen Grundsatz des Völkerrechts entspricht, darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz, wie er in Art. 18 des Wiener Übereinkommens niedergelegt ist, einen Staat verpflichtet, sich aller Handlungen zu enthalten, die Ziel und Zweck eines Vertrags vor seinem Inkrafttreten vereiteln würden, wenn er unter Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung den Vertrag unterzeichnet oder Urkunden ausgetauscht hat, die einen Vertrag bilden, solange er seine Absicht nicht klar zu erkennen gegeben hat, nicht Vertragspartei zu werden, oder wenn er seine Zustimmung, durch den Vertrag gebunden zu sein, ausgedrückt hat.
163 Zwar gilt der Grundsatz von Treu und Glauben für die Organe der Union (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007, Griechenland/Kommission, T‑231/04, EU:T:2007:9, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung), doch hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen zum vorliegenden Klagegrund nicht nachgewiesen oder auch nur behauptet, dass die Union unter Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung einen Vertrag über die Gründung der Klägerin als internationale Organisation unterzeichnet oder Urkunden ausgetauscht habe, die einen solchen Vertrag bildeten, oder ihre Zustimmung, durch den Vertrag gebunden zu sein, ausgedrückt habe.
164 In dieser Hinsicht ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die klagende Partei verpflichtet ist, das rechtliche und tatsächliche Vorbringen zur Begründung jedes von ihr geltend gemachten Klagegrundes hinreichend klar darzulegen, und das Gericht nicht wegen fehlender Struktur der Klageschrift oder einer unzureichenden Genauigkeit oder Prägnanz der Argumentation verpflichtet ist, den Klagegrund unter Bündelung verschiedener über die Klageschrift verteilter Gesichtspunkte zusammenzusuchen, was die Gefahr mit sich brächte, den Klagegrund in einer Weise zu rekonstruieren, der ihm eine Tragweite verliehe, die er in der Vorstellung der klagenden Partei nicht hat. Ein anderes Ergebnis widerspräche sowohl einer geordneten Rechtspflege als auch dem Beibringungsgrundsatz und den Verteidigungsrechten des Beklagten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2020, Fleig/EAD, C‑446/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:918, Rn. 60 und 61).
165 Folglich ist das Vorbringen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben hinsichtlich der Anforderungen aus Art. 76 Buchst. d der Verfahrensordnung als nicht ausreichend substantiiert und somit die erste Rüge des vorliegenden Teils insgesamt zurückzuweisen.
c) Zum dritten Teil: Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
166 In der Klageerwiderung macht die Klägerin geltend, dass sie aufgrund der Zweifel der Kommission im Anschluss an die sie betreffende Untersuchung des OLAF – im Gegensatz zu zahlreichen Rechtssubjekten, die von der Kommission nicht als internationale Organisationen anerkannt würden, aber öffentliche Einrichtungen seien – keinen Vertrag mehr nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung und auch keinen Vertrag in freihändiger Vergabe gemäß anderen Bestimmungen der Finanzregelung, die für Krisen- oder Notsituationen vorgesehen seien, erhalten habe, ohne die Gründe für diese diskriminierende Behandlung zu erfahren.
167 Außerdem sei die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) weder von allen Staaten, die an ihrer Gründung und ihren Arbeiten beteiligt gewesen seien, als internationale Organisation anerkannt worden noch verfüge sie über einen rechtlichen Gründungsakt nach dem Völkerrecht; dennoch hätten diese Umstände die Kommission nicht davon abgehalten, ihren Status als internationale Organisation anzuerkennen.
168 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz, wie er in Art. 20 der Charta verankert ist, einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, nach dem vergleichbare Situationen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Situationen nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 14. Juli 2022, Kommission/VW u. a., C‑116/21 P bis C‑118/21 P, C‑138/21 P und C‑139/21 P, EU:C:2022:557, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).
169 Das für die Feststellung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltende Erfordernis der Vergleichbarkeit der Situationen ist anhand aller die betreffenden Situationen kennzeichnenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere im Hinblick auf den Gegenstand und das Ziel des Rechtsakts, mit dem die Unterscheidung vorgenommen wird; dabei sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, in den der Rechtsakt fällt. Soweit sich die Situationen nicht miteinander vergleichen lassen, verstößt ihre unterschiedliche Behandlung nicht gegen die in Art. 20 der Charta garantierte Gleichheit vor dem Gesetz (vgl. Urteil vom 14. Juli 2022, Kommission/VW u. a., C‑116/21 P bis C‑118/21 P, C‑138/21 P und C‑139/21 P, EU:C:2022:557, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).
170 Erstens ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss nur bezweckt, der Klägerin die Anerkennung des Status einer internationalen Organisation zu versagen, der in der Finanzregelung der Union für die Ausführung von Unionsmitteln nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung vorgesehen ist, wobei der Klägerin die Möglichkeit unbenommen bleibt, im Hinblick auf ihre etwaige Beteiligung an der Ausführung des genannten Haushalts andere in dieser Regelung festgelegte Modalitäten in Anspruch zu nehmen.
171 Da der angefochtene Beschluss die Klägerin somit nicht daran hindert, sich an der indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts gemäß anderen als den in der Finanzregelung der Union zugunsten internationaler Organisationen vorgesehenen Bestimmungen zu beteiligen, kann sie nicht mit Erfolg rügen, dass dieser Beschluss zu einer diskriminierenden Behandlung, wie oben in Rn. 166 beschrieben, geführt habe.
172 Daher wirkt sich das oben in Rn. 166 zusammengefasste Vorbringen der Klägerin, selbst wenn man es als stichhaltig ansieht, nicht auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses aus und geht daher ins Leere.
173 Zweitens ist, abgesehen davon, dass aus den Akten nicht hervorgeht, dass die OSZE von der Kommission als internationale Organisation im Hinblick auf die indirekte Mittelverwaltung des Unionshaushalts anerkannt worden wäre, festzustellen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, sich in einer mit dieser Organisation vergleichbaren Situation zu befinden.
174 Denn die Klägerin hat das Vorbringen der Kommission nicht bestritten, wonach die OSZE – im Gegensatz zur Klägerin – von zahlreichen Völkerrechtssubjekten, insbesondere von einer Mehrheit der Mitglieder dieser Organisation, als internationale Organisation anerkannt werde.
175 Ohne dass es einer Entscheidung über seine Zulässigkeit bedarf (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Mai 2022, TK/Kommission, T‑435/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:303, Rn. 42; vgl. auch entsprechend Urteil vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, EU:C:2002:118, Rn. 52), ist mithin der dritte Teil und folglich auch der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
3. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit
176 Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen habe, indem sie vor Erlass des angefochtenen Beschlusses ein Verfahren zur Befragung bestimmter, als ihre Mitglieder angegebener Staaten durchgeführt habe, obwohl sie über die sachdienlichen Dokumente und die in den Leitlinien festgelegte Bewertungsmethode verfügt habe.
177 In diesem Zusammenhang verfolgt, wie oben in Rn. 124 erwähnt, das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit in seinen verschiedenen Erscheinungsformen erstens das Ziel, die Vorhersehbarkeit von unter das Unionsrecht fallenden Situationen und Rechtsverhältnissen zu gewährleisten.
178 Auch wenn dieses Erfordernis grundsätzlich verbietet, dass ein Rechtsakt der Union vor seiner Veröffentlichung in Kraft tritt, ergibt sich indes aus der Prüfung des ersten Klagegrundes, insbesondere aus der obigen Rn. 149, dass der angefochtene Beschluss nicht unter Missachtung des Rückwirkungsverbots, das eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Rechtssicherheit darstellt, erlassen wurde.
179 Falls die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit insofern geltend machen wollte, als er den Grundsatz des Rückwirkungsverbots für Handlungen der Unionsorgane umfasst, ist der vorliegende Klagegrund daher als unbegründet zurückzuweisen.
180 Zweitens ergibt sich aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit auch, dass die Vorschriften des Unionsrechts eindeutig sein müssen und dass ihre Anwendung für die Betroffenen vorhersehbar sein muss, wobei dieses Gebot der Rechtssicherheit in besonderem Maß gilt, wenn es sich um Vorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diese Vorschriften auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2015, Cabinet Medical Veterinar Dr. Tomoiagă Andrei, C‑144/14, EU:C:2015:452, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
181 Im vorliegenden Fall jedoch fällt der angefochtene Beschluss nicht unter die Rechtsvorschriften oder die Regelung der Union im Sinne der oben in Rn. 180 angeführten Rechtsprechung, sondern stellt einen Beschluss zur Regelung eines Einzelfalls dar, der in Anwendung des Finanzrechts bzw. der Finanzregelung der Union erlassen wurde.
182 Außerdem geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die von der Kommission vorgenommene Neubewertung des rechtlichen Status der Klägerin weder auf eine wesentliche Änderung der Finanzregelung der Union über die Bedingungen für die Ausführung des Unionshaushalts in indirekter Mittelverwaltung noch auf eine neue Auslegung dieser Regelung durch die Kommission zurückzuführen war.
183 Nach Art. 53 Buchst. c und Art. 53d der Verordnung Nr. 1605/2002 sowie Art. 58 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 966/2012 und Art. 62 der Verordnung 2018/1046 ist nämlich die Kommission für die Ausführung des Haushalts der Union verantwortlich, wobei mehrere Arten des Haushaltsvollzugs vorgesehen sind. Eine von ihnen, die in der erstgenannten Verordnung als „gemeinsame Verwaltung mit internationalen Organisationen“ und in den zwei anderen als „indirekte Mittelverwaltung“ bezeichnet wird, ermöglicht es der Kommission, Haushaltsvollzugsaufgaben auf solche Organisationen zu übertragen. Im Rahmen dieser Befugnis verfügt sie über ein weites Ermessen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 148).
184 Der in Art. 53 Buchst. c und Art. 53d der Verordnung Nr. 1605/2002, in Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii und Abs. 8 der Verordnung Nr. 966/2012 sowie in Art. 62 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii der Verordnung 2018/1046 genannte Begriff „internationale Organisation“ wurde mit nahezu identischem Wortlaut in Art. 43 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2002, L 357, S. 1), dann in Art. 43 Abs. 1 der Delegierten Verordnung Nr. 1268/2012, mit der die Verordnung Nr. 2342/2002 aufgehoben und ersetzt wurde, und in Art. 156 der Verordnung 2018/1046 definiert. Demnach umfasst dieser Begriff nach den drei letztgenannten Bestimmungen internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche bzw. internationale Abkommen geschaffen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission, C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78, Rn. 91).
185 Falls die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, wie er oben in Rn. 180 definiert wird, geltend machen wollte, kann sie daher nicht mit Recht behaupten, dass der angefochtene Beschluss aus uneindeutigen Rechtsvorschriften oder aus einer uneindeutigen Regelung der Union hervorgegangen wäre oder eine unvorhersehbare Anwendung des Finanzrechts bzw. der Finanzregelung der Union darstellte.
186 Drittens ergibt sich aus der oben in Rn. 101 genannten Rn. 111 des Urteils vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), sowie aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung, dass die Kommission sich vergewissern muss, dass es sich bei den Einrichtungen, die sie gemäß der Finanzregelung über die indirekte Mittelverwaltung des Unionshaushalts durch internationale Organisationen mit Haushaltsvollzugsaufgaben betraut hat oder betrauen möchte, um internationale Organisationen im Sinne dieser Regelung handelt.
187 Indessen hat die Klägerin aber zum einen nicht erläutert, weshalb der Grundsatz der Rechtssicherheit es in einem Fall wie dem vorliegenden der Kommission verbieten sollte, gemäß dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung die Staaten, die Mitglieder einer internationalen Organisation sein sollen, zu befragen, um zu ermitteln, ob die fragliche Organisation diese Eigenschaft tatsächlich besitzt und den Anforderungen der Finanzregelung der Union in Bezug auf die indirekte Mittelverwaltung des Unionshaushalts entspricht.
188 Zum anderen ergibt sich – falls die Klägerin mit der Berufung auf den Grundsatz der Rechtssicherheit den Grundsatz des Vertrauensschutzes gemeint haben sollte – aus der Prüfung des ersten Klagegrundes, dass der angefochtene Beschluss nicht unter Verstoß gegen diesen Grundsatz erlassen wurde.
189 Daher ist der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
4. Zum vierten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler und andere Rechtsfehler
190 Der vierte Klagegrund besteht im Wesentlichen aus drei Teilen, mit denen offensichtliche Beurteilungsfehler und Rechtsfehler geltend gemacht werden: Was den ersten Teil betrifft, sollen sich diese Fehler daraus ergeben, dass die Kommission nicht korrekt ermittelt habe, wer die Mitglieder der Klägerin seien. Was den zweiten Teil anbelangt, sollen sich diese Fehler daraus ergeben, dass die Kommission sich geweigert habe, den Gründungsakt der Klägerin als internationales Abkommen zur Gründung einer internationalen Organisation anzusehen, und, was den dritten Teil angeht, daraus, dass sie es abgelehnt habe, der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zuzuerkennen, obwohl ihre Mitglieder dies später getan hätten und dieser Status von der Union und einigen Drittstaaten anerkannt worden sei.
191 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben in Rn. 183 ausgeführt, über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, wenn sie ihre Verantwortung für die Ausführung des Unionshaushalts wahrnimmt, und zwar insbesondere dann, wenn sie sich dafür entscheidet, den Haushalt nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung auszuführen, und wenn sie, indem diese Art der Ausführung herangezogen wird, internationale Organisationen mit Aufgaben des Haushaltsvollzugs betraut.
192 Wenn die Kommission also die oben in Rn. 191 dargelegten Befugnisse ausübt, unterliegen die beschwerenden Beschlüsse, die sie in diesem Rahmen erlässt, einer auf offensichtliche Beurteilungsfehler beschränkten Kontrolle durch das Gericht, wobei die Prüfung der anderen Rechtswidrigkeitsgründe, die im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV geltend gemacht werden können, unberührt bleibt.
193 Wenn sich die Kommission jedoch wie im vorliegenden Fall weigert, einer Organisation Aufgaben zur Ausführung des Haushalts nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung zu übertragen, und zur Begründung ausführt, dass diese Organisation nicht den Status einer internationalen Organisation besitze, so unterliegt die Rechtmäßigkeit eines solchen Beschlusses einer Kontrolle durch das Gericht, die sowohl Rechtsfehler als auch offensichtliche Beurteilungsfehler betrifft.
194 Denn zum einen ist in einem solchen Fall die Anwendung der allgemeinen Normen durch die Kommission, anhand deren internationale Organisationen definiert und ermittelt werden können, einer Kontrolle auf Rechtsfehler zu unterziehen.
195 Zum anderen unterliegen die Auslegung der eigenen Regeln derjenigen Organisation, die vorträgt, im Hinblick auf die Ausführung des Unionshaushalts nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung eine internationale Organisation zu sein, sowie die Auslegung der Stellungnahmen ihrer Mitglieder, die eine gewisse Komplexität aufweisen können, einer auf offensichtliche Beurteilungsfehler beschränkten Kontrolle.
196 Nach diesen Klarstellungen hat das Gericht vor der Prüfung des Vorbringens der Klägerin zunächst die Definition des Begriffs „internationale Organisation“ klarzustellen, wie sie in der Finanzregelung der Union über die Ausführung des Unionshaushalts nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung vorgesehen ist.
a) Zur Definition des in der Finanzregelung der Union enthaltenen Begriffs „internationale Organisation“
197 Einleitend ist festzuhalten, dass der Begriff „internationale Organisation“, wie er in den oben in Rn. 184 genannten aufeinanderfolgenden Bestimmungen der Finanzregelung der Union definiert ist, die durch internationale Abkommen geschaffenen internationalen Organisationen umfasst.
198 In Ermangelung einer genaueren Definition der Begriffe „internationale Organisation“ und „internationales Abkommen“ ist davon auszugehen, dass diese in der Finanzregelung der Union verwendeten Begriffe denjenigen des Völkerrechts entsprechen (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache IMG/Kommission, C‑620/20 P, EU:C:2022:158, Nr. 50).
199 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Unionsrecht nämlich im Licht der einschlägigen Normen des Völkerrechts auszulegen, das Bestandteil der Rechtsordnung der Union und für deren Organe bindend ist (vgl. Urteil vom 15. Januar 2015, Evans, C‑179/13, EU:C:2015:12, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
200 Soweit die Begriffe „internationale Organisation“ und „internationales Abkommen“ in der Finanzregelung der Union für den spezifischen Zweck der Ausführung ihres Haushalts verwendet werden, sind sie jedoch zum Schutz der finanziellen Interessen der Union eng auszulegen (vgl. entsprechend Urteile vom 2. Juli 2015, Demmer, C‑684/13, EU:C:2015:439, Rn. 85, und vom 20. Dezember 2017, Erzeugerorganisation Tiefkühlgemüse, C‑516/16, EU:C:2017:1011, Rn. 58; vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in der Rechtssache IMG/Kommission, C‑620/20 P, EU:C:2022:158, Nr. 51).
