URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
4. Dezember 2024(* )
„ Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke Mula – Ältere Unionswortmarke Jula – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 – Maßgebliche Verkehrskreise – Bildliche und klangliche Ähnlichkeit “
In der Rechtssache T‑22/24,
Jula AB mit Sitz in Skara (Schweden), vertreten durch Rechtsanwalt A. Hayn,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) , vertreten durch A. Ringelhann als Bevollmächtigten,
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:
Mula GmbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwälte H. Alt und T. Kühn,
erlässt
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Richterin P. Škvařilová-Pelzl in Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin, der Richterin G. Steinfatt (Berichterstatterin) und des Richters D. Kukovec,
Kanzler: V. Di Bucci,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der Entscheidung gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage begehrt die Klägerin, die Jula AB, die Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 8. November 2023 (Sache R 134/2023-5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
Sachverhalt
2 Am 16. Februar 2021 meldete die Streithelferin, die Mula GmbH, beim EUIPO das Wortzeichen Mula als Unionsmarke an.
3 Die Marke wurde für folgende Dienstleistungen der Klasse 35 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
– „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidung, Schuhe und Kopfbedeckungen; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geschirr, Kochgeschirr und Behälter, Gläser, Becher und Trinkgefäße; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kosmetik- und Toilettenartikel; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Spiele, Spielwaren und Spielzeug; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Turn- und Sportartikel und ‑ausrüstungen; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Powerbanks und USB-Sticks; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Papier- und Schreibwaren, Druckereierzeugnisse, Buchbinderartikel und Büroartikel; Beschaffungsdienstleistungen“.
4 Am 30. März 2021 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen.
5 Der Widerspruch wurde auf die ältere Unionswortmarke Jula gestützt, die am 23. Mai 2003 angemeldet und am 9. Dezember 2004 unter der Nr. 3 278 661 für folgende Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragen worden war:
– „Wiederverkäuferdienste, einschließlich Versandhandel von Waren über das Internet, nämlich von Malerfarben und Malerprodukten, pharmazeutischen und Präparaten für die Gesundheitspflege, Verbandmaterial, Halterungen, Beschlägen, Schrauben und Nägeln, Maschinen und Werkzeugmaschinen, Baumaterialien aus Metall und Nichtmetall, Handwerkzeugen, Maschinen für Haushaltszwecke, Schneidwerkzeugen und Bestecken, fotografischen, Film- und optischen Geräten, Geräten zur Aufnahme, Aufzeichnung, Übertragung oder Wiedergabe von Ton und Bild, Schallplatten und CDs, einschließlich CD-ROMs und DVDs, Computern und Computerzubehör, Elektroerzeugnissen, Brillen, einschließlich Schutzbrillen, Gehörschutz, Thermometern für medizinische Zwecke, Geräten für Beleuchtungs‑, Heiz‑, Dampferzeugungs‑, Koch‑, Kühl‑, Trocknungs‑, Lüftungs‑, Wasserversorgungs- und sanitäre Zwecke, Kraftfahrzeugzubehör, Trolleys und Karren, Fahrrädern und Fahrradzubehör, Schusswaffenmunition und Feuerwerkskörpern, Zeitmessungsinstrumenten, Schreibwaren, Schreib- und Bürobedarf, Gartenbauprodukten, einschließlich Wasserschläuche für Bewässerungszwecke, Taschen, Möbeln, einschließlich Lagerregale und Werkbänke, Campingartikeln, Küchen- und Haushaltswaren, Seilen und Leinen, Bekleidungsstücken, Schuhwaren und Kopfbedeckungen, Fußböden und Belägen für Fußböden, Spielen und Spielzeug, Gymnastik- und Sportartikeln“.
6 Der Widerspruch wurde auf das in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) genannte Eintragungshindernis gestützt.
7 Mit Entscheidung vom 18. November 2022 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang mit der Begründung zurück, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke nicht ausreichend sei.
8 Am 18. Januar 2023 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.
9 Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Unter der Annahme, dass der Nachweis der Benutzung der älteren Marke für alle relevanten Mitgliedstaaten und für alle beanspruchten Dienstleistungen erbracht worden sei und dass alle beanstandeten Dienstleistungen mit den Dienstleistungen der älteren Marke identisch seien, was für die Klägerin jeweils das beste Szenario sei, stellte die Beschwerdekammer fest, dass die einander gegenüberstehenden Marken nur einen gewissen Grad an bildlicher und klanglicher Ähnlichkeit aufwiesen und dass daher für die maßgeblichen Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken bestehe.
