URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)
6. November 2024(* )
„ Unionsmarke – Anmeldung der Unionsbildmarke inTime Agile Logistics – Absolute Eintragungshindernisse – Beschreibender Charakter – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001 – Begründungspflicht – Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 “
In der Rechtssache T‑1100/23,
IN tIME Express Logistik GmbH mit Sitz in Isernhagen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Wittwer,
Klägerin,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) , vertreten durch T. Klee als Bevollmächtigten,
Beklagter,
erlässt
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin M. J. Costeira sowie der Richter U. Öberg (Berichterstatter) und P. Zilgalvis,
Kanzler: V. Di Bucci,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1 Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, die IN tIME Express Logistik GmbH, die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 25. September 2023 (Sache R 1134/2023‑1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) aufzuheben.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Am 11. Mai 2018 beantragte die Klägerin beim EUIPO die Eintragung einer Unionsmarke für folgendes Bildzeichen:
3 Die Marke wurde für folgende Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 38, 39 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
– Klasse 35: „Logistische Büroarbeiten; Unternehmensverwaltung im Bereich Transport und Auslieferung; Unternehmensberatung im Bereich Transport und Auslieferung; Geschäftsführung im Bereich Transport und Auslieferung; Keine der vorstehend genannten Dienstleistungen in Bezug auf Computersoftware zur Planung von Personal oder zur Planung von Arbeitsschichten, Kontaktinformationen, Schichtverfügbarkeit, Qualifikationsniveau, Arbeitsgruppen, Arbeitskräfteeinsatz, Ersatzpersonal oder Verteilung des Arbeitspensums in Unternehmen des privaten und öffentlichen Sektors, für Beamte, Verbände und gemeinnützige Organisationen“;
– Klasse 36: „Besorgung von Zollabfertigungen und von Versicherungen von Transporten“;
– Klasse 38: „Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen und Daten in Datenbanken sowie im Internet im Bereich Briefpostservices, Paketservices und Express- und Kurier-Services“;
– Klasse 39: „Transport, insbesondere Landtransport, Seetransport und Lufttransport von Dokumenten, Waren, Gütern und Paketen; Verpackung und Lagerung von Waren, Gütern und Paketen; Auskünfte über Transportangelegenheiten; Dienstleistungen eines Frachtmaklers; Abholung von Gütern, Waren, Paketen und Post zum Zwecke des Transports; Entladung von Frachtgut; Erteilung von Auskünften über Lagerhaltung; Kurierdienste; Logistikberatung auf dem Transportsektor; Abholung und Auslieferung von Dokumenten, Waren, Gütern und Paketen; Sendungsverfolgung im Transportwesen; Lagervermietung; Organisation und Abfertigen von Rücksendungen (Rücksendungsverwaltung); Versandabwicklung und Versandausführung; Bearbeitung und Frankierung von Post; Vermietung von Transportmitteln; Beratungsdienste in Bezug auf Transport“;
– Klasse 42: „Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und ‑software; Keine der vorstehend genannten Dienstleistungen in Bezug auf Computersoftware zur Planung von Personal oder zur Planung von Arbeitsschichten, Kontaktinformationen, Schichtverfügbarkeit, Qualifikationsniveau, Arbeitsgruppen, Arbeitskräfteeinsatz, Ersatzpersonal oder Verteilung des Arbeitspensums in Unternehmen des privaten und öffentlichen Sektors, für Beamte, Verbände und gemeinnützige Organisationen“.
4 Am 14. September 2018 erhob die spanische Gesellschaft IN TIME EXPRESS EUROPE S.L. Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 angeführten Dienstleistungen.
5 Als Widerspruchsgrund wurde Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) angeführt.
6 Am 31. August 2021 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch für die Dienstleistungen in den Klassen 36 und 39 statt.
7 Am 6. Oktober 2021 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein, soweit diese dem Widerspruch für die Dienstleistungen in den Klassen 36 und 39 stattgegeben hatte.
8 Am 25. Oktober 2021 legte auch die IN TIME EXPRESS EUROPE S.L. beim EUIPO Beschwerde ein und beantragte die teilweise Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung, soweit der Widerspruch für die Dienstleistungen in den Klassen 35, 38 und 42 zurückgewiesen wurde.
9 Mit Zwischenentscheidung vom 14. November 2022 in den verbundenen Sachen R 1725/2021‑4 und R 1809/2021‑4 wies die Beschwerdekammer die Unionsmarkenanmeldung nach Art. 30 Abs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Unionsmarke und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1) mit der Empfehlung, die Prüfung der Anmeldung im Hinblick auf absolute Eintragungshindernisse wiederzueröffnen, wieder dem Prüfer zu.