201 Somit hat das Gericht in einem Rechtsstreit wie dem vorliegenden die Begriffe des Völkerrechts, auf die sich die Finanzregelung der Union bezieht, anzuwenden, indem es auf die Instrumente dieses Rechts, die diese Begriffe definieren, in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung zurückgreift.
202 Insbesondere sind in der vorliegenden Rechtssache die in der Finanzregelung der Union für die Ausführung ihres Haushalts in indirekter Mittelverwaltung vorgesehenen Begriffe „internationale Organisation“ und „internationales Abkommen“ im Licht der hergebrachten Grundsätze des Völkerrechts auszulegen, die insbesondere im Wiener Übereinkommen und im Artikelentwurf enthalten sind.
203 Insoweit geht aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. i des Wiener Übereinkommens hervor, dass unter dem Begriff „internationale Organisation“ eine zwischenstaatliche Organisation zu verstehen ist. Darüber hinaus stellt Art. 2 Buchst. a des Artikelentwurfs klar, dass dieser Ausdruck jede Organisation bezeichnet, die durch einen Vertrag oder ein anderes völkerrechtliches Instrument gegründet wurde und eine eigene internationale Rechtspersönlichkeit besitzt, und dass eine internationale Organisation neben Staaten auch andere Rechtsträger zu ihren Mitgliedern zählen kann.
204 Was erstens die Voraussetzung der Gründung der Organisation durch einen Vertrag oder ein anderes völkerrechtliches Instrument betrifft, so ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Wiener Übereinkommens, dass „Vertrag“ eine in Schriftform geschlossene und vom Völkerrecht bestimmte internationale Übereinkunft zwischen Staaten bedeutet, gleichviel ob sie in einer oder in mehreren zusammengehörigen Urkunden enthalten ist und welche besondere Bezeichnung sie hat.
205 Diese Urkunde bzw. Urkunden können somit Ausdruck der Willensübereinstimmung von zwei oder mehreren Völkerrechtssubjekten sein, die sie formalisieren (vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/13 [Beitritt von Drittstaaten zum Haager Übereinkommen] vom 14. Oktober 2014, EU:C:2014:2303, Rn. 37).
206 Außerdem ergibt sich aus der Rechtsprechung der internationalen Gerichte, dass ein von Staaten unterzeichnetes Dokument unabhängig von seiner politischen Bedeutung kein internationales Abkommen darstellt, wenn es keine Bestimmungen enthält, die Rechte oder Pflichten begründen, denen diese Staaten zugestimmt haben (vgl. Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 1. Oktober 2018, Obligation to Negotiate Access to the Pacific Ocean [Bolivia v. Chile], ICJ Reports 2018, S. 507, Rn. 105 und 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).
207 Was zweitens die Bedingung betrifft, eine eigene internationale Rechtspersönlichkeit zu besitzen, so folgt zunächst aus der Rechtsprechung der internationalen Gerichte, dass die Anerkennung einer internationalen Organisation davon abhängt, dass die betreffende Organisation als juristische Person Rechtspersönlichkeit besitzt.
208 Eine von Staaten oder gegebenenfalls von einer oder mehreren internationalen Organisationen gegründete Einrichtung hat nämlich mangels einer ihr eigenen Rechtspersönlichkeit nicht den Status einer internationalen Organisation, sondern den einer Einrichtung, die entweder von den Staaten, die sie gegründet haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 26. Juni 1992, Certain Phosphate Lands in Nauru [Nauru v. Australia], Preliminary Objections, ICJ Reports 1992, S. 240, Rn. 47), oder von einer internationalen Organisation abhängig ist, der diese Einrichtung zugeordnet ist (vgl. in diesem Sinne Advisory Opinion (Rechtsgutachten) des Internationalen Gerichtshofs vom 1. Februar 2012, Judgment No 2867 of the Administrative Tribunal of the International Labour Organisation upon a Complaint Filed against the International Fund for Agricultural Development, ICJ Reports 2012, S. 10, Rn. 57 und 61).
209 Sodann geht ebenfalls aus der Rechtsprechung der internationalen Gerichte hervor, dass internationale Organisationen grundsätzlich die Vorrechte und Immunitäten genießen, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Ständigen Schiedsgerichtshofs vom 22. November 2002, Dr. Reineccius and Others v. Bank for International Settlements, Rechtssache Nr. 2000-04, Rn. 108, Advisory Opinion (Rechtsgutachten) des Internationalen Gerichtshofs vom 1. Februar 2012, Judgment No 2867 of the Administrative Tribunal of the International Labour Organisation upon a Complaint Filed against the International Fund for Agricultural Development, ICJ Reports 2012, S. 10, Rn. 58, und Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 20. April 2010, Pulp Mills on the River Uruguay [Argentina v. Uruguay], ICJ Reports 2010, S. 14, Rn. 88).
210 Denn im Unterschied zur Staatenimmunität, die sich auf den Grundsatz „par in parem non habet imperium“ stützt, werden die Immunitäten internationaler Organisationen grundsätzlich durch die Gründungsverträge dieser Organisationen verliehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. September 2020, Supreme Site Services u. a., C‑186/19, EU:C:2020:638, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung) und haben einen funktionalen Charakter, da durch sie eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit und der Unabhängigkeit der betreffenden Organisationen verhindert werden soll (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 17. Dezember 2020, Kommission/Slowenien [EZB-Archiv], C‑316/19, EU:C:2020:1030, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).
211 Schließlich ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Gründungsakte internationaler Organisationen insofern Verträge besonderer Art sind, als sie darauf abzielen, neue Rechtssubjekte zu schaffen, die mit einer gewissen Autonomie ausgestattet sind und denen die Vertragsparteien die Aufgabe übertragen, gemeinsame Ziele zu erreichen. Daher unterliegen internationale Organisationen dem Grundsatz der Spezialität, d. h., sie werden von den Gründungsstaaten mit begrenzten Einzelermächtigungen ausgestattet, die durch die gemeinsamen Interessen eingegrenzt sind, deren Förderung die Staaten ihnen zur Aufgabe machen und die in der Regel in ihrem Gründungsakt ausdrücklich formuliert sind (vgl. in diesem Sinne Advisory Opinion (Rechtsgutachten) des Internationalen Gerichtshofs vom 8. Juli 1996, Legality of the Use by a State of Nuclear Weapons in Armed Conflict, ICJ Reports 1996, S. 66, Rn. 19 und 25; Urteile des Internationalen Gerichtshofs vom 11. Juni 1998, Land and Maritime Boundary between Cameroon and Nigeria, Preliminary Objections, ICJ Reports 1998, S. 275, Rn. 64 bis 67, und vom 20. April 2010, Pulp Mills on the River Uruguay [Argentina v. Uruguay], ICJ Reports 2010, S. 14, Rn. 89).
212 Deshalb kann eine internationale Organisation nicht auf einen reinen fakultativen Mechanismus reduziert werden, der den Vertragsparteien zur Verfügung steht und den jede von ihnen nach Belieben nutzen könnte. Denn indem ihre Gründer eine internationale Organisation schaffen und sie mit allen für ihr Funktionieren erforderlichen Mitteln ausstatten, bekunden sie ihren Willen, der Ausübung der dieser Organisation übertragenen Aufgaben beste Gewähr für Stabilität, Kontinuität und Wirksamkeit zu bieten, so dass sie diesem Rahmen nicht einseitig und zu einem ihnen geeignet erscheinenden Zeitpunkt den Rücken kehren oder ihn durch andere Kommunikationskanäle ersetzen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 20. April 2010, Pulp Mills on the River Uruguay [Argentina v. Uruguay], ICJ Reports 2010, S. 14, Rn. 90 und 91).
213 Im Licht dieser Definitionen und Grundsätze hat das Gericht zu prüfen, ob das von der Klägerin zur Stützung des vorliegenden Klagegrundes ausgeführte Vorbringen begründet ist.
b) Zum ersten Teil: offensichtliche Beurteilungsfehler und Rechtsfehler bei der Bestimmung der Mitglieder der Klägerin
214 Der erste Teil besteht im Wesentlichen aus drei Rügen, mit denen erstens mit der Begründung, dass die Kommission eine künstliche Unterscheidung zwischen den Gründungsstaaten der Klägerin, den beitragenden Staaten, den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses und den Mitgliedern der Government Support Group (im Folgenden: GSG) getroffen habe, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler geltend gemacht wird, zweitens ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission im Rahmen der Auslegung der Stellungnahmen Belgiens und Österreichs und drittens Rechtsfehler sowie ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission, da sie die Union nicht als Mitglied der Klägerin angesehen habe.
1) Zur ersten Rüge: offensichtlicher Beurteilungsfehler aufgrund einer künstlichen Unterscheidung zwischen den Gründungsstaaten der Klägerin, den beitragenden Staaten und den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses
215 Die Klägerin wirft der Kommission im Wesentlichen vor, ihre Mitglieder falsch bestimmt zu haben, indem sie eine künstliche Unterscheidung zwischen ihren Gründungsstaaten, den beitragenden Staaten, den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses und den Mitgliedern der GSG getroffen habe. So seien alle Staaten und internationale oder regionale Organisationen, die finanziell oder in Form von Sachleistungen zu den von ihr durchgeführten Tätigkeiten beitrügen, sowie die Mitglieder der GSG, die ihre Gründungsmitglieder seien, als Mitglieder ihres Lenkungsausschusses und damit als ihre Mitglieder anzusehen, auch wenn sie tatsächlich nicht in diesem Ausschuss säßen.
216 Erstens geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht hervor, dass die Kommission ausdrücklich zwischen den Gründungsstaaten der Klägerin, den beitragenden Staaten, den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses, der im Zuge der Änderung ihrer Satzung im Jahr 2012 zum Ständigen Ausschuss wurde, und den Mitgliedern der GSG unterschieden hätte.
217 Die Kommission beschränkt sich im angefochtenen Beschluss auf die Feststellung, dass mit Ausnahme von Österreich keiner der Staaten, die sie im Anschluss an das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), befragt habe, anerkannt habe, seit dem 16. Dezember 2014 Mitglied der klagenden Organisation zu sein.
218 Zweitens ist – selbst wenn der angefochtene Beschluss dahin gehend ausgelegt werden könnte, dass er zwischen den Gründungsstaaten der Klägerin, den beitragenden Staaten, den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses und den Mitgliedern der GSG unterscheidet – zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Resolution vom 25. November 1994 nur die Mitglieder des Lenkungsausschusses der Klägerin die Verpflichtung hatten, einen finanziellen Beitrag zu ihrem Haushalt bzw. zu ihren Tätigkeiten zu leisten, und nicht etwa alle Mitglieder der GSG, die zur Unterzeichnung dieser Resolution aufgefordert worden waren.
219 Die Resolution vom 25. November 1994 verpflichtete die Unterzeichner mithin nicht dazu, Mitglieder des Lenkungsausschusses der Klägerin zu werden oder ihm beizutreten, sondern ließ ihnen diesbezüglich jedwede Freiheit.
220 Sodann wird diese Freiheit der Staaten und internationalen Organisationen, die die Resolution vom 25. November 1994 unterzeichnet haben, der Klägerin beizutreten, durch die vom Leiter der Sitzung vom 25. November 1994, in der die Resolution vom selben Tag verabschiedet wurde, gemachten Ausführungen, die im Protokoll dieser Sitzung vom 29. November 1994 (im Folgenden: Protokoll vom 29. November 1994) niedergelegt sind, bestätigt.
221 Denn aus dem Protokoll vom 29. November 1994 geht hervor, dass der Leiter der Sitzung vom 25. November 1994, in der die Resolution vom selben Tag verabschiedet wurde, betonte, dass die Staaten, die als Mitglieder der GSG an dieser Sitzung teilnahmen, mit der Unterzeichnung dieses Dokuments nicht automatisch Mitglieder des Lenkungsausschusses der Klägerin würden.
222 Folglich kann die Klägerin nicht mit Recht behaupten, dass allein die Tatsache, dass ein Staat oder eine internationale Organisation Mitglied der GSG gewesen sei und durch die Unterzeichnung der Resolution vom 25. November 1994 an ihrer Gründung teilgenommen habe, diesen Staat oder diese Organisation zu einem ihrer Mitglieder mache.
223 Schließlich legt die Satzung der Klägerin weder die Eigenschaft als Mitglied der Klägerin noch das Verfahren für den Beitritt zur Klägerin oder das Verfahren fest, nach dem ein Staat oder eine internationale Organisation die Eigenschaft als Mitglied der Klägerin verlieren würde.
224 Allerdings richtete die Satzung der Klägerin mit dem Lenkungsausschuss, der 2012 zum Ständigen Ausschuss wurde, ein Entscheidungsgremium ein, in dem Staaten und internationale Organisationen vertreten sein können, sowie ein Verfahren für die Aufnahme in dieses Gremium und eines für die Überprüfung der Mitgliedschaft in diesem Gremium.
225 Insbesondere Art. 5 der Satzung der Klägerin in seiner Fassung nach der Änderung im Jahr 2012 definiert die Mitglieder des Ständigen Ausschusses, ein Verfahren für die Aufnahme von Mitgliedern in dieses Entscheidungsgremium sowie ein Verfahren für die Überprüfung und den Entzug der Mitgliedschaft in diesem Gremium.
226 Somit ergibt sich aus der Satzung der Klägerin, dass das Verfahren zur Aufnahme eines Staates oder einer internationalen Organisation in ihren Lenkungsausschuss, der zum Ständigen Ausschuss wurde, für den betreffenden Staat oder die betreffende internationale Organisation einem Verfahren zum Beitritt zur Klägerin gleichkommt.
227 Darüber hinaus ist die Satzung der Klägerin dahin auszulegen, dass es unbeschadet der Verfahren zur Überprüfung und zum Entzug der Mitgliedschaft im Ständigen Ausschuss den Staaten und internationalen Organisationen, die in den Ausschuss aufgenommen worden waren, freigestellt war, nicht mehr im Ausschuss vertreten zu sein, ohne eine besondere Formalität zu erfüllen.
228 Daraus, dass die Satzung der Klägerin keine Klausel enthält, die ein Verfahren für den freiwilligen Verzicht auf die Mitgliedschaft in ihrem Lenkungsausschuss festlegt, kann nämlich nicht abgeleitet werden, dass für die Staaten oder internationalen Organisationen, die in dieses Gremium aufgenommen wurden, diese Aufnahme endgültig sei und ihnen keine Möglichkeit verbliebe, diese Organisation zu verlassen.
229 Diese Auslegung wird im Übrigen durch die Stellungnahmen mehrerer Staaten bestätigt, die erklärt haben, dass sie nicht länger Mitglieder des Lenkungsausschusses der Klägerin seien, obwohl die Satzung der Klägerin keine Klausel enthält, die eine besondere Formalität für den freiwilligen Verzicht auf die Mitgliedschaft in ihrem Lenkungsausschuss festlegt.
230 Daher waren nur diejenigen Staaten und internationalen Organisationen, die ihre Aufnahme in den Lenkungsausschuss bzw. den Ständigen Ausschuss der Klägerin beantragt hatten, gegen deren Antrag die Mitglieder dieses Entscheidungsgremiums keine Einwände erhoben hatten und die am 16. Dezember 2014 und gegebenenfalls darüber hinaus weiterhin in diesem Gremium vertreten waren, zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Beschlusses als Mitglieder der Klägerin anzusehen.
231 Mithin kann die Klägerin der Kommission nicht mit Recht vorwerfen, dass diese bestimmte Staaten und internationale Organisationen nicht als ihre Mitglieder angesehen habe, wenn diese Staaten oder Organisationen seit dem 16. Dezember 2014 nicht in ihrem Lenkungsausschuss bzw. ihrem Ständigen Ausschuss vertreten waren, selbst wenn sie an der GSG teilgenommen haben oder finanziell bzw. in Form von Sachleistungen zum Haushalt oder zu den Tätigkeiten der Klägerin beitragen oder beigetragen haben.
232 Diese Rüge ist somit als unbegründet zurückzuweisen.
2) Zur zweiten Rüge: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Stellungnahmen Belgiens und Österreichs
233 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Auswertung der Antworten der befragten Staaten ergebe, dass mindestens zwei von ihnen, nämlich Belgien und Österreich, sie als internationale Organisation anerkennten und Gründungsmitglieder seien oder gewesen seien, womit sie belegen könne, dass sie mindestens zwei Staaten zu ihren Mitgliedern zähle und als internationale Organisation anzuerkennen sei.
