Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)
30. Januar 2025(* )
„ Rechtsmittel – Öffentliche Gesundheit – Humanarzneimittel – Zulassung – Spikevax – Comirnaty – Nichtigkeitsklage – Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Unionsrichter – Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften – Begründungsmangel und widersprüchliche Begründung – Rechtsschutzinteresse – Klagebefugnis – Art. 263 Abs. 4 AEUV – Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz “
In der Rechtssache C‑586/23 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. September 2023,
Giovanni Frajese, wohnhaft in Rom (Italien), vertreten durch O. Milanese und A. Montanari, Avvocati,
Rechtsmittelführer,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch G. Gattinara und A. Sipos als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Neunten Kammer N. Jääskinen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Achten Kammer, des Richters M. Gavalec (Berichterstatter) und der Richterin I. Ziemele,
Generalanwältin: L. Medina,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Giovanni Frajese die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 27. Juli 2023, Frajese/Kommission (T‑786/22, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2023:457), mit dem das Gericht seine Klage auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses C(2022) 7163 final der Kommission vom 3. Oktober 2022 zur Erteilung einer Zulassung für das Humanarzneimittel „Spikevax – Elasomeran“ gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses C(2021) 94 (final) und auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses C(2022) 7342 final der Kommission vom 10. Oktober 2022 zur Erteilung einer Zulassung für das Humanarzneimittel „Comirnaty – Tozinameran, COVID‑19-mRNA‑Impfstoff (Nukleosid-modifiziert)“ gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses C(2020) 9598 (final) (im Folgenden zusammen: streitige Beschlüsse) abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wird in den Rn. 2 bis 7 des angefochtenen Beschlusses wie folgt dargestellt:
„2 Am 21. Dezember 2020 bzw. am 6. Januar 2021 erließ die Kommission den Durchführungsbeschluss C(2020) 9598 (final) bzw. den Durchführungsbeschluss C(2021) 94 (final), mit denen sie auf Antrag der BioNTech Manufacturing GmbH (im Folgenden: BioNTech) bzw. der Moderna Biotech Spain SL (im Folgenden: Moderna) gemäß Art. 14-a der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von [Unionsverfahren] für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) 2019/5 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 (ABl. 2019 L 4, S. 24) geänderten Fassung bedingte Zulassungen für die Arzneimittel „Comirnaty – Tozinameran, COVID‑19-mRNA‑Impfstoff (Nukleosid-modifiziert)“ und „Spikevax – Elasomeran“ (im Folgenden zusammen: in Rede stehende Impfstoffe) erteilte.
3 Im Anschluss an die Stellungnahme des Ausschusses für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) wurden der Durchführungsbeschluss C(2020) 9598(final) und der Durchführungsbeschluss C(2021) 94 (final) durch die [streitigen] Beschlüsse aufgehoben und ersetzt, in deren zweiten Erwägungsgrund jeweils festgestellt wird, dass die spezifischen Auflagen der bedingten Zulassung der in Rede stehenden Impfstoffe erfüllt seien.
4 Nach Art. 1 der [streitigen] Beschlüsse wird eine Zulassung ohne spezifische Auflagen gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 für die in Rede stehenden Impfstoffe erteilt, deren Merkmale im jeweiligen Anhang I der [streitigen] Beschlüsse zusammengefasst sind.
5 Gemäß Art. 2 der [streitigen] Beschlüsse ist die Erfüllung der in ihrem Anhang II aufgeführten Bedingungen, insbesondere für die Herstellung, die Einfuhr, die Kontrolle und die Abgabe, weiterhin Voraussetzung für das Inverkehrbringen der in Rede stehenden Impfstoffe.
6 Nach Art. 4 der [streitigen] Beschlüsse beträgt die Gültigkeitsdauer der für die in Rede stehenden Impfstoffe erteilten Zulassungen fünf Jahre ab der Bekanntgabe dieser Beschlüsse.
7 Gemäß Art. 6 der [streitigen] Beschlüsse sind diese an Moderna und BioNTech gerichtet.“
Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss
3 Mit Klageschrift, die am 18. Dezember 2022 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Herr Frajese gemäß Art. 263 AEUV Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse.
4 Mit gesondertem Schriftsatz, der am 6. März 2023 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Unzulässigkeitseinrede und machte geltend, Herr Frajese habe in Bezug auf die streitigen Beschlüsse kein Rechtsschutzinteresse und es fehle ihm außerdem an der Klagebefugnis.
5 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Gericht die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses und fehlender Klagebefugnis von Herrn Frajese als unzulässig ab.
Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof
6 Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Frajese,
– dem Rechtsmittel in vollem Umfang stattzugeben;
– den angefochtenen Beschluss aufzuheben;
– jedenfalls den Teil des Tenors bezüglich der Auferlegung der Kosten aufzuheben;
– der Klage im ersten Rechtszug stattzugeben.
7 Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Herrn Frajese die Kosten aufzuerlegen.
Zum Rechtsmittel
8 Zur Stützung seines Rechtsmittels macht Herr Frajese vier Rechtsmittelgründe geltend, mit denen er erstens einen Verstoß gegen Art. 254 AEUV, die Art. 2 bis 18 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, Art. 16 der Verfahrensordnung des Gerichts und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) rügt, zweitens einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 und Art. 62 der Verfahrensordnung des Gerichts, drittens einen Begründungsmangel und eine widersprüchliche Begründung sowie Rechtsfehler, die bei der Feststellung seines fehlenden Rechtsschutzinteresses und seiner fehlenden Klagebefugnis begangen worden seien, wodurch gegen Art. 263 Abs. 4 AEUV verstoßen worden sei, und viertens eine Verletzung des Rechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
9 Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund beanstandet Herr Frajese die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses aus dem Grund, dass der Berichterstatter in der Rechtssache, in der dieser Beschluss ergangen sei, in den Jahren 1996 bis 2019 verschiedene Ämter bei der Europäischen Kommission innegehabt habe. Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts seien durch die langjährige Laufbahn, die dieser Richter bei der Europäischen Kommission absolviert habe, sowie durch seine Aussicht darauf beeinträchtigt worden, diese Laufbahn bei dem genannten Organ nach dem Ende seiner Amtszeit als Richter wieder aufzunehmen.