Anträge der Parteien
10 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
11 Das EUIPO beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Kosten aufzuerlegen.
12 Die Streithelferin beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
13 Die Klägerin führt als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 an.
14 Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen
15 In Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass sich die mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Einzelhandelsdienstleistungen einerseits an allgemeine Verkehrskreise und andererseits an Fachkreise, nämlich Unternehmen verschiedener Branchen, richteten. Sie war der Ansicht, dass der Grad an Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise u. a. davon abhänge, auf welche Art von Waren sich diese Dienstleistungen bezögen, und kam daher im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Aufmerksamkeitsgrad der genannten Verkehrskreise durchschnittlich bis erhöht sei. Was die von diesen Marken erfassten Großhandelsdienstleistungen betrifft, so richteten sich diese ausschließlich an Fachkreise, deren Aufmerksamkeitsgrad zumindest erhöht sei.
16 Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen eher gering sei, da diese Dienstleistungen Waren des täglichen Bedarfs beträfen.
17 Auch bei den mit den beiden Marken gekennzeichneten Großhandelsdienstleistungen sei der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise eher gering, da auf Großhandelsdienstleistungen „schlechthin“, also losgelöst von der Art der (wieder‑)verkauften Waren, abzustellen sei.
18 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
19 Das EUIPO trägt vor, dass bei den von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Einzelhandelsdienstleistungen der Aufmerksamkeitsgrad des allgemeinen Publikums und des Fachpublikums je nach Art und Preis der betreffenden Waren zwischen durchschnittlich und erhöht variiere, während sich die Großhandelsdienstleistungen an ein Fachpublikum richteten, das grundsätzlich einen erhöhten Grad der Aufmerksamkeit aufweise.
20 Die Streithelferin macht geltend, dass selbst bei den von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Einzelhandelsdienstleistungen, die Waren des täglichen Bedarfs beträfen, zumindest von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen sei.
21 Im Übrigen richteten sich die von den beiden Marken erfassten Großhandelsdienstleistungen ausschließlich an Fachkreise, die im Allgemeinen eine genaue Kenntnis der Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem betreffenden Marktsektor hätten und daher die Unterschiede zwischen diesen Marken eher wahrnehmen und in Erinnerung behalten würden. Selbst wenn man mit der Klägerin annähme, dass auf Großhandelsdienstleistungen per se und losgelöst von der Art der verkauften Waren abzustellen sei, wäre der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise als erhöht anzusehen.
22 Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren abzustellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
23 Unter „Durchschnittsverbraucher“ ist nicht der einzelne Verbraucher zu verstehen, der zur „Allgemeinheit“ gehört, sondern der Verbraucher, der zu dem Publikum gehört, das von den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen typischerweise angesprochen wird. So kann der „Durchschnittsverbraucher“ ein Gewerbetreibender sein, wenn sich die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen typischerweise an ein solches Publikum richten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2017, Steiniger/EUIPO – ista Deutschland [IST], T‑80/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:784, Rn. 25).
24 Falls sich die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Dienstleistungen an die gleichen maßgeblichen Verkehrskreise richten, die sich sowohl aus der breiten Öffentlichkeit als auch aus Fachpublikum zusammensetzen, sind die Verkehrskreise mit dem geringsten Aufmerksamkeitsgrad maßgeblich (vgl. Urteil vom 20. Mai 2014, Argo Group International Holdings/HABM – Arisa Assurances [ARIS], T‑247/12, EU:T:2014:258, Rn. 27 bis 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
25 Im vorliegenden Fall ist die von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Beurteilung der maßgeblichen Verkehrskreise, wie sie oben in Rn. 15 wiedergegeben und im Übrigen von der Klägerin nicht beanstandet worden ist, nicht in Frage zu stellen.
26 Was die oben in Rn. 15 wiedergegebene Beurteilung des Aufmerksamkeitsgrads der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung angeht, wirft die Klägerin dem EUIPO vor, verkannt zu haben, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Einzelhandelsdienstleistungen im Wesentlichen Waren des täglichen Bedarfs beträfen. Infolgedessen sei der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise beim Erwerb dieser Dienstleistungen gering.