234 Die Argumente, aus denen sich diese Rüge zusammensetzt und die sich auf die Auslegung der Antworten der belgischen und österreichischen Behörden beziehen, sind getrennt zu prüfen.
i) Zum ersten Argument: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Antwort der österreichischen Behörden
235 Aus der Antwort Österreichs vom 8. April 2020 auf die Anfrage der Kommission geht hervor, dass dieser Staat anerkannt hat, Mitglied der Klägerin zu sein.
236 Aus der oben in Rn. 81 wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die Kommission diese Stellungnahme der österreichischen Behörden nicht in Frage gestellt hat.
237 Darüber hinaus ergibt sich ferner aus der Antwort der österreichischen Behörden vom 8. April 2020, dass sie der Ansicht waren, die Klägerin sei gemäß der Resolution vom 25. November 1994, die nach Auffassung dieser Behörden kein internationales Abkommen darstellt, bei ihrer Gründung eine unabhängige internationale Übergangseinrichtung mit beschränkter Rechtsfähigkeit und keine internationale Organisation gewesen. Allerdings vertraten dieselben Behörden auch die Ansicht, dass die spätere Übung, die darin bestanden habe, Sitzabkommen und andere internationale Abkommen zu schließen, sowie der nunmehr dauerhaft verfestigte Charakter der Klägerin offenbar darauf hindeuteten, dass sie in dem für die Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Umfang völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit besitze. Auf dieser Grundlage vertraten sie die Auffassung, dass die Klägerin eine internationale Organisation sei.
238 Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die Kommission den Inhalt der Antwort der österreichischen Behörden korrekt wiedergegeben hat, dabei aber der Ansicht war, dass diese Antwort die Schlussfolgerung nicht in Frage stelle, zu der sie in Unterabschnitt A.7 Buchst. b der endgültigen Beurteilung gelangt sei, wonach die Klägerin nicht die in der Finanzregelung der Union vorgesehenen Voraussetzungen für die indirekte Mittelverwaltung erfülle. Denn die Klägerin sei zum einen nicht durch ein internationales Abkommen als internationale Organisation gegründet worden, und zum anderen ergebe sich aus den Antworten der von der Kommission befragten Staaten, dass die spätere Übung keine umfassende und eindeutige Anerkennung ihres Status als internationale Organisation durch die Staaten und internationalen Organisationen, die ihre Mitglieder sein sollen, belege.
239 Folglich hat die Kommission bei ihrer Auslegung der Antwort der österreichischen Behörden vom 8. April 2020 keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Dieses erste Argument ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
ii) Zum zweiten Argument: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Antwort der belgischen Behörden
240 Erstens geht aus der Antwort der belgischen Behörden vom 30. Juni 2020 hervor, dass diese zwar ihre Teilnahme an der Sitzung vom 25. November 1994, auf der die Klägerin gegründet wurde, bestätigt haben, Belgien sich jedoch nicht als Mitglied der klagenden Organisation betrachtet habe. Die belgischen Behörden haben darüber hinaus erklärt, dass die Klägerin aus ihrer Sicht als internationale Organisation angesehen werden könne, weshalb Belgien und die Klägerin am 13. Juni 2012 ein Sitzabkommen unterzeichnet hätten, das der Klägerin jedoch nicht sämtliche Steuerprivilegien eingeräumt habe, die internationalen Organisationen üblicherweise gewährt würden.
241 Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die Kommission den Inhalt der Antwort der belgischen Behörden korrekt wiedergegeben hat, dabei aber der Ansicht war, dass diese Antwort die Schlussfolgerung, wie sie oben in Rn. 238 zusammengefasst ist, nicht in Frage stelle, zu der sie in Unterabschnitt A.7 Buchst. b der endgültigen Beurteilung gelangt sei.
242 Insbesondere war die Kommission der Ansicht, dass die Anerkennung des Status der Klägerin als internationale Organisation in Form eines namentlich von Belgien geschlossenen Sitzabkommens kein Nachweis dafür sei, dass diese Organisation eine internationale Organisation darstelle, da die belgischen Behörden der Kommission mitgeteilt hätten, dass Belgien nicht ihr Mitglied sei.
243 Zweitens beruft sich die Klägerin zur Stützung ihrer Argumentation, dass Belgien als eines ihrer Mitglieder anzusehen sei, auf einen Vermerk der Rechtsabteilung des belgischen Außenministeriums vom 9. November 2009, der dem OLAF‑Bericht als Anlage beigefügt war.
244 Aus diesem Vermerk geht zwar hervor, dass Belgien damals der Ansicht war, dass die Klägerin als internationale Organisation einzustufen sei, allerdings äußert sich der Vermerk nicht zu der Frage, ob dieser Staat zum Zeitpunkt des 9. November 2009 Mitglied der Klägerin war.
245 Darüber hinaus rügt die Klägerin, dass die Kommission nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass Belgien einerseits an der Sitzung vom 25. November 1994, bei der sie gegründet worden sei, und andererseits bis 2013 an den Sitzungen ihres Lenkungsausschusses teilgenommen habe.
246 Da der angefochtene Beschluss jedoch zum 16. Dezember 2014 wirksam wurde, sind die Teilnahme der belgischen Behörden an der Gründung der Klägerin am 25. November 1994 sowie an den Sitzungen ihres Lenkungsausschusses und später ihres Ständigen Ausschusses bis 2013 kein Nachweis dafür, dass Belgien zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des genannten Beschlusses und gegebenenfalls später Mitglied dieser Organisation war.
247 Vor diesem Hintergrund hat die Kommission im angefochtenen Beschluss keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler dadurch begangen, dass sie aufgrund der Antwort der belgischen Behörden vom 30. Juni 2020 die Auffassung vertreten hat, dass Belgien zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Beschlusses und danach nicht Mitglied der Klägerin gewesen sei.
248 Folglich ist dieses zweite Argument und somit die zweite Rüge insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
3) Zur dritten Rüge: Rechtsfehler und offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission durch ihre Weigerung, den Beitritt der Union zur Klägerin anzuerkennen
249 Die dritte Rüge besteht im Wesentlichen aus drei Argumenten. Zur Stützung des ersten Arguments macht die Klägerin geltend, die Kommission habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Union einer internationalen Organisation nicht beitreten könne, wenn diese nicht mindestens zwei Staaten zu ihren Mitgliedern zähle. Zur Stützung des zweiten Arguments beruft sie sich auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, den die Kommission bei der Annahme begangen habe, dass die Union nie zu einem ihrer Mitglieder geworden sei. Zur Stützung des dritten Arguments macht die Klägerin geltend, die Kommission habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Union der Resolution vom 25. November 1994 nicht wirksam beigetreten sei, da sie das damals in den Verträgen vorgesehene Verfahren für den Abschluss internationaler Abkommen nicht durchgeführt habe.
250 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass keine Bestimmung der Verträge die Unionsgerichte dazu verpflichtet, in jedem Fall die Stichhaltigkeit der Klagegründe oder Argumente zu prüfen, die zur Stützung der bei ihnen anhängigen Klagen vorgebracht werden. Vielmehr können die Unionsgerichte insbesondere aus Gründen einer effizienten Rechtspflege davon absehen, die Stichhaltigkeit der Klagegründe zu prüfen, die als unzulässig oder ins Leere gehend zurückzuweisen sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 29. September 2022, HIM/Kommission, C‑500/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2022:741, Rn. 72 und 73).
251 Insbesondere ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung, dass Rügen gegen nicht tragende Gründe des Rechtsakts, dessen Rechtmäßigkeit in Abrede gestellt wird, nicht zur Nichtigerklärung dieses Rechtsakts führen können und daher ins Leere gehen (vgl. entsprechend Beschluss vom 28. September 2023, QI/Kommission, C‑32/23 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:722, Rn. 4 [Stellungnahme des Generalanwalts, Nr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung]).
252 Im vorliegenden Fall möchte die Klägerin im Rahmen dieser Rüge ihren Status als internationale Organisation dadurch nachweisen, dass sie sich darauf beruft, dass ihr zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Beschlusses mindestens zwei Mitglieder angehörten, nämlich zum einen Österreich und zum anderen die Union, die der Resolution vom 25. November 1994 ordnungsgemäß beigetreten sowie in ihrem Lenkungsausschuss und später in ihrem Ständigen Ausschuss vertreten gewesen sei.
253 Ohne dass die Frage geprüft zu werden braucht, ob die Kommission der Resolution vom 25. November 1994 ordnungsgemäß beigetreten ist, geht indessen zum einen aus den übereinstimmenden Angaben der Parteien hervor, dass die Kommission seit dem 20. Mai 2003 nicht mehr im Lenkungsausschuss der Klägerin vertreten war.
254 Wie sich aus der Prüfung der ersten Rüge des vorliegenden Teils ergibt, kann die Union daher in dem Zeitraum, in dem der angefochtene Beschluss wirksam war, nicht als Mitglied der Klägerin angesehen werden.
255 Zum anderen legt die Klägerin weder dar noch trägt sie vor, dass sie zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Beschlusses eine andere internationale Organisation zu ihren Mitgliedern gezählt hätte.
256 In dieser Hinsicht ist zwar in der Resolution vom 25. November 1994 und in Art. 5 Abs. 1 der Satzung der Klägerin vorgesehen, dass der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) von Rechts wegen Mitglied des Lenkungsausschusses der Klägerin ist, jedoch geht aus einem Schreiben des Generalsekretärs des UNHCR vom 25. Februar 2014 hervor, dass der UNHCR ab dem Jahr 2000 nicht mehr zu den von der Klägerin durchgeführten Projekten finanziell beigetragen hat, nicht mehr an den Sitzungen des genannten Lenkungsausschusses teilgenommen hat und ab dem Jahr 2010 nicht mehr in diesem Gremium vertreten war.
257 Da weder die Union noch eine andere internationale Organisation, insbesondere nicht der UNHCR, ab dem 16. Dezember 2014 als Mitglieder der klagenden Organisation angesehen werden können, hat somit die vorliegende Rüge – selbst wenn man sie als begründet unterstellt – keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses und ist daher zurückzuweisen. Daher ist auch der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.
c) Zum zweiten Teil: Rechtsfehler der Kommission durch ihre Weigerung, die Resolution vom 25 . November 1994 als internationales Abkommen zur Gründung einer internationalen Organisation anzusehen
258 Der zweite Teil besteht im Wesentlichen aus zwei Rügen, mit deren erster geltend gemacht wird, dass die Kommission sich rechtsfehlerhaft geweigert habe, die Resolution vom 25. November 1994 als internationales Abkommen anzusehen, und mit deren zweiter die Absicht der Unterzeichner dieser Resolution, der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zu verleihen, fehlerhaft ausgelegt worden sei.
1) Zur ersten Rüge: Rechtsfehler der Kommission durch ihre Weigerung, die Resolution vom 25. November 1994 als internationales Abkommen anzusehen
259 Die erste Rüge besteht im Wesentlichen aus drei Argumenten, mit denen geltend gemacht wird, dass die Kommission erstens einen Rechtsfehler in Bezug auf die Rechtsverbindlichkeit der Resolution vom 25. November 1994, zweitens einen Rechtsfehler in Bezug auf das Erfordernis der Unterzeichnung der genannten Resolution durch mit entsprechenden Befugnissen ausgestattete Vertreter und drittens einen Rechtsfehler in Bezug darauf, dass Unterzeichnungs- bzw. Ratifikationsurkunden für die genannte Resolution erforderlich seien, begangen habe.
i) Zum ersten Argument: Rechtsfehler in Bezug auf die Rechtsverbindlichkeit der Resolution vom 25. November 1994
260 Zur Stützung dieses Arguments macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss dadurch rechtsfehlerhaft erlassen habe, dass sie den Standpunkt Österreichs, Finnlands und Schwedens übernommen habe, wonach die Resolution vom 25. November 1994 eine politische Erklärung ohne Rechtsverbindlichkeit darstelle und daher nicht als internationales Abkommen angesehen werden könne.
261 Insoweit ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses, insbesondere aus Unterabschnitt A.7 Buchst. c der endgültigen Beurteilung, dass sich die Kommission bei ihrer Schlussfolgerung, die Resolution vom 25. November 1994 sei kein internationales Abkommen, auf die Stellungnahmen Österreichs und Finnlands vom 8. April bzw. vom 23. Januar 2020 gestützt hat.
262 So geht aus der Antwort Österreichs vom 8. April 2020 hervor, dass die Vertreter dieses Staates die Resolution vom 25. November 1994 zwar unterzeichnet hätten, die österreichischen Behörden aber der Ansicht seien, dass die Resolution kein internationales Abkommen darstelle.
263 Die finnischen Behörden wiesen zudem in ihrer Antwort vom 23. Januar 2020 darauf hin, dass die Vertreter Finnlands auf der Sitzung vom 25. November 1994 die Resolution vom selben Tag unterzeichnet hätten und dabei davon ausgegangen seien, dass es sich um eine politische Erklärung ohne Rechtsverbindlichkeit handle.
264 Auch wenn aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervorgeht, dass sich die Kommission ausdrücklich auf die Stellungnahme der schwedischen Behörden zu der Frage berufen hat, ob die Resolution vom 25. November 1994 ein internationales Abkommen darstellt, ergibt sich aus der Antwort Schwedens vom 2. Juli 2020, dass diese Behörden ebenso wie die österreichischen und finnischen Behörden der Auffassung waren, die genannte Resolution sei kein internationales Abkommen.
265 Wie oben in Rn. 206 ausgeführt, stellt ein von Staaten unterzeichnetes Dokument kein internationales Abkommen dar, wenn es keine Bestimmungen enthält, die Rechte oder Pflichten begründen, denen diese Staaten zugestimmt haben. Daher obliegt es im vorliegenden Fall dem Gericht, den Inhalt und die Reichweite der Resolution vom 25. November 1994 zu prüfen, um festzustellen, ob dieses Dokument rechtsverbindliche Verpflichtungen für seine Unterzeichner enthält (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 6. November 2008, Griechenland/Kommission, C‑203/07 P, EU:C:2008:606, Rn. 56).
266 Erstens wird in Nr. 1 der Resolution vom 25. November 1994 darauf verwiesen, dass die Vertreter der Regierungen und internationalen Organisationen, die an der Sitzung vom selben Tag teilnahmen, vereinbart haben, die Errichtung der Klägerin ab diesem Datum, wie in den seit Juli 1993 in Genf abgehaltenen vorbereitenden Sitzungen geplant und in Übereinstimmung mit dem der Resolution beigefügten Protokoll, zu formalisieren.
267 Zweitens bestätigte die Resolution vom 25. November 1994 in Nr. 2 die Ernennung des Geschäftsführers der Klägerin.
268 Drittens sah die Resolution vom 25. November 1994 in Nr. 3 die Einrichtung eines Lenkungsausschusses vor, dem die Regierungen und die internationalen Organisationen beitreten konnten, die regelmäßig finanziell oder durch Sachleistungen zum Haushalt oder zu den Tätigkeiten der Klägerin beitrugen, und an dem der UNHCR und die Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) von Rechts wegen teilnahmen. Darüber hinaus war dieser Ausschuss u. a. dafür zuständig, mit Zweidrittelmehrheit seine eigenen Vorschriften zu erlassen, Leitlinien festzulegen, den Haushalt der Klägerin zu verabschieden und über ihren Personalbedarf zu entscheiden, mit absoluter Mehrheit den Geschäftsführer zu ernennen, Sachverständige oder Vertreter anderer internationaler Organisationen einzuladen sowie alle sechs Monate neu zu bewerten, ob die Tätigkeit der Klägerin aufrechtzuerhalten sei. Schließlich sollte die GSG zweimal im Jahr zusammenkommen, um die Einsätze und Tätigkeiten der Klägerin zu überprüfen.
269 Viertens stellte die Resolution vom 25. November 1994 in Nr. 4 klar, dass die Unterzeichnung dieses Dokuments keine Verpflichtung nach sich ziehe, zum Haushalt oder zu den Tätigkeiten der Klägerin beizutragen, da eine solche Verpflichtung von den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses übernommen werden sollte.
270 Fünftens wurde in Nr. 5 der Resolution vom 25. November 1994 festgehalten, dass die Teilnehmer der Sitzung vom selben Tag darin übereinstimmten, dass die Klägerin, sobald ein umfassender Rahmen für den Wiederaufbau von Bosnien-Herzegowina geschaffen werde, gemäß einem entsprechenden Beschluss der GSG in diesen umfassenden Rahmen integriert werden oder ihre Tätigkeit schrittweise beenden sollte. Bis dahin sollten die Aktivitäten der Klägerin in die des UNHCR integriert und in enger Verbindung mit denen von UNPROFOR durchgeführt werden.
271 Somit geht aus dem Wortlaut der Resolution vom 25. November 1994 hervor, dass ihre Unterzeichner insbesondere durch die Bestätigung des Geschäftsführers der Klägerin und die Entscheidung, einen Lenkungsausschuss bei ihr einzurichten, organisatorische Regelungen für die Klägerin genehmigt haben.