10 Unter Bezugnahme auf Art. 254 AEUV, die Art. 2, 4 und 18 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, Art. 16 der Verfahrensordnung des Gerichts sowie Art. 47 der Charta weist Herr Frajese darauf hin, dass Art. 6 Abs. 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vorsehe, dass das Recht, von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört zu werden, die Grundlage für ein faires Verfahren darstelle. Er weist darauf hin, dass es bei der Beurteilung der Unabhängigkeit eines Gerichts nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch auf den äußeren Anschein ankomme, da es bedeutsam sei, das Vertrauen des Einzelnen in eine demokratische Gesellschaft und in die Unabhängigkeit der Gerichte zu wahren, und dass bei der Feststellung, ob berechtigte Zweifel hinsichtlich der Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit eines Richters bestünden, der Standpunkt des Betroffenen zu berücksichtigen sei, indem geprüft werde, ob dessen Befürchtungen gerechtfertigt seien. So würde die Unabhängigkeit eines Richters sowohl dann verletzt, wenn dieser in konkreter Weise beeinflusst werde, als auch dann, wenn dies abstrakt der Fall sein könnte, da ein Verdacht als solcher geeignet sei, das Vertrauen des Einzelnen zu erschüttern.
11 Die Kommission beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Würdigung durch den Gerichtshof
12 Es ist darauf hinzuweisen, dass Herr Frajese in Bezug auf den Berichterstatter in der Rechtssache, in der der angefochtene Beschluss ergangen ist, vor dem Gericht keinen Ablehnungsantrag nach Art. 18 Abs. 1 und 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß ihrem Art. 47 Abs. 1 auf das Gericht Anwendung findet, eingereicht hat. Ebenso wenig beruft er sich im Rahmen seines Rechtsmittels auf einen der in Art. 18 Abs. 1 dieser Satzung vorgesehenen Ablehnungsgründe.
13 In seinem Vorbringen vor dem Gerichtshof macht Herr Frajese unter Berufung auf die Theorie des äußeren Anscheins lediglich geltend, dass die langjährige Laufbahn des Berichterstatters bei der Kommission und seine Aussicht darauf, die Laufbahn bei diesem Organ nach dem Ende seiner Amtszeit als Richter wieder aufzunehmen, zu Zweifeln an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Spruchkörpers des Gerichts führen würden, der über die Rechtssache zu entscheiden gehabt habe.
14 Insoweit ist festzustellen, dass das Erfordernis der Unabhängigkeit der Gerichte, das dem Auftrag des Richters inhärent ist, zum Wesensgehalt des Rechts auf wirksamen Rechtsschutz und des Grundrechts auf ein faires Verfahren gehört, denen als Garant für den Schutz sämtlicher dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsender Rechte und für die Wahrung der in Art. 2 EUV genannten Werte, die den Mitgliedstaaten gemeinsam sind, u. a. des Wertes der Rechtsstaatlichkeit, grundlegende Bedeutung zukommt (Urteil vom 11. Juli 2024, Hann‑Invest u. a., C‑554/21, C‑622/21 und C‑727/21, EU:C:2024:594, Rn. 49 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
15 Dieses Erfordernis der Unabhängigkeit umfasst zwei Aspekte. Der erste, das Außenverhältnis betreffende Aspekt erfordert, dass die betreffende Einrichtung ihre Funktionen in völliger Autonomie ausübt, ohne mit irgendeiner Stelle hierarchisch verbunden oder ihr untergeordnet zu sein und ohne von irgendeiner Stelle Anordnungen oder Anweisungen zu erhalten, so dass sie auf diese Weise vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, die die Unabhängigkeit des Urteils ihrer Mitglieder gefährden und deren Entscheidungen beeinflussen könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2024, Hann‑Invest u. a., C‑554/21, C‑622/21 und C‑727/21, EU:C:2024:594, Rn. 50 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
16 Der zweite, das Innenverhältnis betreffende Aspekt, dessen Beachtung Herr Frajese mit seinem Rechtsmittelgrund im Hinblick auf den Spruchkörper des Gerichts, der den angefochtenen Beschluss erlassen hat, in Frage stellt, steht mit dem Erfordernis der Unparteilichkeit in Zusammenhang und bezieht sich darauf, dass den Parteien des Rechtsstreits und ihren jeweiligen Interessen am Streitgegenstand mit dem gleichen Abstand begegnet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2024, Hann‑Invest u. a., C‑554/21, C‑622/21 und C‑727/21, EU:C:2024:594, Rn. 51 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
17 Dieses Erfordernis der Unparteilichkeit deckt zwei Aspekte ab. Erstens muss die Kammer subjektiv unparteiisch sein, d. h. keines ihrer Mitglieder darf Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen, wobei die persönliche Unparteilichkeit bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird. Zweitens muss sie objektiv unparteiisch sein, d. h. hinreichende Garantien bieten, um jeden berechtigten Zweifel in dieser Hinsicht auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 54, sowie Beschluss vom 15. Dezember 2011, Altner/Kommission, C‑411/11 P, EU:C:2011:852, Rn. 15).
