Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung wegen Volksverhetzung aufgrund der Veröffentlichung einer Abbildung des Eingangs eines Konzentrationslagers mit der Aufschrift „Impfen macht frei“
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 84/2025
Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung wegen Volksverhetzung aufgrund der Veröffentlichung einer Abbildung des Eingangs
eines Konzentrationslagers mit der Aufschrift
„Impfen macht frei“
Beschluss vom 4. Februar 2025 – 3 StR 468/24
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Köln verworfen, das diesen der Volksverhetzung schuldig gesprochen und deswegen eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 € verhängt hatte.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen veröffentlichte der 65 Jahre alte Angeklagte im April 2020, während der ersten Infektionswelle der COVID-19-Pandemie, über sein von jedem Nutzer einsehbares „Facebook“-Profil eine karikaturhaft anmutende Abbildung, die den Untertitel „Die Pointe des Coronawitzes“ trug. Die Darstellung zeigte das Eingangstor zu einem Lager. Oberhalb des Zugangs war der geschwungene Schriftzug „Impfen macht frei“ angebracht. Das Eingangstor war augenscheinlich an dasjenige des Konzentrationslagers Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ angelehnt. Das Tor flankierten zwei schwarz gekleidete, soldatisch anmutende Wächter, die jeweils eine überdimensionierte, mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Spritze in den Armen hielten. Im Inneren des Lagers waren zwei blumengeschmückte Bildnisse zu erkennen, nämlich das Portrait eines überzeichnet dargestellten Chinesen sowie ein solches des „Microsoft“-Gründers und Gesundheitsmäzens Bill Gates. Das Landgericht hat das festgestellte Verhalten als Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB in der Tathandlungsvariante des Verharmlosens des NS-Völkermordes beurteilt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils durch den nach der Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofs zuständigen 3. Strafsenat hat keinen Rechtsfehler aufgedeckt.
Die vom Landgericht eingehend dargelegte Wertung, die untertitelte Abbildung verschleiere und bagatellisiere das historisch einzigartige Unrecht der in Konzentrationslagern vollzogenen Vernichtung von Millionen europäischen Juden und anderen vom nationalsozialistischen Regime verfolgten Gruppen in seinem wahren Gewicht, ist nicht zu beanstanden gewesen. Der qualitativen Abwertung des NS-Völkermordes im Sinne einer Relativierung von dessen Unwertgehalt steht dabei nicht entgegen, dass zugleich die Auswirkungen von Coronaschutzmaßnahmen überzogen dramatisiert dargestellt werden sollten. Die von der Strafkammer getroffene Feststellung, die Veröffentlichung der untertitelten Abbildung sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden – das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit – zu gefährden, hat auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruht. Zum einen hat das Landgericht nachvollziehbar darauf abgehoben, die Abbildung insinuiere, den Betroffenen staatlicher Coronaschutzmaßnahmen werde gleiches Unrecht zugefügt wie den Opfern des Holocausts; deshalb sei sie geeignet, ihre Betrachter aggressiv zu emotionalisieren. Zum anderen hat es der Darstellung jedenfalls vertretbar Appellcharakter dahin beigemessen, sich gegen staatliche Maßnahmen rechtzeitig zur Wehr zu setzen, bevor es zu einem staatlichen Impfzwang komme.
Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen.
Vorinstanz:
LG Köln -113 KLs 16/23 – Urteil vom 12. Juni 2024
Maßgebliche Vorschriften:
§ 130 StGB – Volksverhetzung
…
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
…
§ 6 VStGB – Völkermord
(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,
1.ein Mitglied der Gruppe tötet,
2.einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt,
3.die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
4.Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen,
5.ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
…
Karlsruhe, den 29. April 2025
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
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