272 Auch wenn die Resolution vom 25. November 1994 ihre Unterzeichner nicht verpflichtete, Mitglieder der Klägerin zu werden, sah Nr. 5 der Resolution gleichwohl insbesondere die Verpflichtung der GSG-Mitgliedstaaten vor, zu entscheiden, ob sie die Klägerin in den umfassenden Rahmen für den Wiederaufbau von Bosnien-Herzegowina integrieren oder ihre Aktivitäten schrittweise beenden wollten.
273 Mithin enthielt die Resolution vom 25. November 1994 durchaus zumindest eine rechtsverbindliche Verpflichtung für ihre Unterzeichner, so dass sie nicht als eine Erklärung mit ausschließlich politischer Reichweite angesehen werden kann.
274 Daher hat die Kommission den angefochtenen Beschluss insofern rechtsfehlerhaft erlassen, als sie den Standpunkt Österreichs und Finnlands übernommen hat, der, wie sich aus der obigen Rn. 264 ergibt, auch dem Standpunkt Schwedens entsprach, wonach die Resolution vom 25. November 1994 eine politische Erklärung ohne Rechtsverbindlichkeit darstelle. Somit ist diesem ersten Argument zuzustimmen.
ii) Zum zweiten Argument: Rechtsfehler in Bezug auf das Erfordernis der Unterzeichnung der Resolution vom 25. November 1994 durch Vertreter mit entsprechenden Vollmachten
275 Zur Stützung des zweiten Arguments macht die Klägerin geltend, dass der Kommission in formaler Hinsicht in dem angefochtenen Beschluss ein Rechtsfehler im Hinblick auf die in Art. 7 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens niedergelegten Regeln unterlaufen sei, indem sie von den Staaten, die sie zum rechtlichen Status der Klägerin befragt habe, die Vorlage der Vollmachten verlangt habe, die die Verhandlungsführer zur Annahme der Resolution vom 25. November 1994 ermächtigt hätten.
276 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das Völkervertragsrecht im Wesentlichen durch das Wiener Übereinkommen kodifiziert wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2015, Oberto und O’Leary, C‑464/13 und C‑465/13, EU:C:2015:163, Rn. 35).
277 Insbesondere sieht Art. 7 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens in Bezug auf die Vollmacht vor, dass eine Person hinsichtlich des Annehmens des Textes eines Vertrags oder der Festlegung seines authentischen Textes oder der Abgabe der Zustimmung eines Staates, durch einen Vertrag gebunden zu sein, als Vertreter eines Staates gilt, wenn sie eine gehörige Vollmacht vorlegt oder wenn aus der Übung der beteiligten Staaten oder aus anderen Umständen hervorgeht, dass sie die Absicht hatten, diese Person als Vertreter des Staates für die genannten Zwecke anzusehen und keine Vollmacht zu verlangen.
278 Abweichend von Art. 7 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens befreit Abs. 2 desselben Artikels jedoch Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Außenminister vom Erfordernis der Vorlage der Vollmacht zur Vornahme aller sich auf den Abschluss eines Vertrags beziehenden Handlungen, Chefs diplomatischer Missionen zum Annehmen des Textes eines Vertrags zwischen Entsende- und Empfangsstaat sowie die von Staaten bei einer internationalen Konferenz oder bei einer internationalen Organisation oder einem ihrer Organe beglaubigten Vertreter zum Annehmen des Textes eines Vertrags im Rahmen der Konferenz, der Organisation oder des Organs.
279 Wenn also ein Dokument von Personen unterzeichnet wird, die nicht über die erforderliche Befugnis verfügen, ihre Staaten gemäß Art. 7 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens zu verpflichten, kann ein solches Dokument nicht als rechtsverbindliches internationales Abkommen angesehen werden, es sei denn, diese Personen sind gemäß Abs. 2 dieses Artikels befugt, die genannten Staaten zu verpflichten, ohne eine Vollmacht vorlegen zu müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Internationalen Seegerichtshofs vom 14. März 2012, Delimitation of the maritime boundary in the Bay of Bengal [Bangladesh/Myanmar], ITLOS Reports 2012, S. 4, Rn. 96 und 98).
280 Darüber hinaus ist nach Art. 8 des Wiener Übereinkommens, den die Kommission im vierten Unterabschnitt des ersten Teils der endgültigen Beurteilung angeführt hat, eine sich auf den Abschluss eines Vertrags beziehende Handlung, die von einer Person vorgenommen wird, welche nicht nach Art. 7 als zur Vertretung eines Staates zu diesem Zweck ermächtigt angesehen werden kann, ohne Rechtswirkung, sofern sie nicht nachträglich von dem Staat bestätigt wird.
281 In dieser Hinsicht geht aus den Anmerkungen der Völkerrechtskommission zu dem Artikelentwurf über das Recht der Verträge (Jahrbuch der Völkerrechtskommission , 1966, Bd. II, S. 210 bis 211), die gemäß den Auslegungsregeln für Verträge in den Art. 31 und 32 des Wiener Übereinkommens bei der Auslegung von Art. 8 des genannten Übereinkommens berücksichtigt werden können, hervor, dass der Staat trotz der ursprünglich fehlenden Bevollmächtigung seines Vertreters die vorgenommene Handlung später bestätigen und damit seine Zustimmung ausdrücken kann, durch den Vertrag gebunden zu sein, und dass dies auch als stillschweigend erfolgt gilt, wenn er sich auf die Bestimmungen des Vertrags beruft oder auf eine Art und Weise handelt, als betrachte er die Handlung seines Vertreters als gültig.
282 Erstens geht aus den Antworten derjenigen von der Kommission befragten Staaten, die Vertreter zur Sitzung vom 25. November 1994 entsandt hatten, hervor, dass keiner dieser Staaten in der Lage war, die Vollmachten vorzulegen, die diese Vertreter gemäß Art. 7 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens zur Unterzeichnung der Resolution vom selben Tag ermächtigt hätten.
283 Darüber hinaus ergibt sich aus diesen Antworten weder eine Übung dieser Staaten noch andere Umstände, die ihre Absicht belegen, die Teilnehmer der Sitzung vom 25. November 1994 im Hinblick auf die Unterzeichnung der Resolution vom selben Tag als ihre Vertreter anzusehen und nicht die Vorlage von Vollmachten zu verlangen.
284 Zweitens geht zwar aus der Antwort Schwedens vom 2. Juli 2020 hervor, dass die Resolution vom 25. November 1994 später vom schwedischen Außenminister unterzeichnet wurde, so dass davon ausgegangen werden kann, dass dieser Staat gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. a des Wiener Übereinkommens vom Erfordernis der Vollmacht befreit war.
285 Drittens ergibt sich allerdings aus der Einladung zur Sitzung vom 25. November 1994, die der UNHCR am 15. November 1994 an den Leiter der ständigen Vertretung der Kommission bei den internationalen Organisationen in Genf gerichtet hat, sowie aus der in Anlage A.43 zur Klageschrift enthaltenen Bescheinigung eines ehemaligen Beamten der Kommission vom 16. Januar 2020 und aus der in Anlage A.44 zur Klageschrift enthaltenen Bescheinigung eines ehemaligen Beamten der dänischen Regierung vom 30. Juli 2019, dass die Resolution vom 25. November 1994 von den Vertretern der Staaten aus der Arbeitsgruppe für humanitäre Fragen der Internationalen Konferenz über das ehemalige Jugoslawien in einer Sitzung dieser Arbeitsgruppe verhandelt und angenommen worden sei.
286 Da die Resolution vom 25. November 1994 nicht von allen Vertretern der bei der Internationalen Konferenz über das ehemalige Jugoslawien akkreditierten Staaten genehmigt wurde, kann diese in einer Arbeitsgruppe angenommene Resolution somit nicht als ein im Rahmen dieser Konferenz angenommener Vertrag im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Buchst. c des Wiener Übereinkommens angesehen werden.
287 Viertens ergibt sich jedenfalls aus den Akten und insbesondere aus den Antworten der von der Kommission befragten Staaten, dass außer der durch Österreich erfolgten Anerkennung seiner Eigenschaft als Mitglied der Klägerin einige dieser Staaten am 10. März 1995 an der Annahme der Satzung der Klägerin (im Folgenden: ursprüngliche Satzung) beteiligt waren, namentlich Frankreich, dessen Vertreterin diese Satzung in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des Lenkungsausschusses unterzeichnet hat, sowie Finnland, und dass einige dieser Staaten im Lenkungsausschuss oder Ständigen Ausschuss der Klägerin vertreten waren, namentlich Dänemark, Frankreich, die Niederlande, Schweden und Norwegen, wobei die Vertreter der beiden letztgenannten Staaten die 2008 und 2012 angenommene Satzung der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende ihres Lenkungsausschusses – später Ständiger Ausschuss – unterzeichnet haben.
288 Somit haben die oben in Rn. 287 genannten Staaten durch ihre Beteiligung an der Annahme der ursprünglichen bzw. späteren Satzung der Klägerin oder dadurch, dass sie in deren Lenkungsausschuss oder Ständigem Ausschuss vertreten waren, in einer Art und Weise gehandelt, als betrachteten sie die Unterzeichnung der Resolution vom 25. November 1994 durch ihre Vertreter als gültig, und haben damit im Sinne von Art. 8 des Wiener Übereinkommens nachträglich die Unterzeichnung dieser Resolution, die die Gründung der Klägerin bezweckte, bestätigt.
289 Folglich hat die Kommission den angefochtenen Beschluss insoweit rechtsfehlerhaft erlassen, als sie sich wegen fehlender Vollmachten der Teilnehmer der Sitzung desselben Tages geweigert hat, die Resolution vom 25. November 1994 als internationales Abkommen einzustufen, da die Unterzeichnung der genannten Resolution nachträglich von mindestens zwei Staaten bestätigt worden ist. Somit ist diesem Argument zuzustimmen.
iii) Zum dritten Argument: Rechtsfehler in Bezug auf das Erfordernis von Unterzeichnungs- oder Ratifikationsurkunden für die Resolution vom 25. November 1994
290 Zur Stützung des dritten Arguments macht die Klägerin geltend, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss im Hinblick auf bestimmte im Wiener Übereinkommen niedergelegte Grundsätze des Völkerrechts rechtsfehlerhaft erlassen habe, indem sie von den zum rechtlichen Status der Klägerin befragten Staaten den Nachweis der Unterzeichnung der Gründungsurkunde der Klägerin oder die Vorlage einer Ratifikationsurkunde verlangt habe, obwohl aus den der Kommission vorliegenden Akten hervorgehe, dass die Resolution vom 25. November 1994 von ihren Gründungsstaaten ordnungsgemäß genehmigt und unterzeichnet worden sei und obwohl eine internationale Organisation in der Praxis nicht immer durch ein förmliches Abkommen gegründet werde.
291 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 11 des Wiener Übereinkommens die Zustimmung eines Staates, durch einen Vertrag gebunden zu sein, durch Unterzeichnung, Austausch von Urkunden, die einen Vertrag bilden, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt oder auf eine andere vereinbarte Art ausgedrückt werden kann.
292 Insbesondere sieht Art. 12 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens vor, dass die Zustimmung eines Staates, durch einen Vertrag gebunden zu sein, durch Unterzeichnung seitens seines Vertreters ausgedrückt wird, wenn der Vertrag vorsieht, dass der Unterzeichnung diese Wirkung zukommen soll, wenn anderweitig feststeht, dass die Verhandlungsstaaten der Unterzeichnung einvernehmlich diese Wirkung beilegen wollten, oder wenn die Absicht des Staates, der Unterzeichnung diese Wirkung beizulegen, aus der Vollmacht seines Vertreters hervorgeht oder während der Verhandlung zum Ausdruck gebracht wurde.
293 Darüber hinaus sieht Art. 12 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens vor, dass im Sinne von Abs. 1 desselben Artikels die Paraphierung des Textes als Unterzeichnung des Vertrags gilt, wenn feststeht, dass die Verhandlungsstaaten dies so vereinbart haben, und dass die Unterzeichnung eines Vertrags ad referendum durch den Vertreter eines Staates als unbedingte Vertragsunterzeichnung gilt, wenn sie von dem Staat bestätigt wird.
294 Im vorliegenden Fall geht aus Nr. 6 der Resolution vom 25. November 1994 und dem Protokoll vom 29. November 1994 hervor, dass die Teilnehmer der Sitzung vom 25. November 1994 aufgefordert wurden, die Resolution zu unterzeichnen.
295 Soweit die Unterzeichnung eines Abkommens nach dem Wiener Übereinkommen eine der Modalitäten darstellt, mit denen ein Staat seine Zustimmung ausdrücken kann, durch dieses Abkommen gebunden zu sein, hat die Kommission im Hinblick auf Art. 12 dieses Übereinkommens also keinen Rechtsfehler begangen, indem sie die Staaten, die Mitglieder der Klägerin sein sollen, hierzu befragte und die Vorlage etwaiger Unterzeichnungsurkunden verlangte.
296 Zweitens sieht Art. 14 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens vor, dass die Zustimmung eines Staates, durch einen Vertrag gebunden zu sein, durch Ratifikation ausgedrückt wird, wenn der Vertrag vorsieht, dass diese Zustimmung durch Ratifikation ausgedrückt wird, wenn anderweitig feststeht, dass die Verhandlungsstaaten die Ratifikation einvernehmlich für erforderlich hielten, wenn der Vertreter des Staates den Vertrag unter Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet hat oder wenn die Absicht des Staates, den Vertrag unter Vorbehalt der Ratifikation zu unterzeichnen, aus der Vollmacht seines Vertreters hervorgeht oder während der Verhandlungen zum Ausdruck gebracht wurde.
297 Im vorliegenden Fall geht weder aus der Resolution vom 25. November 1994 noch dem Protokoll vom 29. November 1994 hervor, dass die Teilnehmer der Sitzung vom 25. November 1994 vorgesehen hätten, die Resolution zu ratifizieren.
298 Der Wille, eine Ratifikation vorzunehmen, hätte jedoch entsprechend den in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b bis d des Wiener Übereinkommens vorgesehenen Fällen von den Vertretern der betroffenen Staaten und internationalen Organisationen während der Verhandlungen oder bei der Unterzeichnung ausgedrückt werden können.
299 Folglich kann die Klägerin der Kommission auch nicht vorwerfen, dass sie die Staaten, die die Klägerin als ihre Mitglieder betrachtete, nach einer Ratifikationsurkunde befragt hat, um festzustellen, ob sie zugestimmt hatten, durch die Resolution vom 25. November 1994 gebunden zu sein.
300 Folglich ist dieses dritte Argument als unbegründet zurückzuweisen.
iv) Zur Auswirkung der Begründetheit des ersten und des zweiten Arguments der vorliegenden Rüge auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses
301 Aus den vorstehenden Rn. 274 und 289 ergibt sich, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss insoweit rechtsfehlerhaft erlassen hat, als sie die Resolution vom 25. November 1994 nicht als internationales Abkommen angesehen hat.
302 Diese Rechtsfehler haben jedoch in diesem Stadium der Prüfung des Vorbringens der Klägerin keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses, da sie die in der Finanzregelung der Union vorgesehene Voraussetzung unberührt lassen, nach der die Klägerin, um den Unionshaushalt nach dem für internationale Organisationen vorgesehenen Modus der indirekten Mittelverwaltung ausführen zu können, durch ein internationales Abkommen gegründet worden sein muss, das die Errichtung der Klägerin in Form einer internationalen Organisation bezweckte.
303 Daher könnten die oben in den Rn. 274 und 289 festgestellten Rechtsfehler für sich genommen nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen.
2) Zur zweiten Rüge: Auslegungsfehler in Bezug auf die Absicht der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994, der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zu verleihen
304 Zur Begründung dieser Rüge macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss in Bezug auf den Inhalt der Resolution vom 25. November 1994 rechtsfehlerhaft erlassen habe, indem sie angenommen habe, dass dieser Rechtsakt nicht die Errichtung einer internationalen Organisation, sondern eines gemeinsam finanzierten Übergangsmechanismus zum Ziel gehabt habe.
305 Insofern ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens, der Ausdruck des Völkergewohnheitsrechts ist, ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Licht seines Ziels und Zwecks auszulegen ist (vgl. Urteil vom 11. März 2015, Oberto und O’Leary, C‑464/13 und C‑465/13, EU:C:2015:163, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
306 Erstens ist festzustellen, dass die Resolution vom 25. November 1994 die Klägerin nicht als internationale Organisation bezeichnet und auch nicht ihren rechtlichen Status festlegt.
307 Zweitens hat die Resolution vom 25. November 1994 der Klägerin nicht einmal Rechtspersönlichkeit durch eine Klausel verliehen, der zufolge sie befugt wäre, Abkommen zu schließen oder vor Gericht aufzutreten.