18 Indes belegt Herr Frajese seine Behauptung zur subjektiven Unparteilichkeit zum einen mit keinerlei Beweisen. Er bezieht sich nämlich auf keinen konkreten Umstand, der die Feststellung einer persönlichen Parteilichkeit des Berichterstatters in der Rechtssache, in der der angefochtene Beschluss ergangen ist, erlauben würde. Insbesondere behauptet er weder, dass dieses Mitglied des Spruchkörpers am Erlass der streitigen Beschlüsse beteiligt gewesen sei, noch, dass es in irgendeiner Weise zu deren Erlass beigetragen habe.
19 Zum anderen legt Herr Frajese nichts vor, was die objektive Unparteilichkeit des betreffenden Spruchkörpers des Gerichts in Frage stellen könnte, und macht nicht geltend, dass eine der Bestimmungen des Unionsrechts, die Garantien zur Gewährleistung der Unparteilichkeit dieses Spruchkörpers schaffen sollen, ungültig sei. Insbesondere behauptet er nicht, dass die Vorschriften über die Zusammensetzung des Spruchkörpers des Gerichts, dem eine Rechtssache zugewiesen wird, nicht geeignet seien, die Neutralität dieses Spruchkörpers gegenüber den Interessen, die vor ihm aufeinandertreffen, zu gewährleisten.
20 Da Herr Frajese kein einziges rechtliches Argument vorträgt, das seinen ersten Rechtsmittelgrund speziell stützen würde, ist dieser Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2014, MasterCard u. a./Kommission, C‑382/12 P, EU:C:2014:2201, Rn. 215, sowie vom 16. November 2023, Roos u. a./Parlament, C‑458/22 P, EU:C:2023:871, Rn. 90).
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
21 Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht Herr Frajese geltend, das Gericht habe gegen seine Verfahrensordnung verstoßen, indem es in Rn. 14 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, die Kommission habe die Unzulässigkeitseinrede innerhalb der um zehn Tage verlängerten Frist von zwei Monaten erhoben, die sich aus Art. 60, Art. 81 Abs. 1 und Art. 130 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung ergebe. Ihm zufolge hätte das Gericht die von der Kommission am 6. März 2023 erhobene Unzulässigkeitseinrede als verspätet zurückweisen müssen.
22 Die Kommission beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Würdigung durch den Gerichtshof
23 Aus Rn. 14 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die Kommission am 20. Dezember 2023 gemäß Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses des Gerichts vom 11. Juli 2018 über die Einreichung und die Zustellung von Verfahrensschriftstücken im Wege der Anwendung e‑Curia (ABl. 2018, L 240, S. 72) per E‑Mail von der über e‑Curia an sie gerichteten Zustellung der von Herrn Frajese eingereichten Klageschrift benachrichtigt wurde. Wie die Kommission nachgewiesen hat, griff sie am 22. Dezember 2023 auf dieses Schriftstück zu, so dass dies der Tag ist, an dem gemäß Art. 6 Abs. 3 dieses Beschlusses die Klageschrift als diesem Organ zugestellt gilt.
24 Daraus folgt, dass die Frist von zwei Monaten und zehn Tagen nach Zustellung der Klageschrift, innerhalb der die Kommission gemäß Art. 60 in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 und Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Unzulässigkeitseinrede erheben konnte, am 4. März 2023 endete. Da der 4. März 2023 jedoch ein Samstag war, endete die Frist gemäß Art. 58 Abs. 2 dieser Verfahrensordnung mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags, d. h. am Montag, den 6. März 2023.
25 Im Hinblick darauf, dass die Kommission ihre Einrede der Unzulässigkeit der Klage am 6. März 2023 erhob, kann Herr Frajese nicht mit Erfolg deren Verspätung geltend machen.
26 Unter diesen Umständen ist der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund
27 Dieser Rechtsmittelgrund ist in drei Teile gegliedert. Mit dem ersten Teil rügt der Rechtsmittelführer einen Begründungsmangel und eine widersprüchliche Begründung, mit denen der angefochtene Beschluss behaftet sei. Mit dem zweiten Teil wirft er dem Gericht vor, unter Verstoß gegen Art. 263 Abs. 4 AEUV festgestellt zu haben, dass er kein Rechtsschutzinteresse habe. Mit dem dritten Teil beanstandet er, das Gericht habe unter Verstoß gegen dieselbe Bestimmung festgestellt, dass es ihm an der Klagebefugnis fehle.
Zum ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der Parteien
28 Erstens wirft Herr Frajese dem Gericht vor, das etwaige Bestehen einer ihm obliegenden Impfpflicht geprüft zu haben, obwohl er zum Nachweis seines Rechtsschutzinteresses und seiner Klagebefugnis nie vorgebracht habe, einer solchen Pflicht zu unterliegen.
29 Zweitens habe das Gericht sein Vorbringen nicht geprüft, wonach die streitigen Beschlüsse eine Pflicht für alle Impfärzte begründeten, im Rahmen der etwaigen Verschreibung der in Verkehr gebrachten Arzneimittel eine Bewertung derselben vorzunehmen.
30 Drittens wirft Herr Frajese dem Gericht vor, die Gründe nicht erläutert zu haben, aus denen es sein im ersten Rechtszug zur Stützung seines Rechtsschutzinteresses vorgebrachtes Argument zurückgewiesen habe, wonach die von den Impfärzten zu treffende Entscheidung über die Verabreichung oder Nicht-Verabreichung von Arzneimitteln, für die eine Zulassung erteilt worden sei, ihre Haftung und ihr unmittelbares Interesse daran nach sich ziehe, dass diese Arzneimittel keine schwerwiegenden Folgen für die Patienten hätten, denen sie verabreicht würden. Er habe vor dem Gericht erläutert, dass sich seine Haftung als Impfarzt, einem besonderen Beruf, unmittelbar aus den streitigen Beschlüssen und der leichten Verfügbarkeit dieser Arzneimittel im Hoheitsgebiet der Union ergebe, ohne dass das Gericht diesbezüglich spezifische Entscheidungsgründe formuliert hätte.