10 Mit Entscheidung vom 19. April 2023 wies der Prüfer des EUIPO die Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001 vollständig zurück.
11 Am 30. Mai 2023 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers Beschwerde beim EUIPO ein.
12 Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass erstens die angemeldete Marke für die von ihr erfassten Dienstleistungen für die englischsprachigen Verbraucher beschreibend sei und es ihr daher in Bezug auf diese Dienstleistungen an Unterscheidungskraft fehle und zweitens der angemeldeten Marke, da sie eine rein beschreibende Angabe sei, auch jede Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 fehle.
Anträge der Parteien
13 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben,
– das EUIPO unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu verurteilen, über die Eintragung der Markenanmeldung unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu entscheiden;
– dem EUIPO die vor dem Gericht sowie im Prüfungs- und im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.
14 Das EUIPO beantragt,
– die Klage abzuweisen,
– die Klägerin – im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung – zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Rechtliche Würdigung
Zum zweiten Klageantrag
15 Der zweite Klageantrag ist dahin auszulegen, dass dem EUIPO aufgegeben werden soll, eine Entscheidung zu erlassen, mit der die Eintragung der angemeldeten Marke zugelassen wird.
16 Insoweit genügt der Hinweis, dass das Gericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle aufgrund von Art. 263 AEUV nicht befugt ist, gegenüber den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union Anordnungen zu erlassen, auch wenn sie sich auf die Modalitäten der Durchführung seiner Urteile beziehen (Beschlüsse vom 22. September 2016, Gaki/Kommission, C‑130/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:731, Rn. 14, und vom 19. Juli 2016, Trajektna luka Split/Kommission, T‑169/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:441, Rn. 13).
17 Daraus folgt, dass der zweite Klageantrag wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen ist.
Zur Zulässigkeit des allgemeinen Verweises der Klägerin auf Ausführungen, die sie vor dem EUIPO gemacht hat
18 In der Klageschrift verweist die Klägerin zur Vermeidung von Wiederholungen auf Ausführungen, die sie im Rahmen des Verfahrens vor dem Prüfer und vor der Beschwerdekammer beim EUIPO gemacht hat.
19 Nach Auffassung des EUIPO ist ein solcher allgemeiner Verweis als unzulässig zurückzuweisen.
20 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 177 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift die geltend gemachten Klagegründe und Argumente sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen sich aus dem Text der Klageschrift ergeben und hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 22. Juni 2017, Biogena Naturprodukte/EUIPO [ZUM wohl], T‑236/16, EU:T:2017:416, Rn. 11 und die dort angeführte Rechtsprechung).
21 Ferner kann der Text der Klageschrift zwar durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert werden, doch ist das Gericht nicht verpflichtet, die Klagegründe und Argumente, auf die sich die Klage möglicherweise stützen lässt, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen, denn die Anlagen haben eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion. Daher ist eine Klageschrift, sofern darin auf die beim EUIPO eingereichten Schriftstücke verwiesen wird, insoweit unzulässig, als sich der in ihr enthaltene pauschale Verweis nicht den in der Klageschrift entwickelten Klagegründen und Argumenten zuordnen lässt (vgl. Urteil vom 22. Juni 2017, ZUM wohl, T‑236/16, EU:T:2017:416, Rn. 12 und die dort angeführte Rechtsprechung).
22 Die Klägerin nennt an keiner Stelle die speziellen Nummern ihrer Klageschrift, die sie mit diesen Verweisen vervollständigen möchte. Sie hat sich somit darauf beschränkt, pauschal auf die Verwaltungsakte des EUIPO zu verweisen. Folglich ist der allgemeine Verweis der Klägerin auf Ausführungen, die sie vor dem EUIPO gemacht hat, als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2018, Recordati Orphan Drugs/EUIPO – Laboratorios Normon [NORMOSANG], T‑103/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:126, Rn. 25).