308 Drittens hat die Resolution vom 25. November 1994 auch nicht vorgesehen, dass die Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeiten Immunität genieße, wohingegen nach der oben in den Rn. 209 und 210 angeführten Rechtsprechung internationale Organisationen bei der Ausübung ihrer Aufgaben grundsätzlich Immunität genießen und diese in ihren Gründungsverträgen vorgesehen ist.
309 Viertens geht aus dem Wortlaut der Resolution vom 25. November 1994 hervor, dass ihre Unterzeichner mit der Gründung der Klägerin nicht beabsichtigten, eine Organisation zu schaffen, die mit allen für ihr Funktionieren erforderlichen Mitteln und den besten Garantien für Stabilität, Dauerhaftigkeit und Wirksamkeit bei der Ausübung ihrer Aufgaben ausgestattet ist, sondern einen fakultativen Mechanismus, der den Vertragsparteien zur Verfügung steht und den jede von ihnen nach Belieben nutzen kann.
310 Was zunächst die Stabilität und Dauerhaftigkeit der Aufgaben der Klägerin betrifft, so sah Nr. 3 der Resolution vom 25. November 1994 vor, dass der Lenkungsausschuss alle sechs Monate neu bewerten sollte, ob die Notwendigkeit bestehe, die Tätigkeit der Klägerin aufrechtzuerhalten, während nach Nr. 5 derselben Resolution die an ihm beteiligten Staaten entscheiden sollten, die Klägerin entweder in den umfassenden Rahmen für den Wiederaufbau von Bosnien-Herzegowina zu integrieren oder die Tätigkeit der Klägerin schrittweise zu beenden.
311 Was sodann die Wirksamkeit der Aufgaben der Klägerin betrifft, so erwähnt Nr. 3 der Resolution vom 25. November 1994 zwar die regelmäßige Zahlung von Beiträgen zu ihren Gunsten seitens der Staaten und internationalen Organisationen, die Parteien dieser Resolution sind, doch erlegt sie den genannten Staaten und Organisationen keine Pflichtbeiträge auf, um den Haushalt der Klägerin zu decken. Im Gegenteil: Die Resolution sieht ausdrücklich die Freiwilligkeit von finanziellen Beiträgen oder Sachleistungen der Mitglieder der Klägerin vor.
312 Schließlich sah die Resolution vom 25. November 1994 keine Übertragung bindender Befugnisse durch die an der Resolution beteiligten Staaten und Organisationen auf die Klägerin vor; vielmehr blieb es diesen Staaten und Organisationen freigestellt, der Resolution beizutreten, ihr einseitig und zu einem ihnen geeignet erscheinenden Zeitpunkt den Rücken zu kehren und sie durch andere Kommunikationskanäle zu ersetzen.
313 Fünftens wird die Auslegung des Wortlauts und des Zwecks der Resolution vom 25. November 1994, nach der ihre Verfasser nicht die Absicht hatten, mit der Klägerin eine internationale Organisation zu gründen, durch den Zusammenhang bestätigt, in dem die Resolution verabschiedet wurde, wie aus mehreren Dokumenten in der Akte hervorgeht.
314 Zunächst geht aus dem Protokoll vom 29. November 1994 hervor, dass auf der Sitzung der Arbeitsgruppe für humanitäre Fragen der Konferenz über das ehemalige Jugoslawien vom 25. November 1994 mehrere Staaten, darunter Deutschland, Finnland, Norwegen und Russland, sowie das Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft (ECHO) Vorbehalte gegen eine Initiative geäußert haben, die zur Schaffung eines neuen institutionalisierten Gremiums geführt hätte, und den Übergangscharakter der Tätigkeit der Klägerin betont haben. Zudem hat keiner der Teilnehmer an dieser Sitzung die Klägerin als internationale Organisation bezeichnet.
315 Sodann beruft sich die Klägerin auf ein Dokument mit dem englischen Titel „Terms of reference of IMG‑IBH“ (Auftragsbeschreibung der IMG‑IBH), welches nach dem Verständnis des Gerichts eine Anlage zur Resolution vom 25. November 1994 darstellt. Insbesondere werden in diesem Dokument die Aufgaben der Klägerin genannt, die im Hoheitsgebiet von Bosnien-Herzegowina in den Bereichen Energie, Leistungsverwaltung, Unterbringung und Wohnraum darin bestanden, Informationen zu sammeln, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu ermitteln, vorrangige Bereiche zu bestimmen, die eine rasche internationale Unterstützung erforderten, Programme oder Projekte zu identifizieren und auszuarbeiten, die von der internationalen Gemeinschaft finanziert werden konnten, und die Staaten und internationalen Institutionen bei der Finanzierung von Programmen oder Projekten zu unterstützen.
316 Diese Auftragsbeschreibung der IMG‑IBH äußert sich jedoch nicht zum rechtlichen Status der Klägerin und verleiht ihr auch nicht die Befugnis, internationale Abkommen zu schließen.
317 Des Weiteren beschränkt sich die Bestätigung vom 14. Dezember 1994 des Koordinators der UNHCR-Sonderoperation im ehemaligen Jugoslawien, der die Sitzung vom 25. November 1994 geleitet hatte, in deren Verlauf die Resolution vom selben Tag verabschiedet wurde, darauf, die formelle Gründung der Klägerin in dieser Sitzung festzuhalten, ohne näher darauf einzugehen, ob diese Initiative der Klägerin Rechtspersönlichkeit und gegebenenfalls den Status einer internationalen Organisation verleihen sollte.
318 Schließlich geht aus der Einladung zur Sitzung vom 25. November 1994 hervor, dass der Zweck dieser Sitzung darin bestand, die Umstrukturierung der Vorgängereinrichtung der Klägerin sowie ihren künftigen Status zu prüfen, und nicht darin, eine internationale Organisation zu gründen.
319 Folglich ist der Kommission in dem angefochtenen Beschluss kein Rechtsfehler unterlaufen, als sie davon ausging, dass die Resolution vom 25. November 1994 weder bezweckte noch bewirkte, der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zu verleihen; somit ist die vorliegende Rüge und ist folglich der zweite Teil des vierten Klagegrundes insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
d) Zum dritten Teil: Rechtsfehler in Bezug auf die spätere Übung der Unterzeichner der Resolution vom 25 . November 1994 und die Anerkennung des Status einer internationalen Organisation durch die Union und bestimmte Staaten
320 Der dritte Teil des vierten Klagegrundes besteht im Wesentlichen aus drei Rügen, mit denen erster ein Rechtsfehler der Kommission insoweit geltend gemacht wird, als diese es abgelehnt habe, der Klägerin ungeachtet der späteren Übung ihrer Mitglieder den Status einer internationalen Organisation zuzuerkennen. Mit der zweiten Rüge wird ein Rechtsfehler der Kommission dahin gehend geltend gemacht, dass sie nicht berücksichtigt habe, dass die Union und einige Staaten die Klägerin als internationale Organisation anerkannt hätten, und mit der dritten Rüge ein Rechtsfehler der Kommission dahin gehend, dass sie nicht berücksichtigt habe, dass die Mitglieder der Klägerin sie nicht aufgelöst hätten und sie den Grundsatz der Spezialität erfülle.
1) Zur ersten Rüge: Rechtsfehler in Bezug auf die spätere Übung der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994
321 Zur Begründung dieser Rüge macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass – selbst wenn sie nicht durch ihren Gründungsakt als internationale Organisation errichtet worden sei – die Kommission dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass sie sich geweigert habe, anzuerkennen, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der späteren Übung der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 und insbesondere ihrer Mitglieder schrittweise den Status einer ständigen internationalen Organisation erlangt habe. Ihre ursprüngliche Satzung sei in den Jahren 2008 und 2012 nämlich geändert worden, um sie mit den Mitteln und Vorrechten einer internationalen Organisation auszustatten, die für die Fortsetzung ihrer Tätigkeit und die Durchführung ihrer Aktivitäten angemessen gewesen seien.
322 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten hat, aus den Antworten der befragten Staaten gehe hervor, dass die spätere Übung nach der Annahme der Resolution vom 25. November 1994 keine umfassende und eindeutige Anerkennung des Status der Klägerin als internationale Organisation durch die Staaten und die internationalen Organisationen, die ihre Mitglieder sein sollten, belege.
323 In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass sich aus Art. 31 Abs. 3 Buchst. a und b des Wiener Übereinkommens ergibt, dass bei der Auslegung eines Vertrags außer seinem Zusammenhang in gleicher Weise insbesondere jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen und jede spätere Übung bei der Anwendung dieses Vertrags, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht, zu berücksichtigen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Polisario-Front, C‑104/16 P, EU:C:2016:973, Rn. 120).
324 Insbesondere kann nach der Rechtsprechung nicht davon ausgegangen werden, dass Instrumente eine spätere Übereinkunft oder Übung darstellen, die die Übereinstimmung der Vertragsparteien über die Auslegung eines Vertrags im Sinne von Art. 31 Abs. 3 Buchst. a und b des Wiener Übereinkommens belegen, wenn diese Instrumente ohne die Unterstützung seitens aller Vertragsstaaten dieses Vertrags angenommen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 31. März 2014, Whaling in the Antarctic [Australia v. Japan; New Zealand intervening], ICJ Reports 2014, S. 226, Rn. 83).
325 Darüber hinaus können nach Art. 32 des Wiener Übereinkommens ergänzende Auslegungshilfen, insbesondere die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsabschlusses, herangezogen werden, um die sich unter Anwendung von Art. 31 ergebende Bedeutung zu bestätigen oder die Bedeutung zu bestimmen, wenn die Auslegung nach Art. 31 insbesondere die Bedeutung mehrdeutig oder dunkel lässt oder zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt.
326 In einem solchen Fall besteht nach den Schlussfolgerungen der Völkerrechtskommission zu späteren Übereinkünften und späterer Praxis in der Anlage zur Resolution 73/202 der Generalversammlung vom 20. Dezember 2018 (von der Völkerrechtskommission auf ihrer 70. Tagung im Jahr 2018 angenommener, der Generalversammlung im Rahmen ihres Berichts über die Arbeiten dieser Tagung [A/73/10] vorgelegter Text) eine spätere Praxis aus einem Verhalten einer oder mehrerer Parteien bei der Anwendung des Vertrags nach dessen Abschluss.
327 Anhand dieser Bestimmungen und Grundsätze hat das Gericht zu prüfen, ob sich die Klägerin zur Stützung der vorliegenden Rüge auf die spätere Übung ihrer Mitglieder berufen kann, wie sie sich aus ihrer ursprünglichen Satzung und deren Änderungen in den Jahren 2008 und 2012 ergibt.
328 Aus der Prüfung der zweiten Rüge im zweiten Teil des vierten Klagegrundes geht hervor, dass die Bestimmungen der Resolution vom 25. November 1994 insofern, als sie die Klägerin nicht als internationale Organisation errichtet haben, weder dunkel noch mehrdeutig sind und auch nicht zu einer offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Auslegung im Sinne von Art. 32 des Wiener Übereinkommens führen.
329 Daher kommt es für den Nachweis, dass spätere Übereinkünfte oder eine spätere Praxis der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 die Auslegung der Bestimmungen dieser Resolution geändert hätten, um der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zu verleihen, darauf an, ob alle Unterzeichner dieser Resolution oder zumindest alle Mitglieder der Klägerin eine solche Änderung genehmigt haben, und zwar im Einklang mit der oben in Rn. 324 angeführten Rechtsprechung.
330 Im vorliegenden Fall verlieh zwar zum einen die ursprüngliche Satzung der Klägerin Rechtspersönlichkeit und sah vor, dass ein Teil ihrer Mitarbeiter von den Reglungen zur Immunität profitieren sollte, die der UNHCR genießt, und zum anderen bezeichnete Art. 1 ihrer Satzung aus dem Jahr 2012 sie als internationale Organisation.
331 Allerdings hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihre ursprüngliche Satzung und ihre Satzung von 2012 den Willen aller Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 oder zumindest ihrer Mitglieder zum Ausdruck brächten, ihr den Status einer internationalen Organisation zu verleihen, was zur Folge gehabt hätte, dass die Kommission diese Instrumente als spätere Übereinkünfte oder spätere Übung im Sinne von Art. 31 Abs. 3 Buchst. a und b des Wiener Übereinkommens hätte anerkennen müssen.
332 Vielmehr geht erstens in Bezug auf die ursprüngliche Satzung aus dem Protokoll der Sitzung des Lenkungsausschusses vom 13. Februar 1995, an der unter der Schirmherrschaft des UNHCR Vertreter Dänemarks, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Finnlands, Schwedens, des Vereinigten Königreichs, Norwegens sowie der Europäischen Gemeinschaft zur Ausarbeitung dieser Satzung teilnahmen, hervor, dass auf eine Frage Finnlands hin ein Vertreter des UNHCR betont hat, dass die Klägerin für eine zeitlich begrenzte Aufgabe gegründet worden sei, dass nicht beabsichtigt sei, eine vollwertige internationale Organisation zu schaffen, und dass die Satzung der Klägerin für die Staaten, die sie genehmigten, nicht denselben rechtsverbindlichen Charakter hätte wie derjenige, der sich im Fall einer Ratifikation der Gründungsurkunde durch alle betroffenen Staaten ergeben hätte.
333 Darüber hinaus geht aus einem Schreiben der finnischen Behörden vom 29. April 2014 hervor, dass auf der Sitzung des Lenkungsausschusses vom 10. März 1995, auf der die ursprüngliche Satzung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der Mitglieder dieses Ausschusses genehmigt wurde, der Vertreter Finnlands die Satzung aufgrund von Zweifeln an der Rechtsnatur dieses Dokuments nicht unterzeichnet hat und dass Finnland schließlich aufgrund der Zusicherungen des oben in Rn. 332 genannten UNHCR-Vertreters die Satzung auf der Sitzung des Lenkungsausschusses vom 19. Juni 1995 unterzeichnet und dabei eine Erklärung abgegeben hat, der zufolge Finnland davon ausgehe, dass die Satzung der Klägerin politischer Natur sei.
334 Angesichts der Stellungnahmen des UNHCR und Finnlands bei der Annahme der ursprünglichen Satzung der Klägerin geht somit aus den Umständen, unter denen die Satzung angenommen wurde, nicht hervor, dass sie den Willen aller Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 oder der Mitglieder der Klägerin widerspiegele, ihr den Status einer internationalen Organisation zu verleihen.
335 Zweitens hat die Klägerin in Bezug auf die 2012 verabschiedete Satzung in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass diese von Frankreich, Italien, Finnland, Schweden und Norwegen unterzeichnet worden sei.
336 Zunächst ist jedoch festzustellen, dass sich daraus – selbst wenn man die Behauptung der Klägerin als erwiesen ansieht – ergibt, dass die Satzung von 2012 nicht mit der Unterstützung aller Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 angenommen wurde.
337 Sodann geht aus den Akten auch nicht hervor, dass bei Annahme der Satzung der Klägerin im Jahr 2012 nur Frankreich, Italien, Finnland, Schweden und Norwegen Mitglieder der Klägerin gewesen wären, so dass diese Satzung als Ausdruck des einstimmigen Einvernehmens der Mitglieder der Klägerin zu diesem Zeitpunkt, ihr den Status einer internationalen Organisation zuzuerkennen, angesehen werden müsste.
338 Selbst wenn man schließlich davon ausgeht, dass die Klägerin bei der Annahme der Satzung von 2012 nur die fünf oben in Rn. 335 genannten Staaten als Mitglieder gehabt hätte, geht aus den Stellungnahmen dieser Staaten als Reaktion auf die Untersuchung des OLAF und das von der Kommission im Hinblick auf den Erlass des angefochtenen Beschlusses eingeleitete Konsultationsverfahren hervor, dass sie der Klausel der Satzung von 2012 widersprechen, mit der der Klägerin der Status einer internationalen Organisation zuerkannt wurde.
339 Denn zum einen geht aus dem Schreiben der schwedischen Behörden an das OLAF vom 23. Juni 2014 sowie aus der Antwort dieser Behörden an die Kommission vom 2. Juli 2020 hervor, dass Schweden der Auffassung war, die Klägerin sei keine internationale Organisation, und zwar obwohl der schwedische Botschafter in Belgrad die Satzung der Klägerin von 2012 in seiner Eigenschaft als Vorsitzender ihres Lenkungsausschusses – später Ständiger Ausschuss – unstreitig unterzeichnet hatte.
340 Zum anderen geht aus den Antworten, die Frankreich, Italien, Finnland und Norwegen im Rahmen der OLAF‑Untersuchung gegeben haben, sowie aus ihren Antworten an die Kommission vom 22. Juli, 13. März, 14. Januar 2020 bzw. 20. Dezember 2019 hervor, dass diese Staaten der Auffassung sind, dass die Klägerin keine internationale Organisation sei.