27 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Einzelhandelsdienstleistungen der Aufmerksamkeitsgrad der breiten Öffentlichkeit und des Fachpublikums je nach Art und Preis der betreffenden Waren unterschiedlich (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2015, Rosian Express/HABM [Form einer Spieleschachtel], T‑547/13, EU:T:2015:769, Rn. 42).
28 Im vorliegenden Fall handelt es sich, wie die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, bei den meisten Waren, die von den mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Einzelhandelsdienstleistungen erfasst werden, um solche des täglichen Bedarfs.
29 Daraus folgt jedoch nicht, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise beim Erwerb dieser Waren automatisch gering wäre. So ist in Bezug auf „Gepäck“, „Taschen“, „Brieftaschen“ und „andere Tragebehältnisse“ oder „Bekleidung“, „Schuhe“ und „Kopfbedeckungen“, bei denen es sich um Waren handelt, die von den mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Einzelhandelsdienstleistungen erfasst werden, bereits entschieden worden, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise durchschnittlich ist (Urteil vom 10. November 2011, Esprit International/HABM – Marc O’Polo International [Darstellung eines Buchstabens auf einer Hosentasche], T‑22/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:651, Rn. 45). Dieser Ansatz gilt im Allgemeinen für alle Waren des täglichen Bedarfs, die von den mit den beiden Marken gekennzeichneten Einzelhandelsdienstleistungen erfasst werden und die nicht täglich und nahezu „beiläufig“ erworben werden, wie z. B. Grundnahrungsmittel, sondern deren Erwerb einen längeren Zeitraum einnimmt und einer gewissen Überlegung bedarf.
30 Was „pharmazeutische Präparate“, „Baumaterialien aus Metall und Nichtmetall“, „fotografische, Film- und optische Geräte“ sowie „Fahrräder und Fahrradzubehör“ und „Schusswaffenmunition“ anbelangt, bei denen es sich um Waren handelt, auf die sich die mit der älteren Marke gekennzeichneten Einzelhandelsdienstleistungen beziehen, ist ein typisches Merkmal dieser Waren der höhere Preis oder dass ihre Nutzung einen gewissen Sachverstand erfordert, der je nach den Eigenschaften dieser Waren variiert, so dass der Verbraucher in der Regel über diese Eigenschaften gut informiert ist und sorgfältig abwägt, bevor er seine Kaufentscheidung trifft, weshalb sein Aufmerksamkeitsgrad in dem Moment, in dem er sich entscheidet, im Allgemeinen erhöht ist. In Bezug auf „pharmazeutische Präparate“ geht aus der Rechtsprechung hervor, dass in Anbetracht ihrer unmittelbaren Auswirkung auf die Gesundheit des Anwenders und der Spezifik der Leiden, die sie behandeln sollen, davon auszugehen ist, dass die Verbraucher in der Regel gut informiert sowie besonders aufmerksam und verständig sein werden, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen erhöhten Grad an Aufmerksamkeit an den Tag legen werden, gleich ob es sich um das allgemeine Publikum oder um Fachkreise handelt (vgl. Urteile vom 20. September 2018, Kwizda Holding/EUIPO – Dermapharm [UROAKUT], T‑266/17, EU:T:2018:569, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 19. September 2019, WhiteWave Services/EUIPO – Fernandes [VeGa one], T‑176/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:625, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
31 Die Feststellung der Beschwerdekammer, wonach der Aufmerksamkeitsgrad der breiten Öffentlichkeit und des Fachpublikums beim Erwerb der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Einzelhandelsdienstleistungen von durchschnittlich bis erhöht variiere, begründet insofern nicht den ihr von der Klägerin zur Last gelegten Fehler.
32 Zu den mit den beiden Marken gekennzeichneten Großhandelsdienstleistungen ist festzustellen, dass sie sich an ein Fachpublikum richten, das nach der Rechtsprechung über einen Aufmerksamkeitsgrad verfügt, der als erhöht eingestuft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Dezember 2022, Sanrio/EUIPO – Miroglio Fashion [SANRIO CHARACTERS], T‑43/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:844, Rn. 32, und vom 24. Januar 2024, Tiendanimal/EUIPO – Salvana Tiernahrung [SALVAJE], T‑55/23, nicht veröffentlicht, EU:T:2024:30, Rn. 72).