Zum ersten Klageantrag, mit dem die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird
23 Die Klägerin stützt sich auf drei Klagegründe. Als erster Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 geltend gemacht. Der zweite Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung. Als dritten Klagegrund nennt die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 94 der Verordnung 2017/1001 und gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c sowie Art. 41 Abs. 1 in Verbindung mit den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
24 Nach Auffassung des Gerichts ist zunächst der dritte Klagegrund zu prüfen.
Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 und gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c sowie Art. 41 Abs. 1 in Verbindung mit den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte
25 Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung aus drei Gründen mit einem Begründungsmangel behaftet sei und den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung verletze. Erstens habe die Beschwerdekammer außer Acht gelassen, dass die angemeldete Marke in 20 europäischen Ländern eingetragen sei, u. a. in 19 Mitgliedstaaten, darunter Dänemark, Irland, Zypern, Malta, die Niederlande, Finnland und Schweden, in denen Englisch eine Amtssprache sei oder weithin verstanden werde. Zweitens habe das EUIPO den Schutz der angemeldeten Marke bereits dadurch bestätigt, dass es die Anmeldung im Blatt für Unionsmarken vom 18. Juni 2018 veröffentlicht habe. Drittens habe das EUIPO am 14. Juli 2023 eine Anmeldung der Unionsbildmarke in time für Transportdienstleistungen veröffentlicht. Die Klägerin hält es für mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar, dass diese Anmeldung für schutzfähig erachtet werde, die angemeldete Marke dagegen nicht.
26 Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
27 Zunächst sind nach Art. 94 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2017/1001 die Entscheidungen des EUIPO mit Gründen zu versehen. Diese Begründungspflicht hat den gleichen Umfang wie die Begründungspflicht gemäß Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte, wonach die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts klar und eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Sie dient dem doppelten Ziel, die Beteiligten über die Gründe für die erlassene Maßnahme zu unterrichten, damit sie ihre Rechte verteidigen können, und es dem Unionsrichter zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu überprüfen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 23. September 2020, CEDC International/EUIPO – Underberg [Form eines Grashalms in einer Flasche], T‑796/16, EU:T:2020:439, Rn. 186 [nicht veröffentlicht]).
28 Bei der Verpflichtung, Entscheidungen zu begründen, handelt es sich um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der sachlichen Richtigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen diese Entscheidung beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber deren Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, zureichend sein kann (vgl. Urteil vom 20. Februar 2013, Langguth Erben/HABM [MEDINET], T‑378/11, EU:T:2013:83, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).
29 Zudem verlangt die Begründungspflicht nicht, dass die Beschwerdekammern bei ihren Ausführungen alle von den Beteiligten vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandeln. Es reicht aus, die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anzuführen, denen innerhalb der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteil vom 15. Januar 2015, MEM/HABM [MONACO], T‑197/13, EU:T:2015:16, Rn. 19).
30 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer klar und eindeutig die Gründe angegeben, aus denen sie geschlossen hat, dass die angemeldete Marke beschreibenden Charakter habe. Sie hat u. a. erstens in den Rn. 28 bis 36 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Wortbestandteile der angemeldeten Marke von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen als Hinweis dahin verstanden würden, dass die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen „pünktlich, planmäßig, rechtzeitig, zur festgesetzten Zeit“ erbracht würden und leicht und schnell nutzbar seien, und zweitens in den Rn. 37 bis 39 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke dieser nicht zur Schutzfähigkeit verhelfe, da die Gestaltung nicht geeignet sei, diese Marke phantasievoll oder ungewöhnlich erscheinen zu lassen.
31 Somit hat die Beschwerdekammer die rechtlichen Erwägungen angeführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung durch die Beschwerdekammer hat es der Klägerin ermöglicht, die Gründe für diese Entscheidung nachzuvollziehen und deren Begründetheit im Klagewege zu beanstanden, und es auch dem Gericht ermöglicht, seine Kontrolle auszuüben.
32 Außerdem hat sich die Beschwerdekammer zwar nicht zu den nationalen Eintragungen der angemeldeten Marke geäußert, aber der Prüfer ist in seiner Entscheidung vom 19. April 2023 darauf eingegangen. Er hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass das EUIPO weder durch eine von der Klägerin angeführte Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts noch durch die von ihr genannte Entscheidung des Intellectual Property Office (Amt für geistiges Eigentum, Vereinigtes Königreich) gebunden sei. Der Prüfer des EUIPO hat insoweit darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Unionsregelung für Marken ein autonomes System sei, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Zielsetzungen und Vorschriften bestehe, so dass seine Anwendung von jedem nationalen System unabhängig sei, und dass folglich die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Unionsmarke nur auf der Grundlage der einschlägigen Regelung beurteilt werden dürfe. Die in der Entscheidung des Prüfers enthaltene Begründung ist zu berücksichtigen, da die Beschwerdekammer sich diese zu eigen gemacht hat.