31 Viertens sei die Begründung des angefochtenen Beschlusses insofern widersprüchlich, als das Gericht in seiner Rn. 22 gleichzeitig festgestellt habe, dass die streitigen Beschlüsse es den Mitgliedstaaten zum einen untersagten, sich dem Inverkehrbringen der in Rede stehenden Impfstoffe in der Union zu widersetzen und dass diese Beschlüsse zum anderen keine Pflicht für Ärzte begründeten, ihren Patienten diese Impfstoffe zu verschreiben und zu verabreichen.
32 Die Kommission beantragt, den ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
– Würdigung durch den Gerichtshof
33 Was erstens die Behauptung von Herrn Frajese angeht, wonach er entgegen dem, was aus Rn. 23 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, nie geltend gemacht habe, einer Impfpflicht zu unterliegen, ist diese Rüge als ins Leere gehend zurückzuweisen, da das Gericht, selbst wenn diese Behauptung bewiesen wäre, in dieser Randnummer des angefochtenen Beschlusses lediglich ein nicht vorgebrachtes Argument zurückgewiesen hätte.
34 Zweitens ist, soweit Herr Frajese dem Gericht vorwirft, sein Vorbringen nicht geprüft zu haben, wonach die streitigen Beschlüsse eine Pflicht für alle Impfärzte begründeten, im Rahmen der etwaigen Verschreibung der in Verkehr gebrachten Arzneimittel eine Bewertung derselben vorzunehmen, festzustellen, dass auch diese Rüge zurückzuweisen ist. In Rn. 24 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht nämlich das Fehlen verbindlicher Rechtswirkungen für Impfärzte hinreichend klar begründet, indem es ausgeführt hat, dass „keine Bestimmung der [streitigen] Beschlüsse oder ihrer Anhänge … den Ärzten, die bereit sind, die in Rede stehenden Impfstoffe zu verabreichen, die Verantwortung oder gar die Pflicht [auferlegt], ihre Sicherheit und ihre Wirksamkeit zu überprüfen“, und hinzugefügt hat, dass „die Überprüfung der Sicherheit und der Wirksamkeit von Arzneimitteln … durch die EMA gewährleistet [wird], auf deren Stellungnahme die [streitigen] Beschlüsse im vorliegenden Fall gestützt sind“.
35 Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die dem Gericht obliegende Begründungspflicht nach ständiger Rechtsprechung nicht verlangt, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung des Gerichts kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für seine Entscheidung zu erfahren, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrolle wahrnehmen kann. Überdies handelt es sich bei der Begründungspflicht um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteil vom 29. April 2021, Achemos Grupė und Achema/Kommission, C‑847/19 P, EU:C:2021:343, Rn. 61 und 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
36 Insofern hat das Gericht in Rn. 25 des angefochtenen Beschlusses zunächst festgestellt, dass die streitigen Beschlüsse ausschließlich an die Herstellerinnen der in Rede stehenden Impfstoffe gerichtet seien und keine Pflichten für natürliche Personen begründeten. Sodann hat es in dieser Randnummer darauf hingewiesen, dass diese Beschlüsse keine zivilrechtliche Haftung oder gar strafrechtliche Verantwortung von Herrn Frajese gegenüber seinen Patienten begründen könnten, da eine solche Haftung bzw. Verantwortung von spezifischen Umständen abhänge, die auf die individuelle Behandlung von Patienten zurückzuführen und unabhängig von den genannten Beschlüssen seien. Schließlich hat das Gericht in der genannten Randnummer festgestellt, dass es Herrn Frajese, soweit er bei der Behandlung eines Patienten Zweifel an der Sicherheit oder der Wirksamkeit der in Rede stehenden Impfstoffe habe, freistehe, diese Impfstoffe nicht zu empfehlen oder zu verabreichen und dass er jedenfalls nicht dafür haftbar gemacht werden könne, die für diese Impfstoffe erteilten Zulassungen nicht gerichtlich angefochten zu haben.
37 Somit ergibt sich aus dieser Rn. 25 des angefochtenen Beschlusses, dass das Gericht darin klar die Gründe dargelegt hat, aus denen es festgestellt hat, dass die streitigen Beschlüsse die Pflichten der Impfärzte, zu denen Herr Frajese gehöre, in keiner Weise berührten und dass jegliche etwaige Haftung desselben gegenüber seinen Patienten von diesen Beschlüssen sowie von der leichten Verfügbarkeit der Impfstoffe im Hoheitsgebiet der Union unabhängig sei.
38 Aus dieser Begründung gehen also klar und eindeutig die Erwägungen des Gerichts zum fehlenden Rechtsschutzinteresse von Herrn Frajese hervor, so dass es ihm möglich ist, die Gründe für die getroffene Entscheidung zu erfahren, und der Gerichtshof seine gerichtliche Kontrolle wahrnehmen kann, ohne dass das Gericht das Vorbringen des Betroffenen in deutlicherer Art und Weise zurückweisen müsste.
39 Viertens enthält Rn. 22 des angefochtenen Beschlusses entgegen dem Vorbringen von Herrn Frajese keine widersprüchliche Begründung. Die Beobachtung, wonach die streitigen Beschlüsse es den Mitgliedstaaten verböten, sich dem Inverkehrbringen der in Rede stehenden Impfstoffe in der Union zu widersetzen, widerspricht in keiner Weise der Feststellung, wonach diese Bestimmungen keine Pflichten für Ärzte begründet hätten, ihren Patienten diese Impfstoffe zu verschreiben und zu verabreichen.