33 Zwar hat die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf diese Dienstleistungen festgestellt, dass der Aufmerksamkeitsgrad dieses Fachpublikums „zumindest erhöht“ sei, doch ist diese Formulierung anschließend von ihr in Rn. 41 der angefochtenen Entscheidung präzisiert worden, wo sie im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verwechslungsgefahr den Aufmerksamkeitsgrad dieser Verkehrskreise als erhöht eingestuft hat.
34 Dieser erhöhte Aufmerksamkeitsgrad des Fachpublikums beim Erwerb von Großhandelsdienstleistungen wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, wonach auf Großhandelsdienstleistungen „schlechthin“, also losgelöst von der Art der verkauften Waren, abzustellen sei. Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass ein begrenztes und spezialisiertes Publikum über spezielle Kenntnisse in Bezug auf die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen verfügen und insoweit eine größere Aufmerksamkeit walten lassen kann als die breite Öffentlichkeit (vgl. Urteil vom 9. Juni 2021, Global Chartered Controller Institute/EUIPO – CFA Institute [CCA CHARTERED CONTROLLER ANALYST CERTIFICATE], T‑266/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:342, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Daher hat die Beschwerdekammer mit ihrer Feststellung, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Fachpublikums, an das sich die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Großhandelsdienstleistungen richteten, beim Erwerb dieser Dienstleistungen erhöht sei, nicht den von der Klägerin beanstandeten Fehler begangen.
36 Daraus folgt, dass die Feststellung der Beschwerdekammer, wonach der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise für die von den beiden Marken erfassten Einzelhandelsdienstleistungen von durchschnittlich bis erhöht variiere und für die von diesen Marken erfassten Großhandelsdienstleistungen erhöht sei, frei von Fehlern ist.
Zum Vergleich der in Rede stehenden Dienstleistungen
37 In Rn. 27 der angefochtenen Entscheidung ist die Beschwerdekammer von der Annahme ausgegangen, dass alle von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen mit den von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen identisch seien, da es sich um das für die Klägerin bestmögliche Szenario handele, und hat in ihrer Prüfung unterstellt, dass dies der Fall sei.
Zum Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen
38 Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht nicht zutreffend beurteilt zu haben.
39 Nach ständiger Rechtsprechung sind zwei Marken ähnlich, wenn sie aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise hinsichtlich eines relevanten Aspekts oder mehrerer solcher Aspekte mindestens teilweise übereinstimmen. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, sind bildliche, klangliche und begriffliche Aspekte relevant (vgl. entsprechend Urteil vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, EU:T:2002:261, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zur bildlichen Ähnlichkeit
40 Zum bildlichen Vergleich hat die Beschwerdekammer in Rn. 35 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen ähnlich seien, da sie die Buchstaben „u“, „l“ und „a“ gemeinsam hätten, dass diese Ähnlichkeit aber den Unterschied, der sich aus ihren unterschiedlichen Anfangsbuchstaben ergebe, nicht ausgleiche. Die Buchstaben „j“ und „m“ unterschieden sich erheblich, unabhängig davon, ob sie groß- oder kleingeschrieben würden. Außerdem bestünden die beiden Marken nur aus vier Buchstaben, was den Unterschied zwischen den Zeichen noch deutlicher mache. Die Beschwerdekammer schloss daraus, dass sich die Marken in bildlicher Hinsicht nur zu einen gewissen Grad ähnlich seien, was mit einem geringen Grad an bildlicher Ähnlichkeit gleichzusetzen ist.
41 Die Klägerin rügt, dass in der angefochtenen Entscheidung übersehen werde, dass drei der vier Buchstaben, aus denen sich die einander gegenüberstehenden Zeichen zusammensetzten, identisch seien und in derselben Reihenfolge stünden.
42 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
43 Das EUIPO trägt vor, dass die Beschwerdekammer sowohl sämtliche Gemeinsamkeiten als auch sämtliche Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen berücksichtigt habe. Die Beschwerdekammer habe auch der Kürze der beiden Zeichen Rechnung getragen, indem sie festgestellt habe, dass diese Kürze die bestehenden Unterschiede am Anfang der Zeichen noch mehr hervorkehrte.
44 Die Streithelferin macht geltend, dass die Länge der verglichenen Wörter einen wesentlichen Einfluss auf die Wahrnehmung ihrer Unterschiede habe, so dass das Publikum die Buchstaben umso eher als einzelne Buchstaben wahrnehmen werde, je kürzer ein Zeichen sei, und dass kurze Wörter dem Publikum besser und genauer in Erinnerung blieben. Der Verkehr schenke dem Wortanfang regelmäßig eine größere Aufmerksamkeit als den nachfolgenden Wortteilen. Im Übrigen seien die Buchstaben „m“ und „j“ in allen üblichen Schrifttypen sowohl in Groß- als auch in Kleinschreibung bildlich völlig unterschiedlich.