33 Angesichts der in Art. 71 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 zum Ausdruck kommenden funktionalen Kontinuität zwischen den Entscheidungsorganen der ersten Instanz des EUIPO und den Beschwerdekammern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. März 2007, HABM/Kaul, C‑29/05 P, EU:C:2007:162, Rn. 30, und vom 10. Juli 2006, La Baronia de Turis/HABM – Baron Philippe de Rothschild [LA BARONNIE], T‑323/03, EU:T:2006:197, Rn. 57) sind diese Entscheidung und ihre Begründung nämlich Teil des Kontexts, in dem die angefochtene Entscheidung erlassen wurde und der der Klägerin bekannt ist und es dem Gericht ermöglicht, seine Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Richtigkeit der Beurteilung der Beschwerdekammer in vollem Umfang auszuüben (vgl. entsprechend Urteil vom 8. November 2023, Liquid Advertising/EUIPO – Liqui.do [Liquid+Arcade], T‑592/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:708, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, dass die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungsmangel behaftet sei, weil darin nicht erwähnt werde, dass die angemeldete Marke in mehreren Mitgliedstaaten eingetragen sei, zurückzuweisen.
35 Sodann ist in Bezug auf das Vorbringen der Klägerin, der Prüfer des EUIPO habe die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke bereits durch die Veröffentlichung der Markenanmeldung am 18. Juni 2018 im Blatt für Unionsmarken bestätigt, festzustellen, dass – wie von der Klägerin eingeräumt – diese Entscheidung des Prüfers des EUIPO die Beschwerdekammer nicht bindet. Wie oben in den Rn. 9 und 10 ausgeführt, hat die Beschwerdekammer mit Zwischenentscheidung vom 14. November 2022 die Unionsmarkenanmeldung mit der Empfehlung zur Wiedereröffnung der Prüfung der Anmeldung im Hinblick auf absolute Eintragungshindernisse wieder dem Prüfer des EUIPO zugewiesen, und dieser hat die Anmeldung mit seiner Entscheidung vom 19. April 2023 zurückgewiesen. Insoweit geht aus Art. 30 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2018/625 hervor, dass die Beschwerdekammer, wenn gegen eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde eingelegt wird, das Beschwerdeverfahren mit einer begründeten Zwischenentscheidung aussetzen und die angefochtene Anmeldung mit der Empfehlung zur Wiedereröffnung der Prüfung gemäß Art. 45 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 wieder dem für ihre Prüfung zuständigen Prüfer zuweisen kann, sofern sie der Auffassung ist, dass ein absolutes Eintragungshindernis für einige oder alle in der Markenanmeldung aufgeführten Waren oder Dienstleistungen besteht.
36 Folglich entspricht das oben in den Rn. 9 und10 beschriebene und von der Beschwerdekammer sowie dem Prüfer des EUIPO im vorliegenden Fall angewandte Verfahren den Bestimmungen der Verordnung 2018/625.
37 Was schließlich das Vorbringen der Klägerin zur etwaigen früheren Entscheidungspraxis des EUIPO betrifft, so ist dieses verpflichtet, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, einschließlich des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, auszuüben (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73). Nach diesen Grundsätzen muss das EUIPO seine zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, wobei die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang zu bringen ist (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74 und 75).
38 Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Unionsmarke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke hängt nämlich von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 76 und 77).
39 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer, wie sich aus der Prüfung in den nachstehenden Rn. 41 bis 74 ergibt, zu Recht festgestellt, dass der Anmeldung der Marke das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entgegensteht, so dass sich die Klägerin, um diese Schlussfolgerung zu entkräften, nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des EUIPO berufen kann.
40 Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001
41 Im Rahmen des ersten Klagegrundes macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer durch die unzutreffende Feststellung, dass die angemeldete Marke insgesamt für die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen beschreibend sei, gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 verstoßen habe.