341 Angesichts der Stellungnahmen von Frankreich, Italien, Finnland, Schweden und Norwegen geht somit aus den Akten nicht hervor, dass die Klausel in der Satzung von 2012, wonach die Klägerin eine internationale Organisation sei, den klaren und unmissverständlichen Willen dieser Staaten widerspiegele, ihr einen solchen Status zu verleihen.
342 Drittens ist festzustellen, dass selbst unter der Annahme, dass die ursprüngliche Satzung der Klägerin und ihre Satzung von 2012 mit der Unterstützung aller Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 oder zumindest ihrer Mitglieder angenommen worden wären, aus der Entwicklung dieser Satzung hervorgeht, dass diese Mitglieder der Klägerin bei der Annahme der neuen Satzungen in den Jahren 2008 und 2012 zwar beabsichtigten, der Klägerin eine gewisse Stabilität und die Kontinuität ihrer Tätigkeit zu garantieren, sie jedoch nicht ihre Eigenschaft als fakultativen, gemeinsam finanzierten Mechanismus, den jedes Mitglied nach Belieben nutzen kann, abänderten.
343 Insbesondere haben die Mitglieder der Klägerin bei der Annahme der Satzungen von 2008 und 2012 weder die auf freiwilligen Beiträgen beruhende Art der Finanzierung der Klägerin geändert noch haben sie ihr bindende Befugnisse übertragen, so dass es ihnen weiterhin freigestellt ist, ihr zu einem ihnen geeignet erscheinenden Zeitpunkt einseitig den Rücken zu kehren und sie durch andere Kommunikationskanäle zu ersetzen.
344 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Bedeutung der Klauseln der ursprünglichen Satzung bezüglich der Immunitäten und der Rechtspersönlichkeit der Klägerin sowie die Bedeutung der Klausel der Satzung von 2012, wonach die Klägerin eine internationale Organisation sei, mehrdeutig im Sinne von Art. 32 des Wiener Übereinkommens ist.
345 Darüber hinaus geht aus den Antworten der von der Kommission befragten Staaten hervor, dass von den Mitgliedern der Klägerin nur Österreich der Ansicht ist, dass die Klägerin als internationale Organisation anerkannt werden könne.
346 Folglich ist der Kommission kein Rechtsfehler unterlaufen, als sie in dem angefochtenen Beschluss die Auffassung vertrat, dass die spätere Übung nach der Annahme der Resolution vom 25. November 1994 und der anschließenden Annahme der ursprünglichen Satzung sowie der Satzung von 2012 keine ausreichend umfassende und eindeutige Anerkennung der Eigenschaft der Klägerin als internationale Organisation sowohl durch die Unterzeichner dieser Resolution als auch durch die Mitglieder der Klägerin belege.
347 Daher ist die vorliegende Rüge als unbegründet zurückzuweisen.
2) Zur zweiten Rüge: Rechtsfehler der Kommission wegen Nichtberücksichtigung der Anerkennung der Klägerin als internationale Organisation durch die Union und einige Staaten
348 Diese Rüge setzt sich aus zwei Argumenten zusammen, die sich erstens auf einen Verstoß gegen die Art. 27 und 46 des Wiener Übereinkommens stützen und zweitens auf einen Rechtsfehler der Kommission, indem diese die von der Klägerin geschlossenen Sitzabkommen nicht berücksichtigt habe.
i) Zum ersten Argument: Verstoß der Kommission gegen die Art. 27 und 46 des Wiener Übereinkommens, indem sie die Klägerin nicht mehr als internationale Organisation anerkannt habe
349 Zur Stützung des ersten Arguments macht die Klägerin geltend, dass der Abschluss von Vereinbarungen zwischen ihr und der Kommission über die gemeinsame oder indirekte Mittelverwaltung zwangsläufig der Kommission die Verpflichtung auferlege, ihren Status als internationale Organisation in Anwendung der Art. 27 und 46 des Wiener Übereinkommens anzuerkennen.
350 In diesem Zusammenhang ist erstens darauf hinzuweisen, dass das Wiener Übereinkommen gemäß Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a internationale Übereinkünfte regelt, die in Schriftform zwischen Staaten geschlossen und vom Völkerrecht bestimmt werden. So findet das Wiener Übereinkommen nach Art. 3 keine Anwendung auf internationale Übereinkünfte zwischen Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten wie der Union.
351 Folglich kann die Klägerin der Kommission zur Stützung dieses Arguments nicht mit Erfolg vorwerfen, gegen die Art. 27 und 46 des Wiener Übereinkommens verstoßen zu haben, dessen Bestimmungen nicht unmittelbar auf die Union anwendbar sind.
352 Sollte die Klägerin zweitens beabsichtigt haben, sich auf die in den Art. 27 und 46 des Wiener Übereinkommens enthaltenen Grundsätze des Völkerrechts zu berufen, insbesondere auf Art. 27 Abs. 2 und 3 und Art. 46 Abs. 2 und 3 des Wiener Übereinkommens vom 21. März 1986 über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen (Official Records of the United Nations Conference on the Law of Treaties between States and International Organizations or between International Organizations , Bd. II, S. 91), so ergibt sich aus diesen Grundsätzen zum einen, dass eine internationale Organisation, die Vertragspartei eines Vertrags ist, sich nicht auf die Vorschriften der Organisation berufen kann, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen, und zum anderen nicht darauf, dass ihre Zustimmung, durch einen Vertrag gebunden zu sein, unter Verletzung der Vorschriften der Organisation über die Zuständigkeit zum Abschluss von Verträgen ausgedrückt wurde und daher ungültig sei, sofern nicht die Verletzung offenkundig war und eine Vorschrift von grundlegender Bedeutung betraf.
353 Da die Resolution vom 25. November 1994 ihre Unterzeichner weder verpflichtete, der Klägerin beizutreten, noch diese als internationale Organisation einstufte, kann der Kommission zunächst nicht vorgeworfen werden, dass sie durch den Erlass des angefochtenen Beschlusses die Resolution nicht befolgt hätte, selbst wenn sie sie ordnungsgemäß genehmigt oder unterzeichnet hätte.
354 Zudem ergibt sich aus der Prüfung der ersten Rüge dieses Teils, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, sich auf den Status einer internationalen Organisation aufgrund späterer Übung nach Annahme der Resolution vom 25. November 1994 oder der Satzung zu berufen.
355 Jedenfalls ergibt sich aus der vorstehenden Rn. 253, dass die Union während des Zeitraums, in dem der angefochtene Beschluss wirksam war, nicht mehr Mitglied des Lenkungsausschusses der Klägerin war, da die Kommission ab dem 20. Mai 2003 nicht mehr in diesem Ausschuss vertreten war.
356 Daher war die Kommission, selbst wenn sie der Klägerin im Jahr 1994 oder später ordnungsgemäß beigetreten wäre, zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Beschlusses von jeder Verpflichtung entbunden, ihr den Status einer internationalen Organisation zuzuerkennen, der sich aus einer etwaigen späteren Übung nach Annahme der Resolution vom 25. November 1994 oder ihrer Satzung ergeben hätte.
357 Sodann geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht hervor, dass die Kommission – auch wenn sie bestreitet, der Resolution vom 25. November 1994 ordnungsgemäß beigetreten zu sein – den genannten Beschluss mit der Begründung erlassen hätte, dass ihre Zustimmung, durch die Resolution gebunden zu sein, unter Verletzung der Vorschriften der Union über die Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Verträge erklärt worden wäre.
358 Insbesondere geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht hervor, dass er auf die in Art. 46 des Wiener Übereinkommens und in Art. 46 Abs. 2 und 3 des Wiener Übereinkommens vom 21. März 1986 über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen niedergelegten Grundsätze gestützt wäre.
359 Folglich ist das vorliegende Argument zurückzuweisen.
ii) Zum zweiten Argument: Rechtsfehler der Kommission wegen Nichtberücksichtigung der von der Klägerin geschlossenen Sitzabkommen
360 Zur Stützung des zweiten Arguments macht die Klägerin geltend, dass der Kommission in dem angefochtenen Beschluss dadurch ein Rechtsfehler unterlaufen sei, dass sie es abgelehnt habe, die Antworten Belgiens und Österreichs insoweit zu berücksichtigen, als diese Staaten sich auf die von der Klägerin geschlossenen Sitzabkommen bezögen, da solche Abkommen die Anerkennung ihres Status als internationale Organisation durch die Unterzeichnerstaaten unabhängig davon zum Ausdruck brächten, ob sie Mitglieder dieser Organisation seien oder nicht. So beruft sich die Klägerin auf die Unterzeichnung von Sitzabkommen mit Belgien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Myanmar/Burma und Serbien.
361 In diesem Zusammenhang hat Österreich in seiner Antwort an die Kommission vom 8. April 2020 zwar angegeben, dass die spätere Übung nach Annahme der Resolution vom 25. November 1994 und der Satzung der Klägerin, insbesondere der Abschluss von Sitzabkommen, darauf hindeute, dass die Klägerin internationale Rechtspersönlichkeit in dem für die Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Umfang erlangt habe. Außerdem hat Belgien in seiner Antwort an die Kommission vom 30. Juni 2020 das Sitzabkommen erwähnt, das es mit der Klägerin geschlossen habe.
362 Indessen geht aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission der Ansicht war, dass die Anerkennung des Status der Klägerin als internationale Organisation durch Staaten, die nicht Mitglieder dieser Einrichtung seien, nicht ausreiche, um festzustellen, dass die Klägerin die Kriterien für die Definition internationaler Organisationen erfülle, die im Völkerrecht, insbesondere durch die im Artikelentwurf niedergelegten Grundsätze, festgelegt seien.
363 Insoweit geht aus den vorstehenden Rn. 204 bis 212 und 323 bis 325 hervor, dass sich die Anerkennung des Status einer internationalen Organisation aus der Willensübereinstimmung der Staaten und gegebenenfalls der internationalen Organisationen ergibt, die Vertragsparteien des Abkommens zur Gründung der betreffenden Organisation sind, wobei diese Absicht eindeutig aus diesem Gründungsabkommen, aus späteren Abkommen oder aus der späteren Übung zu diesem Gründungsabkommen hervorgehen muss, vorausgesetzt, dass diese späteren Abkommen und diese spätere Übung eine solche Anerkennung durch alle Parteien des Gründungsabkommens zum Ausdruck bringen.
364 Der Umstand, dass Staaten, die dem Gründungsabkommen einer Organisation nicht beigetreten und nicht oder nicht mehr Mitglieder dieser Organisation sind, diese als internationale Organisation betrachten, kann somit keine Verpflichtung für die Kommission nach sich ziehen, dieser Organisation den Status einer internationalen Organisation zuzuerkennen, um ihr insbesondere zu gestatten, den Unionshaushalt in indirekter Mittelverwaltung auszuführen.
365 Folglich ist der Kommission kein Rechtsfehler unterlaufen, als sie bei Erlass des angefochtenen Beschlusses die Sitzabkommen, die die Klägerin mit den oben in Rn. 360 genannten Staaten geschlossen hat, nicht berücksichtigte; somit ist das vorliegende Argument als unbegründet zurückzuweisen.
3) Zur dritten Rüge: Rechtsfehler der Kommission wegen Nichtberücksichtigung dessen, dass die Mitglieder der Klägerin sie nicht aufgelöst hätten und sie den Grundsatz der Spezialität erfülle
366 Zur Stützung der dritten Rüge macht die Klägerin geltend, die Kommission habe den angefochtenen Beschluss dadurch rechtsfehlerhaft erlassen, dass sie zum einen nicht berücksichtigt habe, dass die Staaten, die sie gegründet hätten, sie trotz ihres ursprünglich vorübergehenden Charakters nie aufgelöst hätten, und zum anderen nicht berücksichtigt habe, dass sie dem Grundsatz der Spezialität entspreche.
367 In dieser Hinsicht haben die Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994, die der Klägerin beigetreten sind, bei der Annahme der Satzungen von 2008 und 2012 zwar beabsichtigt, der Klägerin eine gewisse Stabilität zu verleihen und ihr spezielle Aufgaben in den Bereichen Wiederaufbau und Entwicklung zu übertragen, die über das Hoheitsgebiet von Bosnien-Herzegowina hinausgingen.
368 Jedoch ergibt sich aus der Prüfung der zweiten Rüge des zweiten Teils des vorliegenden Klagegrundes und der ersten Rüge des vorliegenden Teils, dass weder die Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 noch die Mitglieder der Klägerin einstimmig oder zumindest mehrheitlich die Absicht geäußert hätten, der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zu verleihen.
369 Dass die Mitglieder der Klägerin diese nicht aufgelöst haben und dass sie dem Grundsatz der Spezialität entspricht, reicht nicht aus, um eine solche Absicht zu belegen, und ist daher für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses unerheblich.
370 Daher ist die vorliegende Rüge und sind infolgedessen der dritte Teil sowie der vierte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
5. Zum zweiten und zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht bzw. die Pflicht zur Unparteilichkeit
a) Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht
371 Zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes rügt die Klägerin im Wesentlichen sieben Fehler der Kommission: erstens bei der Bestimmung der Staaten, die zum rechtlichen Status der Klägerin befragt werden sollten, zweitens in Bezug auf die Tragweite des Sitzabkommens, das die Klägerin mit den belgischen Behörden geschlossen habe, drittens bei der Definition des Begriffs „internationale Organisation“, viertens, dass sie ihr bereits vorliegende Unterlagen nicht berücksichtigt habe, fünftens Fehler aufgrund der Unvollständigkeit des Fragebogens, den die Kommission an die Staaten gerichtet habe, die Mitglieder der Klägerin gewesen sein sollen, sechstens, dass ihre Aufforderung an die befragten Staaten, das ordnungsgemäß unterzeichnete Gründungsabkommen vorzulegen, nicht zweckdienlich gewesen sei, und siebtens, dass die Kommission die befragten Staaten nicht ein zweites Mal konsultiert habe, nachdem sie die Stellungnahmen der Klägerin vom 5. und 30. März 2021 erhalten habe.
372 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Sorgfaltspflicht, die dem in Art. 41 der Charta verankerten Grundsatz der guten Verwaltung innewohnt und allgemein für das Handeln der Unionsverwaltung in ihren Beziehungen zur Öffentlichkeit gilt, die Unionsorgane verpflichtet, sorgsam und umsichtig zu handeln und alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 168 und die dort angeführte Rechtsprechung).
373 In Anbetracht des Inhalts der Sorgfaltspflicht überschneidet sich der Klagegrund der Verletzung dieser Pflicht häufig mit dem Klagegrund, mit dem ein offensichtlicher Beurteilungsfehler beanstandet wird (Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 32).
374 Denn die Sorgfaltspflicht ist von den Unionsorganen bei der Ausübung ihres Ermessens zu beachten. Wenn sich eine Partei darauf beruft, das zuständige Organ habe einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen, hat der Unionsrichter mithin zu kontrollieren, ob dieses Organ sorgsam und umsichtig alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, SGL Carbon u. a./Kommission, C‑65/21 P und C‑73/21 P bis C‑75/21 P, EU:C:2022:470, Rn. 30 und 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
375 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin im Rahmen des vierten Klagegrundes der Kommission vorgeworfen, mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler begangen zu haben; dieses Vorbringen überschneidet sich mit dem Vorbringen zur Stützung des vorliegenden Teils.
376 Da sich aber aus vorstehender Rn. 370 ergibt, dass der vierte Klagegrund, mit dem u. a. mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler geltend gemacht werden, als unbegründet zurückzuweisen ist, kann die Klägerin folglich der Kommission nicht vorwerfen, sie habe ihre Situation nicht sorgsam und umsichtig geprüft und habe dadurch beim Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen.
377 Hinsichtlich der ersten Rüge, die Kommission habe zum einen zu Unrecht die Türkei zum rechtlichen Status der Klägerin befragt und zum anderen Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Myanmar/Burma sowie Serbien nicht befragt, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin nach der Verkündung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), geweigert hat, der Kommission mitzuteilen, wer ihre Mitglieder sind.
378 In diesem Zusammenhang kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission ihre Sorgfaltspflicht verletzt habe, indem sie die Staaten befragte, die die Klägerin am 26. November 2019 auf ihrer eigenen Website als ihre Mitglieder aufgeführt hatte und zu denen die Türkei gehörte.
379 In Bezug auf Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Myanmar/Burma und Serbien, die unstreitig keine Mitglieder der Klägerin sind, ergibt sich aus der Prüfung des zweiten Arguments der zweiten Rüge im dritten Teil des vierten Klagegrundes, dass etwaige Stellungnahmen dieser Staaten zu der Frage, ob die Klägerin eine internationale Organisation sei, für den Erlass des angefochtenen Beschlusses unerheblich waren.