45 Für die Beurteilung der bildlichen Ähnlichkeit zweier Wortmarken kommt es nach ständiger Rechtsprechung auf das Vorhandensein mehrerer Buchstaben in derselben Reihenfolge in beiden Marken an (vgl. Urteile vom 30. Januar 2019, Bekat/EUIPO – Borbet [ARBET], T‑79/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:39, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 8. September 2021, Cara Therapeutics/EUIPO – Gebro Holding [KORSUVA], T‑584/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:541, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
46 Im vorliegenden Fall erweckt die identische Abfolge von drei Buchstaben, die drei Viertel der die einander gegenüberstehenden Zeichen bildenden Buchstaben darstellt, in den beiden Zeichen in bildlicher Hinsicht den Eindruck von Ähnlichkeit zwischen den Zeichen. Außerdem weisen die beiden Zeichen, die jeweils vier Buchstaben umfassen, die gleiche Länge auf.
47 Zwar geht aus der Rechtsprechung hervor, dass der Verbraucher dem Anfang einer Marke im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit widmet als deren Ende, da der vordere Teil einer Marke normalerweise sowohl in bildlicher als auch in klanglicher Hinsicht eine stärkere Wirkung hat als ihr hinterer Teil (vgl. Urteil vom 22. Mai 2012, Sport Eybl & Sports Experts/HABM – Seven [SEVEN SUMMITS], T‑179/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:254, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass innerhalb der Europäischen Union ein Zeichen üblicherweise von links nach rechts und von oben nach unten gelesen wird (vgl. Urteil vom 19. Januar 2022, Construcciones Electromecánicas Sabero/EUIPO – Magdalenas de las Heras [Heras Bareche], T‑99/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:14, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung), so dass die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise in erster Linie auf den Anfang einer Wortmarke oder des Wortbestandteils einer zusammengesetzten Marke gelenkt wird.
48 Wie die Wendung „im Allgemeinen“ in der oben in Rn. 47 angeführten Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, gilt dies indessen nicht in allen Fällen (vgl. Urteile vom 9. April 2014, Farmaceutisk Laboratorium Ferring/HABM – Tillotts Pharma [OCTASA], T‑501/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:194, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 12. Juli 2019, MAN Truck & Bus/EUIPO – Halla Holdings (MANDO), T‑698/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:524, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Marken der von ihnen hervorgerufene Gesamteindruck zu berücksichtigen, so dass der Anfang einer Wortmarke nicht in jedem Fall als wichtiger angesehen werden kann als ihr hinterer Teil.
49 Im vorliegenden Fall bestehen die einander gegenüberstehenden Zeichen nur aus vier Buchstaben, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie auf den ersten Blick als Ganzes wahrnehmen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2004, Grupo El Prado Cervera/HABM – Erben Debuschewitz [CHUFAFIT], T‑117/02, EU:T:2004:208, Rn. 48). Somit kann nicht geltend gemacht werden, dass ihre Aufmerksamkeit in erster Linie und insbesondere auf den Anfangsbuchstaben der beiden Zeichen gelenkt werde.
50 Daraus folgt, dass das Publikum auf den ersten Blick sowohl die Ähnlichkeiten als auch die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen wahrnehmen wird. Da die identische Buchstabenfolge drei Viertel der beiden Zeichen ausmacht, während der einzige Unterschied zwischen ihnen in ihren Anfangsbuchstaben besteht, überwiegen im Gesamteindruck der Zeichen die Ähnlichkeiten gegenüber den Unterschieden. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht nicht, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, zu einem geringen, sondern zu einem durchschnittlichen Grad ähnlich sind.
51 Somit hat die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie angenommen hat, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht nur zu einem geringen Grad ähnlich seien.
Zur klanglichen Ähnlichkeit
52 In Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass sich die Anfangsbuchstaben „m“ und „j“ deutlich unterschieden und dass die unterschiedlichen Anfänge gerade bei kurzen Marken zu einem deutlichen Unterschied führten. Sie schloss daraus, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen nur zu einem gewissen Grad klanglich ähnlich seien, was als ein geringer Grad an Ähnlichkeit verstanden werden muss.