42 Die Klägerin rügt, dass die Beschwerdekammer die angemeldete Marke einer analysierenden Prüfung unterzogen und sie nicht in ihrer Gesamtheit definiert habe. Die angemeldete Marke bestehe nicht aus zwei Bestandteilen – „inTime“ und „agile logistics“ – und habe keinen klaren Sinngehalt. Die verschiedenen grafischen Bestandteile der angemeldeten Marke seien ineinander verschachtelt. Im Übrigen erzeugten der in Rosa dargestellte Großbuchstabe „T“ und der ebenfalls in rosa Großbuchstaben geschriebene Ausdruck „agile logistics“, der genau darunter stehe und dieselbe Farbe aufweise, eine unmittelbare Verbindung zwischen diesen Bestandteilen. Der Verkehr sei daher geneigt, diese Bestandteile zu einer Einheit zusammenzuziehen und die Wortneuschöpfung „tagile logistics“ wahrzunehmen. Die verschiedenen Bestandteile, Farben, Stilisierungen und deren Kombination ergäben ein Logo mit individueller Struktur und ungewöhnlicher Wirkung auf die maßgeblichen Verkehrskreise. Das großgeschriebene rosa „T“ verleihe dem Bestandteil „inTime“ außerdem zusätzliche grafische Eigenart.
43 Zudem ordneten die maßgeblichen Verkehrskreise dem Ausdruck „agile logistics“ keinen klar bestimmten Sinngehalt zu. Daher liege es näher, diesen Ausdruck als individuelle Wortschöpfung der Klägerin anzusehen. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass die Beschwerdekammer die Eintragung des Ausdrucks „agile logistics“ als Unternehmensnamen im US-Handelsregister nicht habe berücksichtigen wollen, obwohl diese Akzeptanz in einem englischsprachigen Land ein klares Indiz für die Schutzfähigkeit dieses Ausdrucks sei.
44 Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
45 Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Gemäß Abs. 2 dieses Artikels finden die Vorschriften des Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.
46 Diese Zeichen oder Angaben werden als ungeeignet zur Erfüllung nicht nur der Hauptfunktion der Marke, d. h. der Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber den Verbrauchern, sondern auch ihrer anderen Funktionen, wie insbesondere der Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder dieser Dienstleistung oder der Kommunikations‑, Investitions- oder Werbefunktion, angesehen (vgl. Urteil vom 25. Januar 2024, Audi [Emblemhalterung auf einem Kühlergrill], C‑334/22, EU:C:2024:76, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
47 Ein Zeichen fällt nur dann unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 vorgesehene Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den betroffenen Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weiteres Nachdenken eine Beschreibung der fraglichen Waren und Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale wahrzunehmen (Urteil vom 12. Januar 2005, Deutsche Post EURO EXPRESS/HABM [EUROPREMIUM], T‑334/03, EU:T:2005:4, Rn. 25, und vom 19. Dezember 2019, Currency One/EUIPO – Cinkciarz.pl [CINKCIARZ], T‑501/18, EU:T:2019:879, Rn. 14).
48 Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich zum einen nur in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen und zum anderen nur in Bezug darauf, was die maßgeblichen Verkehrskreise darunter verstehen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
49 Durch die Verwendung der Begriffe „Art, … Beschaffenheit, … Menge, … Bestimmung, … Wer[t], … geografisch[e] Herkunft oder … Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder … sonstig[e] Merkmale der Ware oder Dienstleistung“ in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 hat der Unionsgesetzgeber zum einen kenntlich gemacht, dass diese Begriffe allesamt als Merkmale der Waren oder Dienstleistungen anzusehen sind. Zum anderen hat er damit klargestellt, dass diese Liste nicht abschließend ist und jedes andere Merkmal von Waren oder Dienstleistungen ebenfalls berücksichtigt werden kann (vgl. Urteil vom 7. Mai 2019, Fissler/EUIPO [vita], T‑423/18, EU:T:2019:291, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
50 Die Wahl des Begriffs „Merkmal“ durch den Unionsgesetzgeber macht deutlich, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 nur solche Zeichen erfasst, die dazu dienen, eine von den maßgeblichen Verkehrskreisen leicht zu erkennende Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, zu bezeichnen. Somit kann die Eintragung eines Zeichens auf der Grundlage dieser Bestimmung nur dann verweigert werden, wenn vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass es von den maßgeblichen Verkehrskreisen tatsächlich als eine Beschreibung eines dieser Merkmale erkannt werden wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 50, und vom 3. Juli 2013, Airbus/HABM [NEO], T‑236/12, EU:T:2013:343, Rn. 32).
51 Zudem muss, auch wenn es keine Rolle spielt, ob ein solches Merkmal in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich oder nebensächlich ist, ein Merkmal im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 gleichwohl ein objektives, dem Wesen der Ware oder Dienstleistung innewohnendes Merkmal oder ein intrinsisches und dauerhaftes Merkmal dieser Ware oder Dienstleistung sein (vgl. Urteil vom 7. Mai 2019, vita, T‑423/18, EU:C:2019:291, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
52 Anhand dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass die angemeldete Marke für die fraglichen Dienstleistungen beschreibend sei.