380 Hinsichtlich der zweiten Rüge, mit der ein Fehler der Kommission in Bezug auf die Tragweite des zwischen den belgischen Behörden und der Klägerin geschlossenen Sitzabkommens geltend gemacht wird, ergibt sich ebenfalls aus der Prüfung des zweiten Arguments der zweiten Rüge im dritten Teil des vierten Klagegrundes, dass die Tragweite dieses Abkommens für den Erlass des angefochtenen Beschlusses unerheblich war, da Belgien zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Beschlusses nicht mehr Mitglied der Klägerin war, wie aus der Prüfung des zweiten Arguments der zweiten Rüge im ersten Teil des vierten Klagegrundes hervorgeht.
381 Hinsichtlich der dritten Rüge, mit der ein Fehler der Kommission in Bezug auf die Definition des Begriffs „internationale Organisation“ geltend gemacht wird, die von der in den Leitlinien vorgesehenen Definition abweiche, ergibt sich aus der Prüfung des vierten Klagegrundes, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss nicht dadurch rechtsfehlerhaft erlassen hat, dass sie die sich insbesondere aus dem Wiener Übereinkommen und dem Artikelentwurf ergebende Definition dieses Begriffs herangezogen hat.
382 Zudem geht aus den Leitlinien nicht hervor, dass sich die Definition des Begriffs „internationale Organisation“ in diesem Dokument von derjenigen unterscheidet, auf die sich die Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses gestützt hat.
383 Hinsichtlich der vierten Rüge, die Kommission habe die ihr bereits vorliegenden Unterlagen nicht berücksichtigt, ergibt sich aus der Prüfung des vierten Klagegrundes, dass die verschiedenen von der Klägerin vorgelegten Dokumente, die zumeist dem Untersuchungsbericht des OLAF als Anlage beigefügt sind, nicht die einstimmige oder mehrheitliche Absicht der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 oder zumindest der Mitglieder der Klägerin belegen, ihr den Status einer internationalen Organisation zu verleihen.
384 Hinsichtlich der fünften Rüge, mit der die Unvollständigkeit des Fragebogens geltend gemacht wird, den die Kommission an die angeblichen Mitgliedstaaten der Klägerin gerichtet hat, geht aus diesem Fragebogen hervor, dass die Kommission die betreffenden Staaten nicht nur danach gefragt hat, ob sie Mitglieder der Klägerin seien oder gewesen seien und ob sie ein internationales oder zwischenstaatliches Abkommen unterzeichnet hätten, mit dem die Klägerin als internationale Organisation gegründet worden sei, sondern auch, ob sie der Ansicht seien, dass die Klägerin die Voraussetzungen erfülle, um als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelung der Union angesehen zu werden, so dass diese Rüge im Hinblick auf die oben in den Rn. 197 bis 212 wiedergegebene Definition des Begriffs „internationale Organisation“ als unbegründet zurückzuweisen ist.
385 Auch die sechste Rüge, dass die Aufforderung der Kommission an die befragten Staaten, das ordnungsgemäß unterzeichnete Gründungsabkommen der Klägerin vorzulegen, nicht zweckdienlich gewesen sei, ist als unbegründet zurückzuweisen, wie sich aus der Prüfung des dritten Arguments der ersten Rüge im zweiten Teil des vierten Klagegrundes ergibt.
386 Hinsichtlich der siebten Rüge, dass die Kommission die befragten Staaten nicht ein zweites Mal konsultiert habe, nachdem sie die Stellungnahmen der Klägerin vom 5. und 30. März 2021 erhalten habe, ergibt sich aus der Prüfung des vierten Klagegrundes, dass diese in der Klageschrift wiederholten Stellungnahmen nicht geeignet waren, die Schlussfolgerung der Kommission zu entkräften, wonach die Klägerin keine internationale Organisation sei.
387 Folglich hat die Kommission nicht gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, indem sie es unterließ, die von ihr befragten Staaten nach Erhalt der Stellungnahmen der Klägerin ein zweites Mal zu konsultieren; daher ist diese Rüge unbegründet.
388 Nach alledem ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
b) Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Pflicht zur Unparteilichkeit
389 Zur Stützung des dritten Teils trägt die Klägerin im Wesentlichen vier Rügen vor, mit denen sie geltend macht, dass die Kommission gegen die Pflicht zur Unparteilichkeit in ihrer objektiven Dimension verstoßen habe: erstens, indem sie an die zur Befragung ausgewählten Staaten Fragen gerichtet habe, die nicht erheblich, zweckdienlich oder mit der Rechts- bzw. der Aktenlage vereinbar gewesen seien, zweitens, indem sie dem Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), eine ihm offensichtlich nicht zukommende Bedeutung beigemessen und vorgetragen habe, sie sei verpflichtet, eine Neubewertung des rechtlichen Status der Klägerin vorzunehmen, wodurch die Antworten dieser Staaten beeinflusst worden seien, drittens, indem sie gegenüber der Klägerin unzutreffende Äußerungen gemacht habe, und viertens, indem sie Druck auf diese Staaten ausgeübt habe, um Antworten zu erhalten, die ihre Position stärker stützen würden.
390 In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass es den Organen obliegt, dem Erfordernis der Unparteilichkeit in seinen beiden Ausprägungen Rechnung zu tragen, nämlich zum einen der subjektiven Unparteilichkeit, wonach kein Mitglied des befassten Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen der objektiven Unparteilichkeit, wonach das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile auszuschließen (vgl. Beschluss vom 24. Mai 2022, Puigdemont i Casamajó u. a./Parlament und Spanien, C‑629/21 P(R), EU:C:2022:413, Rn. 199 und die dort angeführte Rechtsprechung).
391 Insbesondere wenn die klagende Partei einen Verstoß gegen die objektive Unparteilichkeit geltend macht, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass es nicht erforderlich ist, eine mangelnde Unparteilichkeit darzutun, um nachzuweisen, dass die Organisation eines Verwaltungsverfahrens keine hinreichenden Garantien bietet, um jeden berechtigten Zweifel in Bezug auf etwaige Vorurteile auszuschließen, sondern es genügt, dass insoweit ein berechtigter Zweifel besteht und nicht ausgeräumt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. März 2019, August Wolff und Remedia/Kommission, C‑680/16 P, EU:C:2019:257, Rn. 37).
392 Was zunächst die erste Rüge betrifft, dass die Kommission an die befragten Staaten nicht zweckdienliche, unerhebliche und nicht mit dem Recht bzw. der Aktenlage vereinbare Fragen gerichtet habe, geht aus den Akten nicht hervor, dass im Hinblick auf die oben in den Rn. 197 bis 212 genannte Definition des Begriffs der „internationalen Organisation“ die Fragen der Kommission an die zur Befragung ausgewählten Staaten, die sich auf eine etwaige Unterzeichnung oder Ratifikation des Gründungsabkommens der Klägerin sowie auf Vollmachten bezogen, die den Unterzeichnern dieses Abkommens möglicherweise gewährt wurden, nicht zweckdienlich, unerheblich oder nicht mit der Rechts- bzw. der Aktenlage vereinbar gewesen wären.
393 Was ferner die anderen Formen betrifft, in denen die Staaten ihre Zustimmung, durch die Resolution vom 25. November 1994 gebunden zu sein, zum Ausdruck bringen konnten, nennt die Kommission in ihren Schreiben an die befragten Staaten zwar keine anderen Formen als die Unterzeichnung und Ratifikation dieser Urkunde.
394 Dennoch vermag dieser Umstand nicht zu belegen, dass das Konsultationsverfahren der Kommission mit den von ihr als Mitglieder oder ehemalige Mitglieder der Klägerin angenommenen Staaten keine hinreichenden Garantien geboten hätte, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile oder auf ein etwaiges parteiisches Verhalten ihrerseits auszuschließen.
395 Denn in den Schreiben an die genannten Staaten hat die Kommission eine allgemeine Frage gestellt, um zu erfahren, ob diese sich als Mitglieder der Klägerin betrachteten. Daher stand es den befragten Staaten frei, anzugeben, ob sie dem Gründungsabkommen der Klägerin in anderer Form zugestimmt hatten, sofern sie es nicht unterzeichnet oder ratifiziert hatten.
396 Im Übrigen ergibt sich aus der oben in den Rn. 197 bis 212 genannten Definition des Begriffs „internationale Organisation“ und aus der Prüfung des zweiten Arguments der zweiten Rüge im dritten Teil des vierten Klagegrundes, dass die Klägerin der Kommission nicht vorwerfen kann, sie habe die von ihr befragten Staaten nicht danach gefragt, ob sie die Klägerin unabhängig von ihrer Mitgliedschaft in dieser Organisation als internationale Organisation betrachteten, behandelten oder einstuften.
397 Folglich ist die erste Rüge des dritten Teils des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
398 Sodann ist auch die zweite Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Kommission habe dem Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), eine ihm nicht zukommende Bedeutung beigemessen, als unbegründet zurückzuweisen, nachdem der erste Teil des ersten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV und ein Verstoß gegen die Rechtskraft des genannten Urteils geltend gemacht wird, sowie die zweite Rüge des zweiten Teils desselben Klagegrundes, mit der ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot für Unionsrechtsakte geltend gemacht wird, zurückgewiesen wurden.
399 Denn aus den vorstehenden Rn. 105, 120 und 149 ergibt sich, dass die Kommission keinen Fehler bei der Auslegung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), gemacht hat, als sie davon ausging, die ordnungsgemäße Durchführung des Urteils verpflichte sie dazu, den rechtlichen Status der Klägerin neu zu bewerten.
400 Zur Stützung der dritten Rüge, mit der geltend gemacht wird, dass der Kommission in ihrem Schriftverkehr mit den von ihr befragten Staaten mehrere Ungenauigkeiten unterlaufen seien, wirft schließlich die Klägerin erstens der Kommission vor, sowohl in den Schreiben vom 26. November 2019 an die genannten Staaten als auch in den Erinnerungsschreiben vom 11. März 2020 darauf hingewiesen zu haben, dass sie verpflichtet sei, den Status der Klägerin nach Art. 266 AEUV zu bewerten.
401 Jedoch kann die Klägerin angesichts der Zurückweisung der ersten Rüge im ersten Teil des ersten Klagegrundes, mit der ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV geltend gemacht wird, auch nicht mit Erfolg einwenden, diese Angabe sei fehlerhaft.
402 Zweitens wirft die Klägerin der Kommission vor, in den Schreiben vom 26. November 2019 darauf hingewiesen zu haben, dass die Klägerin sich geweigert habe, der Kommission ihr Gründungsabkommen vorzulegen.
403 Tatsächlich hatte die Kommission die Klägerin mit Schreiben vom 6. Mai 2019 aufgefordert, ihr u. a. „eine beglaubigte Kopie des (unterzeichneten) internationalen Abkommens über die Gründung von IMG als internationale Organisation“ sowie „jedes Dokument, das sich noch nicht in [ihrem] Besitz befindet … und das den Status von IMG als internationale Organisation und die Identität [ihrer] derzeitigen oder früheren Mitglieder bestätigt“, zu übermitteln.
404 In ihrer Antwort vom 25. Juni 2019 ist die Klägerin jedoch der Aufforderung der Kommission aus grundsätzlichen Erwägungen mit der Begründung entgegengetreten, dass ihre frühere Anerkennung als internationale Organisation, insbesondere durch die Union, in Anwendung der Regeln des Völkerrechts nicht in Frage gestellt werden könne. Sie ist dieser Aufforderung also nicht nachgekommen.
405 Zudem hat die Klägerin nicht auf das Erinnerungsschreiben der Kommission vom 18. Juli 2019 geantwortet.
406 Daher ist die Angabe nicht unzutreffend, dass die Klägerin sich geweigert habe, der Kommission das Abkommen, mit dem sie gegründet worden sei, vorzulegen.
407 Sofern die Klägerin außerdem vorbringt, die Weigerung zu kooperieren sei dadurch gerechtfertigt gewesen, dass die Kommission bereits über ihre Gründungsdokumente verfüge, ist eine solche Rechtfertigung in ihrer Antwort vom 25. Juni 2019 nicht enthalten.
408 Folglich stand es der Kommission frei, den von ihr zur Befragung ausgewählten Staaten mitzuteilen, dass die Klägerin sich geweigert habe, ihr das Gründungsabkommen vorzulegen, ohne dass dies als Beleg dafür geeignet wäre, dass dieses Konsultationsverfahren keine hinreichenden Garantien böte, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile oder ein etwaiges parteiisches Verhalten seitens der Kommission auszuschließen.
409 Drittens wirft die Klägerin der Kommission vor, u. a. im E‑Mail-Verkehr mit den türkischen und italienischen Behörden ausgeführt zu haben, dass das Gericht mit seinem Beschluss vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑645/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:388), erklärt habe, dass die Kommission das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), ordnungsgemäß durchführe.
410 Insoweit hat das Gericht in Rn. 69 des Beschlusses vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑645/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:388), im Wesentlichen entschieden, dass das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), nicht dahin ausgelegt werden kann, dass die Kommission zur Durchführung des Urteils keine erneute Prüfung des Status der Klägerin als internationale Organisation durchführen dürfte, nachdem sie die von ihr als notwendig erachteten Informationen erhalten hat, sondern im Gegenteil dahin ausgelegt werden muss, dass eine erneute Prüfung als notwendige Folge dieses Urteils angesehen werden kann.
411 Darüber hinaus hat der Gerichtshof mit Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), das von der Klägerin gegen den Beschluss vom 9. September 2020, IMG/Kommission (T‑645/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:388), eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen.
412 Daher ist der in verschiedenen Erinnerungsmails der Kommission enthaltene Hinweis, das Gericht habe entschieden, dass die Kommission das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), ordnungsgemäß durchführe, offenbar nicht unzutreffend, so dass diese dritte Rüge als unbegründet zurückzuweisen ist.
413 Zuletzt beruft sich die Klägerin zur Stützung der vierten Rüge, die Kommission habe auf einige der befragten Staaten Druck ausgeübt, um Antworten zu erhalten, die ihre Position stärker stützen würden, auf den Schriftwechsel zwischen der Kommission und den dänischen Behörden vom 5. und 12. Juni 2020, in denen die Kommission diese Behörden um eine Erklärung gebeten habe, ob Dänemark ein internationales Abkommen zur Gründung der Klägerin als internationale Organisation unterzeichnet habe, da die Kommission befürchtet habe, dass die erste Antwort der genannten Behörden im Fall einer Klage vom Gericht oder vom Gerichtshof als nicht hinreichend schlüssig angesehen werden könne.
414 In diesem Zusammenhang geht aus dem Schreiben des Ständigen Vertreters Dänemarks bei der Union vom 4. Juni 2020 hervor, dass die dänischen Behörden auf die Frage, ob Dänemark ein internationales Abkommen zur Gründung der Klägerin als internationale Organisation unterzeichnet habe, zunächst geantwortet haben, dass sie ein entsprechend unterzeichnetes Dokument nicht hätten finden können. Im Anschluss an den oben in Rn. 413 genannten E‑Mail-Austausch zwischen der Kommission und den besagten Behörden vom 5. und 12. Juni 2020 hat die Ständige Vertretung Dänemarks bei der Union am 18. Juni 2020 dann ein weiteres Schreiben übersandt, das in dem von der Kommission erbetenen Sinne abgeändert war.
415 Die oben in Rn. 414 dargestellten Umstände belegen jedoch das Anliegen der Kommission, von den dänischen Behörden eine klare Antwort auf die Frage zu erhalten, ob Dänemark ein internationales Abkommen zur Gründung der Klägerin als internationale Organisation unterzeichnet habe. Folglich bieten sie keinen Anlass für berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Kommission in Bezug auf die Frage nach dem Status der Klägerin.
416 Folglich ist die dritte Rüge im dritten Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen, weshalb auch der dritte Teil insgesamt sowie der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen sind.
417 Nach alledem sind die Anträge auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
C. Zum Antrag auf Schadensersatz
418 Zur Begründung des Schadensersatzanspruchs macht die Klägerin zwei Schadenspositionen geltend, die zwei verschiedene Teile darstellen. Im Rahmen des ersten Teils beantragt sie Schadensersatz in Höhe von 20 000 Euro aufgrund der unangemessenen Verfahrensdauer für den Erlass des angefochtenen Beschlusses. Im Rahmen des zweiten Teils beantragt sie Schadensersatz in Höhe von 23 651 903 Euro als Ausgleich für finanzielle und immaterielle Schäden, die sie auf die Rechtsverstöße im angefochtenen Beschluss zurückführt, der die Beschlüsse vom 16. Dezember 2014 und 8. Mai 2015 ersetzt habe.
419 Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für unbegründet.
1. Zu den Voraussetzungen der Haftung der Unionsorgane
420 Vorab ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die außervertragliche Haftung der Union in einem konkreten Fall nur dann ausgelöst werden kann, wenn – neben weiteren Voraussetzungen – die Person, die den Ersatz des Schadens oder der Schäden verlangt, die sie durch ein Verhalten oder einen Rechtsakt der Union erlitten zu haben glaubt, den Nachweis erbringt, dass ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm vorliegt, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (vgl. Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung).