40 Folglich ist der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der Parteien
41 Erstens bringt Herr Frajese vor, der Zweck der streitigen Beschlüsse bestehe darin, die Verwendung der in Rede stehenden Impfstoffe im Hoheitsgebiet der Union unter Einhaltung der darin genannten Anforderungen und somit ihre Verabreichung zu erlauben. Daher habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es sich für die Verneinung seines Rechtsschutzinteresses auf den Grund gestützt habe, dass die Durchführung der Impfungen nicht zum Gegenstand dieser Beschlüsse gehöre, sondern von den nationalen Behörden entschieden werden könne, da diese Begründung durch den zentralisierten Charakter des Bewertungs- und Zulassungsverfahrens auf Unionsebene widerlegt werde. Darüber hinaus könnten sich die Anhänge der streitigen Beschlüsse auf Impfärzte auswirken, da sie für die Verabreichung der in Rede stehenden Impfungen eine ärztliche Verschreibung verlangten, wobei es sich um eine diesen Impfärzten vorbehaltene Handlung handele.
42 Zweitens bestätigten die Bestimmungen der Europäischen Charta der Patientenrechte das Bestehen einer rechtlichen, ethischen und standesrechtlichen Pflicht der Impfärzte, den Unionsbürgern vollständige Informationen über die Art der Behandlung, die damit verbundenen Risiken und mögliche therapeutische Alternativen bereitzustellen.
43 Drittens bestehe der unmittelbare Vorteil, den Herr Frajese aus der Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse und dem Widerruf der Zulassung der in Rede stehenden Impfstoffe zöge, in der Befreiung von der Pflicht, eine Bewertung dieser Impfstoffe vorzunehmen, sowie von seiner Haftung im Fall des Auftretens unerwünschter Vorkommnisse bei den Patienten.
44 Daraus schließt Herr Frajese, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass er in Ermangelung eines spezifischen, tatsächlichen und gegenwärtigen Interesses an der Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse kein Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf diese Beschlüsse habe nachweisen können.
45 Die Kommission beantragt, den zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
– Würdigung durch den Gerichtshof
46 Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht Herr Frajese geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es entschieden habe, dass er kein Rechtsschutzinteresse in Bezug auf die Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse nachgewiesen habe.
47 Erstens ist im Einklang mit den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 16 und 17 des angefochtenen Beschlusses darauf hinzuweisen, dass das Rechtsschutzinteresse nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die wesentliche Grundvoraussetzung für jede vor Gericht erhobene Klage darstellt. Eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person ist somit nur zulässig, soweit der Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung besitzt. Das Bestehen des Rechtsschutzinteresses bei einem Kläger setzt voraus, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann, dass also die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann und dass diese ein bestehendes und gegenwärtiges Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung nachweist. Es ist Sache des Klägers, sein Rechtsschutzinteresse nachzuweisen. Er muss insbesondere ein persönliches Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung darlegen. Es muss sich dabei um ein bestehendes und gegenwärtiges Interesse handeln, wofür auf den Tag der Klageerhebung abzustellen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55 bis 58 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
48 In den Rn. 21 bis 24 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht zu Recht den Inhalt und die Tragweite der streitigen Beschlüsse geprüft, wobei es u. a. ihre Adressaten, Moderna und BioNTech, sowie das etwaige Bestehen von Haftungen und Pflichten, die diese Beschlüsse gegenüber Impfärzten, darunter Herrn Frajese, begründen könnten, berücksichtigt hat, um in den Rn. 25, 26 und 28 dieses Beschlusses zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Herr Frajese kein Rechtsschutzinteresse im Hinblick auf diese Beschlüsse habe, da er durch ihre Nichtigerklärung keinen Vorteil erlangen könne.
49 Entgegen dem Vorbringen von Herrn Frajese folgt aus dem Umstand, dass die durch die streitigen Beschlüsse für die in Rede stehenden Impfstoffe erteilten Zulassungen es ihren Inhabern erlauben, diese Impfstoffe in jedem Mitgliedstaat in Verkehr zu bringen, nicht, dass diese Beschlüsse Ärzte dazu verpflichten würden, ihren Patienten die Impfstoffe zu verschreiben und zu verabreichen. Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Erteilung einer Zulassung zwar Voraussetzung des Rechts der Inhaber der Zulassungen ist, die betreffenden Impfstoffe in den einzelnen Mitgliedstaaten in Verkehr zu bringen, jedoch grundsätzlich keine Pflicht für Patienten oder Impfärzte begründet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2023, Azienda Ospedale-Università di Padova, C‑765/21, EU:C:2023:566, Rn. 36 und 42).
50 Obwohl sich aus den Anhängen der streitigen Beschlüsse ergibt, dass für die Verabreichung der in Rede stehenden Impfstoffe eine ärztliche Verschreibung erforderlich ist, begründet dieser Umstand entgegen dem Vorbringen von Herrn Frajese auch keine unmittelbare Pflicht oder Haftung für einen Impfarzt.
51 Herr Frajese trägt daher nichts vor, was belegen könnte, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hätte, indem es in den Rn. 22 und 23 des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, die streitigen Beschlüsse würden Ärzte weder beauftragten noch verpflichten, ihren Patienten die in Rede stehenden Impfstoffe zu verabreichen, und eine Pflicht dieser Art könne ihre Rechtsgrundlage ausschließlich im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats finden.
52 Zweitens zeigt Herr Frajese nicht auf, inwiefern die Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse seine Pflicht in Frage stellen könnte, seine Patienten über die Art der Behandlung, die damit verbundenen Risiken und mögliche therapeutische Alternativen zu informieren. Eine solche Informationspflicht steht nämlich in keinem Zusammenhang mit dem Inhalt der Beschlüsse, die keine einzige Vorschrift zu diesen Aspekten enthalten. Somit kann Herr Frajese nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht hätte diese Informationspflicht berücksichtigen und folglich sein Rechtsschutzinteresse feststellen müssen.