53 Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdekammer zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei den von den Dienstleistungen der Klassen 36, 38 und 39 angesprochenen Verkehrskreisen um Fachkreise sowie um die breite Öffentlichkeit handele, während sich die Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 ausschließlich an Fachkreise richteten. Da die angemeldete Marke sich aus englischen Wörtern zusammensetze, sei auf die englischsprachigen Verkehrskreise in der Union abzustellen.
54 Diese – im Übrigen zutreffenden – Feststellungen der Beschwerdekammer werden von der Klägerin nicht beanstandet.
55 Weiter hat die Beschwerdekammer darauf hingewiesen, dass die angemeldete Marke aus zwei übereinander angeordneten Bestandteilen, „inTime“ und „agile logistics“, bestehe. Beim ersten Bestandteil „inTime“ trenne der Verbraucher aufgrund des groß geschriebenen Buchstabens „t“ diese Anordnung von Buchstaben sofort in zwei Gruppen, nämlich „in“ und „time“, und die Klägerin habe nichts vorgetragen, was die Bedeutung dieser Wortgruppe im Sinne von „pünktlich, planmäßig, rechtzeitig, zur festgesetzten Zeit“ und deren beschreibenden Charakter in Bezug auf die fraglichen Dienstleistungen in Zweifel ziehen könne. Was den zweiten Bestandteil „agile logistics“ angeht, zieht die Beschwerdekammer die Online-Ausgabe des Oxford English Dictionnary heran und stellt fest, dass erstens die Definition des Begriffs „agile“ „die Fähigkeit, sich schnell und leicht zu bewegen (insbesondere zu klettern oder zu manövrieren); flink, gewandt. Auch im übertragenen Sinne und im erweiterten Gebrauch“ sei. Zweitens bedeute „logistics“ „die Gesamtheit aller Aktivitäten eines Unternehmens, die die Beschaffung, die Lagerung und den Transport von Materialien und Zwischenprodukten sowie die Auslieferung von Fertigprodukten betreffen“. Demnach sei die angemeldete Marke ausschließlich aus Angaben zusammengesetzt, die der Bezeichnung bestimmter Merkmale der in Rede stehenden Dienstleistungen dienen können.
56 Außerdem ist die Beschwerdekammer davon ausgegangen, das die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke nicht deren Schutzfähigkeit begründen könne. Es handele sich nicht um eine besonders stilisierte Darstellung.
57 Zur Behauptung der Klägerin, wonach eine Recherche mit der Suchmaschine Google zeige, dass es ein Unternehmen gebe, das den Namen „Agile Logistics“ gewählt habe, führt die Beschwerdekammer aus, dass die Beurteilung, ob ein Zeichen im Sinne des Markenrechts beschreibend sei, Sache der für Marken zuständigen Behörden und nicht der Gerichte oder der für die Eintragung einer Gesellschaft zuständigen Behörden sei. Im Übrigen sei das von der Klägerin angeführte Unternehmen in den Vereinigten Staaten eingetragen.
58 Zunächst ist in Bezug auf die Bedeutung der Wortbestandteile der angemeldeten Marke darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zwar der Auffassung ist, dass die maßgeblichen Verkehrskreise den Bestandteil „inTime“ nicht sofort verstehen werden, dass sie aber nicht die von der Beschwerdekammer in Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Bedeutung dieses Bestandteils beanstandet. Wie oben in Rn. 55 ausgeführt, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass der Ausdruck „in time“ „pünktlich, planmäßig, rechtzeitig, zur festgesetzten Zeit“ bedeutet.
59 Es besteht kein Anlass, diese von Beurteilungsfehlern freie Feststellung in Frage zu stellen.
60 Zur Bedeutung des Bestandteils „agile logistics“ macht die Klägerin geltend, dass die Verkehrskreise diesem Bestandteil keinen klar bestimmten Sinngehalt zuordnen würden und dass es näher liege, diesen Begriff als eine individuelle Wortschöpfung der Klägerin anzusehen. Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin sich zur Stützung dieser Behauptung darauf beschränkt, auf ihr Vorbringen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu verweisen. Wie aber oben in Rn. 22 ausgeführt wurde, ist ein solcher Verweis unzulässig.