53 Die Klägerin macht geltend, dass sich lediglich der Anfangsbuchstabe der einander gegenüberstehenden Zeichen unterscheide, diese Abweichung aber zu vernachlässigen sei. Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit komme es vorrangig auf die klangstarken Vokale an. Die Vokale „u“ und „a“ seien dabei in beiden Zeichen jeweils identisch.
54 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
55 Dem EUIPO zufolge ermöglichen die Anfangsbuchstaben „m“ und „j“ eine deutliche Unterscheidung der in Rede stehenden kurzen Zeichen, so dass die Beschwerdekammer zutreffend gefolgert habe, dass die einander gegenüberstehenden Marken nur bis zu einem gewissen Grad als klanglich ähnlich anzusehen seien.
56 Die Streithelferin ist der Ansicht, dass eine klangliche Verwechslung nicht zu befürchten sei, da die Buchstaben „m“ und „j“ am Anfang der einander gegenüberstehenden Zeichen sich von der Lautbildung her unterschieden. Der Gesamtklang eines Wortes ergebe sich nicht nur aus der Summe einzelner Lautmerkmale, sondern auch aus dem Klanggefüge. In diesem Klanggefüge, dessen Laute trotz formaler Gemeinsamkeiten oftmals insgesamt ein anders klingendes Ganzes ergäben, stünden die Laute in Wechselwirkung zueinander.
57 Hierzu ist festzustellen, dass die Konsonanten „m“ und „j“, die jeweils die Anfangsposition der einander gegenüberstehenden Zeichen einnehmen, beide stimmhaft und nicht plosiv sind und deswegen ähnlich ausgesprochen werden.
58 Selbst wenn man die Aussprache der Buchstaben „m“ und „j“ außer Betracht lässt, ist den betreffenden Zeichen die Abfolge aller weiteren Buchstaben „u“, „l“ und „a“ gemeinsam, mit denen die zwei Silben gebildet werden, aus denen die beiden Zeichen bestehen, wobei ein solches Klanggefüge vor allem durch die Vokale geprägt wird, die im vorliegenden Fall in beiden Zeichen völlig identisch sind.
59 Ungeachtet der unterschiedlichen Ausspracheregeln in den verschiedenen Teilen des maßgeblichen Gebiets der Union stimmt nämlich die Aussprache dieser Zeichen für die Buchstabengruppe „ula“ überein.
60 Ferner hat die in den einander gegenüberstehenden Zeichen identische Abfolge „Konsonant – Vokal – Konsonant – Vokal“ zur Folge, dass der Klang der beiden Zeichen von den Vokalen „u“ und „a“ dominiert wird.
61 Die beiden aus zwei Silben bestehenden Zeichen haben außerdem den gleichen Rhythmus und werden mit der gleichen Intonation ausgesprochen, da sie eine identische Vokalfolge „u“ und „a“ haben.
62 Die Aussprache der Buchstabengruppe „ula“, die diesen Zeichen gemeinsam ist, ist somit als solche geeignet, eine starke klangliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen zu begründen.
63 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht zumindest einen durchschnittlichen Grad an Ähnlichkeit aufweisen.
64 Folglich hat die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie festgestellt hat, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht einen geringen Grad an Ähnlichkeit aufwiesen.
Zur begrifflichen Ähnlichkeit
65 In den Rn. 31, 32 und 37 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass für einen großen Teil der maßgeblichen Verbraucher ein begrifflicher Vergleich nicht möglich sei, da diese Verbraucher nicht in der Lage seien, zumindest einem der einander gegenüberstehenden Zeichen eine Bedeutung beizumessen. Soweit ein Teil der angesprochenen Verbraucher „mula“ die Bedeutung von Maultier (u. a. in spanischer, portugiesischer und schwedischer Sprache) bzw. „jula“ die Bedeutung eines insbesondere in Burkina Faso, aber auch in Ghana, der Elfenbeinküste, Mali und Guinea lebenden Volkes namens Dyula/Djoula/Joula beimesse, seien die Zeichen begrifflich unähnlich.
66 Es besteht kein Anlass, diese Beurteilung, die auch von der Klägerin nicht beanstandet wird, in Frage zu stellen.
Zur Kennzeichnungskraft der älteren Marke
67 In Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass die ältere Marke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweise.