53 Drittens zeigt Herr Frajese zum einen nicht auf, inwiefern die Feststellungen in Rn. 24 des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft seien, wonach „keine Bestimmung der [streitigen] Beschlüsse oder ihrer Anhänge … den Ärzten, die bereit sind, die in Rede stehenden Impfstoffe zu verabreichen, die Verantwortung oder gar die Pflicht [auferlegt], ihre Sicherheit und ihre Wirksamkeit zu überprüfen“, und die Überprüfung der Sicherheit und der Wirksamkeit von Arzneimitteln durch die EMA gewährleistet werde, auf deren Stellungnahme diese Beschlüsse gestützt seien. Folglich kann er nicht geltend machen, das Gericht hätte anerkennen müssen, dass ihn die Nichtigerklärung der streitigen Beschlüsse von seiner Pflicht befreien würde, eine Bewertung dieser Impfstoffe vorzunehmen.
54 Zum anderen erläutert Herr Frajese in Bezug auf seine angebliche Haftung im Fall des Auftretens unerwünschter Vorkommnisse bei den Patienten nicht, inwiefern die Feststellung in Rn. 25 des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft sei, wonach die Haftung eines Arztes gegenüber seinen Patienten von spezifischen Umständen abhänge, die auf die individuelle Behandlung dieser Patienten zurückzuführen und unabhängig von den genannten Beschlüssen seien. Somit kann er nicht geltend machen, das Gericht hätte anerkennen müssen, dass die Nichtigerklärung dieser Beschlüsse ihn für den Fall des Auftretens unerwünschter Vorkommnisse bei seinen Patienten von seiner Haftung befreien würde.
55 Folglich ist der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der Parteien
56 Um die Begründung des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf seine fehlende Klagebefugnis zu beanstanden, macht Herr Frajese erstens geltend, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass er die beiden kumulativen Kriterien nicht erfülle, um im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV als unmittelbar von den streitigen Beschlüssen betroffen angesehen zu werden. Da das Verfahren zur Beschaffung und Verteilung der in Rede stehenden Impfstoffe auf Unionsebene zentralisiert worden sei und die streitigen Beschlüsse eine notwendige und hinreichende Voraussetzung für den Verkauf der zugelassenen Produkte im gesamten Hoheitsgebiet der Union darstellten, ohne dass die nationalen Behörden Durchführungsvorschriften erlassen müssten, hätte das Gericht feststellen müssen, dass diese Beschlüsse ihn unmittelbar beträfen.
57 Zweitens habe das Gericht zu Unrecht nicht anerkannt, dass Herr Frajese die erforderlichen Kriterien erfülle, um im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV als individuell von den streitigen Beschlüssen betroffen angesehen zu werden. Das Gericht hätte nach Ansicht von Herrn Frajese feststellen müssen, dass seine Zugehörigkeit zur eingegrenzten Gruppe der im Bereich von Impfungen tätigen Ärzte ausreiche, um ihn zu individualisieren, sowie dass er als Adressat der streitigen Beschlüsse anzusehen sei, deren tatsächliche Durchführung er sicherstelle, indem er seinen Patienten die in Rede stehenden Impfungen empfehle, verabreiche oder ihnen davon abrate. Die Voraussetzung, dass ein Kläger individuell von der Handlung betroffen sein müsse, deren Nichtigerklärung beantragt werde, sei vorliegend jedenfalls erfüllt, da die streitigen Beschlüsse ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften und aufgrund von Umständen berührten, die ihn von allen anderen Personen unterschieden.
58 Drittens führt Herr Frajese unter Bezugnahme auf Rn. 58 des Urteils vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873), zum einen aus, dass, wenn sich ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter unmittelbar auf die Rechtsstellung einer natürlichen oder juristischen Person auswirke, ohne dass Durchführungsmaßnahmen erforderlich seien, die Gefahr bestünde, dass diese Person keinen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz hätte, wenn sie vor dem Unionsrichter keinen Rechtsbehelf einlegen könnte, um die Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts mit Verordnungscharakter anfechten zu können, und zum anderen, dass seine Klage vor dem Gericht der einzige ihm zur Verfügung stehende Rechtsbehelf gewesen sei.
59 Die Kommission beantragt, den dritten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
– Würdigung durch den Gerichtshof
60 Ungeachtet der Feststellung, dass Herrn Frajese ein Rechtsschutzinteresse fehle, und trotz des kumulativen Charakters der einzelnen Voraussetzungen in Bezug auf das Rechtsschutzinteresse und die Klagebefugnis (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 62 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), hat das Gericht in Rn. 29 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, es für angebracht zu halten, die Klagebefugnis von Herrn Frajese zu prüfen.
61 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Klagebefugnis einer natürlichen oder juristischen Person nach Art. 263 Abs. 4 AEUV gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung in zwei Fällen festgestellt werden kann. Zum einen kann eine Nichtigkeitsklage erhoben werden, wenn diese Handlung die Person unmittelbar und individuell betrifft. Zum anderen kann eine solche Person gegen einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, klagen, sofern dieser Rechtsakt sie unmittelbar betrifft (Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 59 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
62 Ferner geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass, wenn eine Nichtigkeitsklage von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine nicht an sie gerichtete Handlung erhoben wird, sich das Erfordernis, dass die verbindlichen Rechtswirkungen der angefochtenen Maßnahme die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen, mit den Voraussetzungen nach Art. 263 Abs. 4 AEUV für die Klagebefugnis überschneiden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 38).
63 Im Licht dieser einleitenden Erwägungen ist das Vorbringen von Herrn Frajese zur Stützung des dritten Teils seines dritten Rechtsmittelgrundes zu würdigen.