61 Zudem hat die Beschwerdekammer in den Rn. 31 und 32 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass das englische Wort „logistics“ die Bedeutung „Gesamtheit aller Aktivitäten eines Unternehmens, die die Beschaffung, die Lagerung und den Transport von Materialien und Zwischenprodukten, die Auslieferung von Fertigprodukten betreffen“, hat und das englische Wort „agile“ ein Adjektiv ist, das laut dem Wörterbuch Oxford English Dictionary „die Fähigkeit, sich schnell und leicht zu bewegen (insbesondere zu klettern oder zu manövrieren); flink, gewandt. Auch im übertragenen Sinne und im erweiterten Gebrauch“ bedeutet und zum Ausdruck „logistics“ hinzukommt. Die Beschwerdekammer hat somit keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie davon ausging, dass das Wort „agile“ darauf hinweist, dass die mit der angemeldeten Marke beanspruchten Dienstleistungen leicht und schnell nutzbar seien.
62 Bei vernünftiger Betrachtung ist daher davon auszugehen, dass die Wortbestandteile der angemeldeten Marke von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen insgesamt dahin verstanden werden, dass sie auf ein Merkmal hinweisen, wonach die leicht und schnell nutzbaren Logistikdienstleistungen oder mit diesen verbundenen Leistungen pünktlich, in kurzer Zeit oder ohne Verzögerung erbracht werden.
63 Zur Behauptung, die Beschwerdekammer habe eine zergliedernde Betrachtung der angemeldeten Marke vorgenommen und diese nicht in ihrer Gesamtheit definiert, ist – wie oben in Rn. 32 ausgeführt – die detailliertere Begründung aus der Entscheidung des Prüfers zu berücksichtigen, da die Beschwerdekammer sich diese Entscheidung in vollem Umfang zu eigen gemacht hat.
64 Im vorliegenden Fall hat der Prüfer in seiner Entscheidung vom 19. April 2023 ausführlich begründet, weshalb das Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 auf die angemeldete Marke Anwendung findet, und darauf hingewiesen, dass die Wortbestandteile der angemeldeten Marke lediglich eine beschreibende Information über die oben in Rn. 3 angeführten Dienstleistungen böten, da sie insgesamt dahin zu verstehen seien, dass diese Dienstleistungen pünktlich, in kurzer Zeit oder ohne Verzögerung erbracht oder geliefert werden sollen und aus einer „agile[n] Logistik“ bestehen oder sich auf eine solche beziehen. In Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass der Vortrag der Klägerin an den zutreffenden Feststellungen und Schlussfolgerungen des Prüfers nichts ändern könne. Außerdem hat die Beschwerdekammer, wie oben in Rn. 56 ausgeführt, auch die Bildbestandteile der angemeldeten Marke berücksichtigt. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, dass die Beschwerdekammer eine zergliedernde Betrachtung der angemeldeten Marke vorgenommen habe, als sachlich unzutreffend zurückzuweisen.
65 In Bezug auf das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe die Bildbestandteile und den Großbuchstaben „T“ der angemeldeten Marke nicht hinreichend berücksichtigt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung des beschreibenden Charakters des in Rede stehenden Zeichens entscheidend ist, ob die Bildelemente aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise die Bedeutung der angemeldeten Marke in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen verändern. Wenn das Wortelement einer Marke beschreibend ist, ist die Marke insgesamt beschreibend, sofern die grafischen Elemente der Marke es nicht ermöglichen, die maßgeblichen Verkehrskreise von der von dem Wortbestandteil übermittelten beschreibenden Botschaft abzulenken (vgl. Urteil vom 25. Januar 2023, Scania CV/EUIPO [V8], T‑320/22, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:21, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
66 Außerdem kann nach der Rechtsprechung ein grafischer Stil, auch wenn er eine gewisse Besonderheit aufweist, nur dann als unterscheidungskräftiges Bildelement betrachtet werden, wenn er geeignet ist, sich unmittelbar und dauerhaft dem Gedächtnis der maßgebenden Verkehrskreise in einer Weise einzuprägen, die es diesen ermöglicht, die Waren der Anmelderin der Bildmarke von denen anderer Anbieter auf dem Markt zu unterscheiden. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn der verwendete grafische Stil in den Augen der maßgeblichen Verkehrskreise weitgehend gebräuchlich ist oder wenn die Funktion des Bildbestandteils nur darin besteht, die durch die Wortbestandteile vermittelte Information hervorzuheben (vgl. Urteile vom 9. April 2019, Zitro IP/EUIPO [PICK & WIN MULTISLOT], T‑277/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:230, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 11. Oktober 2023, Biogena/EUIPO [THE GOOD GUMS], T‑87/23, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:617, Rn. 38 und die angeführte Rechtsprechung).