68 Es besteht kein Anlass, diese Beurteilung, die von der Klägerin auch nicht beanstandet wird, in Frage zu stellen.
Zur umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr
69 Eine Verwechslungsgefahr besteht, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen einer Gefahr der Verwechslung ist umfassend zu beurteilen, so wie die maßgeblichen Verkehrskreise die in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen, und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
70 Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
71 Diese umfassende Beurteilung impliziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. Urteil vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, EU:C:1999:323, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
72 Die Klägerin macht geltend, im Rahmen einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr und unter Berücksichtigung der Identität der in Rede stehenden Dienstleistungen sei die ältere Marke der angemeldeten Marke so ähnlich, dass sie verwechselbar seien. Nach dem Grundsatz der Wechselbeziehung sei der geringfügige Unterschied am Wortanfang wegen der verbleibenden Gemeinsamkeit von drei Viertel der Zeichen und der Identität der in Rede stehenden Dienstleistungen zu vernachlässigen.
73 Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
74 Nach Ansicht des EUIPO hat die Beschwerdekammer unter Annahme der Identität der in Rede stehenden Dienstleistungen aufgrund der bloß geringen bildlichen sowie klanglichen Zeichenähnlichkeit, der normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und aufgrund des Umstands, dass Verbraucher dem Wortanfang mehr Aufmerksamkeit schenkten, keinen Fehler begangen, als sie zu dem Schluss gekommen sei, dass weder für die von den Einzelhandelsdienstleistungen angesprochenen Verbraucher mit einem zumindest durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad noch für die von den Großhandelsdienstleistungen angesprochenen Fachkreise mit erhöhtem Aufmerksamkeitsgrad eine Verwechslungsgefahr vorliege.
75 Die Streithelferin weist darauf hin, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen aufgrund des Unterschieds zwischen ihren Anfangsbuchstaben „m“ und „j“ in bildlicher und klanglicher Hinsicht deutlich unterschieden. Die Beschwerdekammer habe zu Recht festgestellt, dass diese Unterschiede den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht entgehen würden und insofern jede Verwechslungsgefahr ausschlössen.
76 Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdekammer für ihre Schlussfolgerung in Rn. 44 der angefochtenen Entscheidung, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr bestehe, auf bestimmte unzutreffende Faktoren gestützt, da die einander gegenüberstehenden Zeichen entgegen ihrer Feststellung in bildlicher Hinsicht (siehe oben, Rn. 50) und in klanglicher Hinsicht (siehe oben, Rn. 63) einen durchschnittlichen Ähnlichkeitsgrad aufweisen.
77 Ferner hat sich die Beschwerdekammer für weitere relevante Faktoren auf bloße Annahmen gestützt, indem sie davon ausgegangen ist, dass alle in Rede stehenden Waren identisch seien (siehe oben, Rn. 37). Außerdem hat sie in Rn. 19 der angefochtenen Entscheidung unterstellt, dass der Benutzungsnachweis für alle relevanten Mitgliedstaaten und alle beanspruchten Dienstleistungen erbracht worden sei.
78 Da die Richtigkeit dieser Annahmen von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft worden ist, ist das Gericht nicht berechtigt, sie selbst zu würdigen. Es ist nämlich nicht Sache des Gerichts, im Rahmen seiner Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung eine Frage zu beurteilen, zu der die Beschwerdekammer nicht Stellung genommen hat (Urteile vom 5. Juli 2011, Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 72, und vom 2. Juni 2021, Himmel/EUIPO – Ramirez Monfort [Hispano Suiza], T‑177/20, EU:T:2021:312, Rn. 64).
79 Das Gericht ist somit nicht in der Lage, sich im vorliegenden Fall zum Bestehen einer Verwechslungsgefahr für die maßgeblichen Verkehrskreise zu äußern, da es sich andernfalls bei der Beurteilung der Richtigkeit der oben in Rn. 77 angeführten Gesichtspunkte an die Stelle der Beschwerdekammer setzen würde.
80 Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
Kosten
81 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
82 Da die Klägerin keine Verurteilung zur Tragung der Kosten beantragt hat, sind dem EUIPO und der Streithelferin, die unterlegen sind, die Kosten nicht aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des EUIPO vom 8. November 2023 (Sache R 134/2023-5) wird aufgehoben.
2. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Škvařilová-Pelzl
Steinfatt
Kukovec
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 4. Dezember 2024.
Der Kanzler
Der Präsident
V. Di Bucci
S. Papasavvas