64 Was als Erstes die Beurteilung des Gerichts in Bezug auf die fehlende unmittelbare Betroffenheit des Rechtsmittelführers von den streitigen Beschlüssen angeht, hat das Gericht in Rn. 30 des angefochtenen Beschlusses im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf hingewiesen, dass eine unmittelbare Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nur dann vorliegt, wenn die beanstandete Maßnahme sich auf die Rechtsstellung der betreffenden Person unmittelbar auswirkt und sie ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessen lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung anderer Durchführungsvorschriften ergibt (Urteil vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 66 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Zur ersten Voraussetzung hat das Gericht in Rn. 31 des angefochtenen Beschlusses im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf hingewiesen, dass sich die in Rede stehende Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung der natürlichen oder juristischen Person auswirken muss, die eine Klage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV zu erheben gedenkt, und eine solche Voraussetzung ausschließlich anhand der Rechtswirkungen der Maßnahme zu beurteilen ist (Urteil vom 3. Dezember 2020, Région de Bruxelles-Capitale/Kommission, C‑352/19 P, EU:C:2020:978, Rn. 64).
66 Insoweit hat das Gericht in den Rn. 32 bis 34 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die streitigen Beschlüsse keine Rechtswirkungen für die Rechtsstellung von Herrn Frajese erzeugten, da sie keine Pflicht für ihn enthielten, seinen Patienten die in Rede stehenden Impfstoffe zu verabreichen oder deren Sicherheit und Wirksamkeit selbst zu überprüfen, und hat hinzugefügt, dass es sich selbst unter der Annahme, dass nach dem italienischen Recht oder dem Unionsrecht eine Pflicht für Ärzte bestanden hätte, diese Impfstoffe zu verabreichen, nicht um Rechtswirkungen handeln würde, die sich aus den streitigen Beschlüssen ergäben, sondern um die Folge des Erlasses anderer Maßnahmen auf nationaler oder Unionsebene.
67 Zur zweiten Voraussetzung hat das Gericht in Rn. 35 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass mit den streitigen Beschlüssen lediglich eine Zulassung für die in Rede stehenden Impfstoffe erteilt werde und die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten keine Adressaten dieser Beschlüsse seien, woraus sich ergebe, dass diese Behörden über ein uneingeschränktes Ermessen im Hinblick darauf verfügten, ob es zweckmäßig sei, den Ärzten die Anwendung dieser Arzneimittel aufzuerlegen, erforderlichenfalls auch mittels Zwangsmaßnahmen.
68 Auf Grundlage dieser Gesichtspunkte ist das Gericht in Rn. 36 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine unmittelbare Betroffenheit von Herrn Frajese von den streitigen Beschlüssen nicht erfüllt seien.
69 Um geltend zu machen, das Gericht hätte anerkennen müssen, dass er im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar von den streitigen Beschlüssen betroffen sei, beschränkt sich Herr Frajese zum einen auf die allgemeine Behauptung, die erste Voraussetzung für die Feststellung seiner unmittelbaren Betroffenheit sei im vorliegenden Fall erfüllt, ohne dass er die Erwägungen des Gerichts in Zweifel zöge, auf deren Grundlage es zu dem Ergebnis gelangt ist, diese Beschlüsse wirkten sich nicht unmittelbar auf seine Rechtsstellung aus.
70 Was zum anderen die zweite Voraussetzung für die Feststellung seiner unmittelbaren Betroffenheit angeht, beruft sich Herr Frajese vergeblich auf ein fehlendes Ermessen der nationalen Behörden im zentralisierten Verfahren zum Kauf der Impfstoffe, da die streitigen Beschlüsse nicht den Kauf der in Rede stehenden Impfstoffe, sondern die zwei pharmazeutischen Unternehmen erteilten Zulassungen betreffen, die die Vermarktung dieser Impfstoffe ermöglichen.
71 Daraus folgt, dass Herr Frajese nicht dargetan hat, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen wäre, als es entschieden hat, er sei nicht unmittelbar von den streitigen Beschlüssen betroffen.
72 Was als Zweites die Beurteilung des Gerichts in Bezug auf die fehlende individuelle Betroffenheit des Rechtsmittelführers von den streitigen Beschlüssen angeht, ist festzustellen, dass dieser nichts vorbringt, was geeignet wäre, darzutun, dass die Schlussfolgerungen des Gerichts in den Rn. 39 und 41 des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft wären, wonach „[d]ie bloße Behauptung, der Kläger gehöre der eingegrenzten Gruppe der Ärzte an, die im Bereich der Impfung von Bürgern tätig seien, … weder aus[reicht], um ihn zu individualisieren, noch um ihn aus dem Kreis aller Berufstätigen im Gesundheits- und Pflegebereich herauszuheben“ und wonach „nicht davon ausgegangen werden kann, dass die [streitigen] Beschlüsse den Kläger oder seine Patienten wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder aufgrund von Umständen berühren, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten“.
73 Außerdem genügt in Bezug auf die Behauptung von Herrn Frajese, er sei als Adressat der streitigen Beschlüsse anzusehen, der Hinweis, dass er nicht erläutert, inwiefern die Feststellung des Gerichts in Rn. 21 des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft sein soll, wonach Moderna und BioNTech die einzigen Adressaten dieser Beschlüsse seien.
74 Als Drittes ist zum einen im Hinblick auf das Vorbringen von Herrn Frajese, wonach sich aus der Notwendigkeit der Gewährleistung eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes ergebe, dass jede natürliche oder juristische Person einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter anfechten könne, der sich unmittelbar auf ihre Rechtsstellung auswirke, ohne Durchführungsmaßnahmen zu erfordern, festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 42 bis 44 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass die streitigen Beschlüsse nicht als Rechtsakte mit Verordnungscharakter angesehen werden könnten. Das Rechtsmittel enthält indes nichts, woraus hervorginge, dass diese Schlussfolgerung des Gerichts mit einem Rechtsfehler behaftet wäre.