421 Außerdem muss der Verstoß hinreichend qualifiziert sein; dieses Erfordernis hängt wiederum von dem Wertungsspielraum des Organs der Union, dem der Verstoß angelastet wird, sowie davon ab, ob die Grenzen dieses Spielraums in Anbetracht u. a. des Grades an Klarheit und Präzision der betreffenden Norm, etwaiger bei ihrer Auslegung oder Anwendung auftretender Schwierigkeiten sowie der Komplexität des zu regelnden Sachverhalts in offenkundiger und schwerwiegender Weise überschritten wurden (vgl. Urteil vom 22. September 2022, IMG/Kommission, C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722, Rn. 146 und die dort angeführte Rechtsprechung).
422 Zweitens muss jeder Schaden, dessen Wiedergutmachung im Rahmen einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV begehrt wird, tatsächlich und sicher sein. In jedem Fall ist es Sache der Partei, die sich auf die außervertragliche Haftung der Union beruft, insbesondere schlüssige Beweise sowohl für das Vorliegen als auch für den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. Urteil vom 5. September 2019, Europäische Union/Guardian Europe und Guardian Europe/Europäische Union, C‑447/17 P und C‑479/17 P, EU:C:2019:672, Rn. 135 und die dort angeführte Rechtsprechung).
423 Daher kann das Vorliegen eines tatsächlichen und sicheren Schadens von den Unionsgerichten nicht abstrakt beurteilt werden, sondern ist vielmehr anhand der konkreten tatsächlichen Umstände zu prüfen, die den jeweiligen ihnen unterbreiteten Fall kennzeichnen (vgl. Urteil vom 18. November 2021, Mahmoudian/Rat, C‑681/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:933, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
424 Drittens bezieht sich die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten des betroffenen Organs und dem Schaden in der Weise besteht, dass das gerügte Verhalten die entscheidende Ursache für den Schaden sein muss, wobei die klagende Partei die Beweislast für diesen Zusammenhang trägt (vgl. Urteil vom 27. April 2023, Fondazione Cassa di Risparmio di Pesaro u. a./Kommission, C‑549/21 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2023:340, Rn. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung).
425 Denn es ist Sache der Partei, die sich auf die außervertragliche Haftung der Union beruft, schlüssige Beweise für das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des fraglichen Organs und dem geltend gemachten Schaden zu erbringen (vgl. Urteil vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).
426 Nach einem allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen und auch von den Unionsgerichten angewendeten Grundsatz muss sich allerdings der Geschädigte in angemessener Form um die Begrenzung des Schadensumfangs bemühen, wenn er nicht Gefahr laufen will, den Schaden selbst tragen zu müssen (vgl. Beschluss vom 12. Mai 2010, Pigasos Alieftiki Naftiki Etaireia/Rat und Kommission, C‑451/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2010:268, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).
427 Denn der Kausalzusammenhang kann durch ein nachlässiges Verhalten des Geschädigten unterbrochen werden, wenn sich herausstellt, dass dieses Verhalten ausschlaggebend für den Schaden war (Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 61).
428 Anhand dieser Grundsätze hat das Gericht die von der Klägerin gestellten Schadensersatzanträge zu prüfen.
2. Zum ersten Teil: Antrag auf Schadensersatz aufgrund der Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer
429 Zur Stützung des ersten Teils macht die Klägerin geltend, dass es nach der Verkündung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), mehr als zwei Jahre gedauert habe, bis die Kommission den angefochtenen Beschluss erlassen habe, und dass diese Verfahrensdauer unangemessen sei, so dass sie eine Schadensersatzpflicht der Kommission in Höhe von 20 000 Euro nach sich ziehe.
430 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsorgane die Verpflichtung haben, ihre Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, insbesondere dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, auszuüben, der nunmehr ausdrücklich in Art. 41 der Charta verankert ist. Dessen Abs. 1 bestimmt konkret, dass jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen der Union u. a. innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden (vgl. Urteil vom 12. Mai 2022, Klein/Kommission, C‑430/20 P, EU:C:2022:377, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).
431 Somit obliegt es der betreffenden Verwaltungsbehörde, innerhalb eines angemessenen Zeitraums Stellung zu nehmen (wenn sie dies tun soll) und ein eingeleitetes Verfahren abzuschließen (Urteil vom 12. Mai 2022, Klein/Kommission, C‑430/20 P, EU:C:2022:377, Rn. 89).
432 Zudem ist die Angemessenheit der Verfahrensdauer nicht nach Maßgabe einer präzisen, abstrakt festgelegten Obergrenze zu bestimmen. Sie ist anhand der Umstände der jeweiligen Sache zu beurteilen, insbesondere anhand der Interessen, die in dem Rechtsstreit für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, der Komplexität der Angelegenheit und der verschiedenen von dem Unionsorgan abgeschlossenen Verfahrensschritte sowie des Verhaltens der Parteien im Laufe des Verfahrens. Insoweit ist die Liste der relevanten Kriterien nicht abschließend, und die Beurteilung der Angemessenheit dieses Zeitraums erfordert keine systematische Prüfung der Umstände des Falls durch den Unionsrichter anhand jedes Kriteriums (vgl. Urteil vom 12. Mai 2022, Klein/Kommission, C‑430/20 P, EU:C:2022:377, Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).
433 Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob die von der Kommission für den Erlass des angefochtenen Beschlusses benötigte Zeit eine angemessene Verfahrensdauer überschritten hat, so dass die Kommission gegen die oben in den Rn. 430 und 431 genannten Anforderungen verstoßen hätte.
434 Erstens ist festzustellen, dass der Zeitraum von drei Monaten zwischen der Verkündung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), und dem Schreiben vom 6. Mai 2019, in dem die Kommission die Klägerin zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert hat, angesichts der rechtlichen Komplexität des Falls und dieses Urteils nicht als unangemessen angesehen werden kann.
435 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Rn. 190 und 191 des Urteils vom 22. September 2022, IMG/Kommission (C‑619/20 P und C‑620/20 P, EU:C:2022:722), bestätigt hat, dass der Begriff der „internationalen Organisation“, auf den sich die Finanzregelung der Union bezieht, ein allgemeiner Begriff ist, dessen Auslegung für die Zwecke dieser Finanzregelung Schwierigkeiten bereiten kann, da insbesondere keine Rechtsprechung zu diesem Thema vorliegt, und dass sich auch die Anwendung dieses Begriffs im vorliegenden Fall als komplex erweisen und angesichts der besonderen Situation der Klägerin zu Schwierigkeiten bei der rechtlichen Qualifizierung des Sachverhalts führen kann.
436 Zweitens kann die Klägerin der Kommission auch nicht vorwerfen, der Zeitraum zwischen dem 6. Mai und dem 18. Juli 2019, in dem die Kommission versucht hat, das Urteil vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), durch schriftlichen Austausch mit der Klägerin durchzuführen, sei unangemessen lang gewesen; das Gleiche gilt für den Zeitraum zwischen dem 18. Juli 2019, als die Kommission ihr Ersuchen vom 6. Mai 2019 gegenüber der Klägerin wiederholte, und dem 26. November 2019, als die Kommission ihre Auskunftsersuchen an die vermeintlichen Mitgliedstaaten der Klägerin richtete.
437 Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Gesamtdauer von zwei Jahren, vier Monaten und acht Tagen, nach deren Ablauf der angefochtene Beschluss erlassen wurde, den Zeitraum einschließt, in dem die Kommission die befragten Staaten konsultierte, weil die Klägerin sich geweigert hatte, der Kommission ihre ordnungsgemäß unterzeichneten und mit Nachweisen versehenen Gründungsdokumente vorzulegen.
438 Folglich ist dieser Teil der in Streit stehenden Verfahrensdauer zwischen dem 6. Mai 2019 und dem 10. Februar 2021, dem Zeitpunkt der letzten Antwort auf die von der Kommission eingeleitete Konsultation, nicht der Kommission, sondern der Klägerin anzulasten, die nach der Verkündung des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C‑183/17 P und C‑184/17 P, EU:C:2019:78), nicht die gebotene Sorgfalt walten ließ.
439 Drittens kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission zwischen dem 10. Februar und dem 19. Februar 2021, dem Zeitpunkt, als sie der Klägerin ihren Entwurf eines Beschlusses übermittelte, um ihre Stellungnahme einzuholen, nicht unverzüglich gehandelt habe. Darüber hinaus kann sich die Klägerin nicht über den Zeitraum von etwas mehr als drei Monaten zwischen dem 19. Februar und dem 8. Juni 2021 beklagen, der sowohl die ihr gesetzte Frist zur Übermittlung der Stellungnahme als auch die Zeit umfasste, die bei der Kommission für die angemessene Berücksichtigung ihrer Stellungnahme entsprechend dem Recht der Klägerin auf Anhörung verstrichen ist.
440 Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass die von der Kommission für die Ausarbeitung und den Erlass des angefochtenen Beschlusses in Anspruch genommene Zeit nicht unangemessen im Sinne der oben in Rn. 430 und 431 genannten Rechtsprechung ist.
441 Sodann ist festzustellen, dass die Klägerin keinen materiellen oder immateriellen Schaden nachweist, der sich aus dem zur Stützung dieses Antrags behaupteten Verstoß ergeben hätte.
442 Dieser Teil ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
3. Zum zweiten Teil: Antrag auf Ersatz des angeblich durch den angefochtenen Beschluss entstandenen finanziellen und immateriellen Schadens
443 Mit dem zweiten Teil beantragt die Klägerin, die Kommission zu verurteilen, an sie 8 651 903 Euro als Ersatz des finanziellen Schadens, der ihr durch den angefochtenen Beschluss entstanden sein soll, sowie 15 Mio. Euro als Ersatz für ihren immateriellen Schaden zu zahlen.
444 Insoweit ergibt sich aus der vorstehenden Rn. 417, dass die Anträge auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen wurden, so dass die oben in Rn. 420 genannte erste Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Union, nämlich ein Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, nicht erfüllt ist.
445 Zudem hat die Kommission den angefochtenen Beschluss zwar insoweit rechtsfehlerhaft erlassen, als sie es abgelehnt hat, die Resolution vom 25. November 1994 als internationales Abkommen anzuerkennen, doch bleiben diese Fehler ohne Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses und können folglich nicht als unmittelbare und sichere Ursache der ihr von der Klägerin vorgeworfenen Schäden angesehen werden.
446 Die Klägerin beruft sich zur Stützung der im Rahmen des vorliegenden Teils ausgeführten Schadensersatzanträge auch nicht auf andere Rechtswidrigkeitsgründe als die, die sie zur Stützung ihrer Nichtigkeitsanträge vorgebracht hat.
447 Daher ist der zweite Teil der Schadensersatzanträge als unbegründet und sind infolgedessen diese Anträge insgesamt zurückzuweisen.
V. Kosten
448 Nach Art. 134 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und jede Partei trägt ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Schließlich kann das Gericht gemäß Art. 135 Abs. 1 der Verfahrensordnung aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei neben ihren eigenen Kosten nur einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt oder gar nicht zur Tragung dieser Kosten zu verurteilen ist.
449 Im vorliegenden Fall ist die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen. Allerdings wurde festgestellt, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses durch die Kommission insoweit rechtsfehlerhaft war, als sie die Resolution vom 25. November 1994 nicht als internationales Abkommen ansah, was die Klägerin dazu veranlasst haben kann, die vorliegende Klage zu erheben, um diese Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen. Unter diesen Umständen hält es das Gericht für angemessen, jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. September 2024.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
I. Vorgeschichte des Rechtsstreits
A. Verfahrensrechtliche Vorgeschichte
B. Gerichtliche Vorgeschichte
C. Verwaltungsrechtliche Folgen des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C183/17 P und C184/17 P)
D. Gerichtliche Folgen des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C183/17 P und C184/17 P)
II. Ereignisse nach Klageerhebung
III. Anträge der Parteien
IV. Rechtliche Würdigung
A. Zur Zulässigkeit
1. Zur Frage der Ordnungsgemäßheit der von der Klägerin ihren Anwälten erteilten Prozessvollmacht
2. Zur Zulässigkeit von Anlage A.24 zur Klageschrift
3. Zur Zulässigkeit von Anlage C.1 zur Erwiderung
B. Zum Antrag auf Nichtigerklärung
1. Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Begründungspflicht
2. Zum ersten Klagegrund: mehrere Rechtsfehler, insbesondere Verstöße gegen Art. 266 AEUV, gegen die Rechtskraft und gegen das Rückwirkungsverbot
a) Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 266 AEUV und gegen die Rechtskraft des Urteils vom 31. Januar 2019, International Management Group/Kommission (C183/17 P und C184/17 P)
1) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 266 AEUV
2) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen die Rechtskraft
b) Zum zweiten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, den Grundsatz „nemo auditur propriam turpitudinem allegans“ und das Rückwirkungsverbot
1) Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot von Rechtsakten der Union
2) Zur ersten Rüge: Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie den Grundsatz „nemo auditur“
c) Zum dritten Teil: Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
3. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit
4. Zum vierten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler und andere Rechtsfehler
a) Zur Definition des in der Finanzregelung der Union enthaltenen Begriffs „internationale Organisation“
b) Zum ersten Teil: offensichtliche Beurteilungsfehler und Rechtsfehler bei der Bestimmung der Mitglieder der Klägerin
1) Zur ersten Rüge: offensichtlicher Beurteilungsfehler aufgrund einer künstlichen Unterscheidung zwischen den Gründungsstaaten der Klägerin, den beitragenden Staaten und den Mitgliedern ihres Lenkungsausschusses
2) Zur zweiten Rüge: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Stellungnahmen Belgiens und Österreichs
i) Zum ersten Argument: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Antwort der österreichischen Behörden
ii) Zum zweiten Argument: offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Auslegung der Antwort der belgischen Behörden
3) Zur dritten Rüge: Rechtsfehler und offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission durch ihre Weigerung, den Beitritt der Union zur Klägerin anzuerkennen
c) Zum zweiten Teil: Rechtsfehler der Kommission durch ihre Weigerung, die Resolution vom 25. November 1994 als internationales Abkommen zur Gründung einer internationalen Organisation anzusehen
1) Zur ersten Rüge: Rechtsfehler der Kommission durch ihre Weigerung, die Resolution vom 25. November 1994 als internationales Abkommen anzusehen
i) Zum ersten Argument: Rechtsfehler in Bezug auf die Rechtsverbindlichkeit der Resolution vom 25. November 1994
ii) Zum zweiten Argument: Rechtsfehler in Bezug auf das Erfordernis der Unterzeichnung der Resolution vom 25. November 1994 durch Vertreter mit entsprechenden Vollmachten
iii) Zum dritten Argument: Rechtsfehler in Bezug auf das Erfordernis von Unterzeichnungs- oder Ratifikationsurkunden für die Resolution vom 25. November 1994
iv) Zur Auswirkung der Begründetheit des ersten und des zweiten Arguments der vorliegenden Rüge auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses
2) Zur zweiten Rüge: Auslegungsfehler in Bezug auf die Absicht der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994, der Klägerin den Status einer internationalen Organisation zu verleihen
d) Zum dritten Teil: Rechtsfehler in Bezug auf die spätere Übung der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994 und die Anerkennung des Status einer internationalen Organisation durch die Union und bestimmte Staaten
1) Zur ersten Rüge: Rechtsfehler in Bezug auf die spätere Übung der Unterzeichner der Resolution vom 25. November 1994
2) Zur zweiten Rüge: Rechtsfehler der Kommission wegen Nichtberücksichtigung der Anerkennung der Klägerin als internationale Organisation durch die Union und einige Staaten
i) Zum ersten Argument: Verstoß der Kommission gegen die Art. 27 und 46 des Wiener Übereinkommens, indem sie die Klägerin nicht mehr als internationale Organisation anerkannt habe
ii) Zum zweiten Argument: Rechtsfehler der Kommission wegen Nichtberücksichtigung der von der Klägerin geschlossenen Sitzabkommen
3) Zur dritten Rüge: Rechtsfehler der Kommission wegen Nichtberücksichtigung dessen, dass die Mitglieder der Klägerin sie nicht aufgelöst hätten und sie den Grundsatz der Spezialität erfülle
5. Zum zweiten und zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht bzw. die Pflicht zur Unparteilichkeit
a) Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht
b) Zum dritten Teil: Verstoß gegen die Pflicht zur Unparteilichkeit
C. Zum Antrag auf Schadensersatz
1. Zu den Voraussetzungen der Haftung der Unionsorgane
2. Zum ersten Teil: Antrag auf Schadensersatz aufgrund der Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer
3. Zum zweiten Teil: Antrag auf Ersatz des angeblich durch den angefochtenen Beschluss entstandenen finanziellen und immateriellen Schadens
V. Kosten