75 Was zum anderen das Vorbringen von Herrn Frajese betrifft, wonach es sich bei der im ersten Rechtszug erhobenen Nichtigkeitsklage um den einzigen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf gehandelt habe, genügt der Hinweis, dass – wie das Gericht in den Rn. 45 und 46 des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausgeführt hat – natürliche oder juristische Personen, die Handlungen der Union wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Nichtigkeitsklage nicht unmittelbar anfechten können, berechtigt sind, die von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit diesen Handlungen erlassenen Maßnahmen vor den nationalen Gerichten anzufechten, indem sie sich auf die Ungültigkeit dieser Handlungen berufen und die nationalen Gerichte veranlassen, dem Gerichtshof Fragen nach der Gültigkeit der Handlungen gemäß Art. 267 AEUV im Wege der Vorabentscheidung vorzulegen.
76 Folglich ist der dritte Teil des dritten Rechtsmittelgrundes und somit dieser Rechtsmittelgrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
77 Mit seinem vierten Rechtsmittelgrund macht Herr Frajese geltend, das Gericht habe in Rn. 46 des angefochtenen Beschlusses fehlerhaft entschieden, dass natürliche oder juristische Personen, die Handlungen der Union wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Nichtigkeitsklage nicht unmittelbar anfechten könnten, berechtigt seien, die von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit diesen Handlungen erlassenen Maßnahmen vor den nationalen Gerichten anzufechten, indem sie sich auf die Ungültigkeit dieser Handlungen beriefen und die nationalen Gerichte veranlassten, dem Gerichtshof Fragen nach der Gültigkeit der Handlungen gemäß Art. 267 AEUV im Wege der Vorabentscheidung vorzulegen.
78 Es sei nicht möglich, die nationalen Gerichte dazu zu „veranlassen“, dem Gerichtshof Fragen nach der Gültigkeit von Handlungen der Kommission im Wege der Vorabentscheidung vorzulegen, da diese Befugnis ausschließlich in die Zuständigkeit der Gerichte des Erkenntnisverfahrens falle und die Möglichkeit, dem Gerichtshof Fragen zu stellen, über die die nationalen Gerichte verfügten, folglich kein hinreichendes Mittel sei, um die Verteidigungsrechte von Bürgern zu wahren, die die nachteiligen Folgen von durch die Kommission erlassenen Rechtsakten trügen.
79 Da die in Art. 263 AEUV vorgesehene Klage somit das einzige Mittel gewesen sei, das er habe nutzen können, habe ihm das Gericht unter Verstoß gegen Art. 47 der Charta jeglichen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz vorenthalten, indem es seine Klage als unzulässig abgewiesen habe.
80 Die Kommission beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Würdigung durch den Gerichtshof
81 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann das in Art. 47 der Charta verankerte Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz nicht zum Wegfall der in Art. 263 Abs. 4 AEUV ausdrücklich vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Nichtigkeitsklage führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 97 und 98 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
82 Herr Frajese kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht hätte nach der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit seiner Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien, gleichwohl gemäß Art. 47 der Charta in der Sache über die Klage entscheiden müssen.
83 Was das Vorbringen betrifft, wonach Herr Frajese nicht in der Lage sei, ein nationales Gericht dazu zu zwingen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass das Vorabentscheidungsersuchen zur Beurteilung der Gültigkeit in gleicher Weise wie die Nichtigkeitsklage eine Form der Rechtmäßigkeitskontrolle der Unionshandlungen ist und dass ein nationales Gericht, wenn es der Auffassung ist, dass einer oder mehrere der von den Parteien für die Ungültigkeit einer Handlung der Union vorgebrachten oder gegebenenfalls von Amts wegen geprüften Gründe durchgreifen, das Verfahren aussetzen und dem Gerichtshof ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit vorlegen muss, da allein der Gerichtshof befugt ist, die Ungültigkeit einer Handlung der Union festzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 95 und 96 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
84 Insoweit ist mit der Kommission hinzuzufügen, dass sich aus dem mit Art. 267 AEUV eingeführten System unter Berücksichtigung von Art. 47 Abs. 2 der Charta ergibt, dass dann, wenn ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, annimmt, dass es von der in Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Pflicht, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, befreit ist, die Begründung seiner Entscheidung entweder erkennen lassen muss, dass die aufgeworfene unionsrechtliche Frage für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich ist oder dass sich die Auslegung der betreffenden Unionsrechtsvorschrift auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs stützt oder – wenn es keine solche Rechtsprechung gibt – dass die Auslegung des Unionsrechts für das in letzter Instanz entscheidende einzelstaatliche Gericht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C‑561/19, EU:C:2021:799, Rn. 51). Im Übrigen kann ein Kläger unter den in der Rechtsprechung vorgesehenen Voraussetzungen den Ersatz des durch den Verstoß gegen die Vorlagepflicht entstandenen Schadens verlangen sowie anregen, dass die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes des betreffenden Mitgliedstaats gegen die Vorlagepflicht einleitet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2021, Randstad Italia, C‑497/20, EU:C:2021:1037, Rn. 79 und 80 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
85 Folglich kann Herr Frajese nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihm dadurch, dass seine Klage als unzulässig abgewiesen worden sei, unter Verstoß gegen Art. 47 der Charta sein Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz vorenthalten worden sei.
86 Unter diesen Umständen ist der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
87 Da keiner der Rechtsmittelgründe des vorliegenden Rechtsmittels durchgreift, ist dieses insgesamt zurückzuweisen.
Kosten
88 Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
89 Da Herr Frajese mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm neben seinen eigenen Kosten gemäß dem Antrag der Kommission deren Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Herr Giovanni Frajese trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.
Unterschriften