67 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die einzigen Bildelemente der angegriffenen Marke, nämlich die rosa Buchstaben sowie die für die Wortbestandteile verwendete Schriftart aufgrund ihres dekorativen Charakters keine Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Wortbestandteile haben können.
68 Außerdem trifft die Behauptung der Klägerin nicht zu, dass in der angemeldeten Marke von den Verkehrskreisen die Wortneuschöpfung „tagile logistics“ erkannt werde, da sowohl der Großbuchstabe „T“ im Element „inTime“ als auch das darunterliegende Element „agile logistics“ in Rosa geschrieben sei. Die englischsprachigen Verkehrskreise in der Union lesen für gewöhnlich von links nach rechts und erkennen dabei sofort die wohlbekannten englischen Wörter „in“ und „time“ sowie „agile“ und „logistics“, die sie daher unabhängig von der Farbe bestimmter Buchstaben wahrnehmen. Wie darüber hinaus das EUIPO zutreffend geltend gemacht hat, widerspräche es der Logik, einen Buchstaben des oberen Elements „inTime“ auszuwählen und ihn als ersten Buchstaben des unteren Elements „agile logistics“ zu verwenden, da sich das Wort „tagile“, das im Englischen nicht existiere, den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht ohne Weiteres erschließe.
69 Überdies vermag auch die Tatsache, dass der Buchstabe „t“ groß, fett und in Rosa geschrieben ist, dem Bestandteil „inTime“ der angemeldeten Marke keine zusätzliche grafische Eigenheit zu verleihen, aufgrund deren die englischsprachigen Verkehrskreise diesen Bestandteil nicht sofort als aus den beiden englischen Wörtern „in“ und „time“ bestehend erkennen würden. Wie die Beschwerdekammer in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, führt der groß geschriebene Buchstabe „t“ dazu, dass der Verbraucher das Element „inTime“ sofort in „in“ und „time“ teilt.
70 Überdies ist festzustellen, dass die Eintragung des Ausdrucks „agile logistics“ als Firma in den Vereinigten Staaten für die Prüfung seines beschreibenden Charakters unerheblich ist, da diese Prüfung zum einen in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung der Marke beantragt worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise vorgenommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2018, J. Portugal Ramos Vinhos, C‑629/17, EU:C:2018:988, Rn. 27).
71 Was den Zusammenhang zwischen der angemeldeten Marke und den oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen betrifft, ist – wie oben in Rn. 32 ausgeführt – festzustellen, dass die in der Entscheidung des Prüfers enthaltene Begründung zu berücksichtigen ist. Diese Entscheidung nimmt Bezug auf die Rn. 44 bis 60 der Zwischenentscheidung vom 14. November 2022, in denen die Beschwerdekammer den Zusammenhang zwischen der angemeldeten Marke und allen betroffenen Dienstleistungen geprüft hat. In der Entscheidung des Prüfers wird u. a. Rn. 60 der Zwischenentscheidung vom 14. November 2022 angeführt, wonach die maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreise die Wortbestandteile der angemeldeten Marke als beschreibende Information verstehen werden, nach der die oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen pünktlich, in kurzer Zeit oder ohne Verzögerung zu erbringen seien und in einer „agile[n] Logistik“ bestünden oder sich auf eine solche bezögen, was impliziere, dass sie eine direkte und unmittelbare Bedeutung in Bezug auf die wesentlichen Eigenschaften und die Qualität der in Rede stehenden Dienstleistungen hätten.
72 Insoweit ist festzustellen, dass die Klageschrift keine Angaben enthält, die diese von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung oder die Feststellung in Frage stellen könnte, dass ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen der angemeldeten Marke und den beanspruchten Dienstleistungen besteht, der es den betroffenen Verkehrskreisen ermöglicht, sofort und ohne weiteres Nachdenken eine Beschreibung der Qualität und der Eigenschaften dieser Dienstleistungen zu erkennen.
73 Demnach wird der maßgebliche englischsprachige Verbraucher das angemeldete Zeichen sofort und ohne gedankliche Anstrengung als Beschreibung der Eigenschaften der oben in Rn. 3 genannten Dienstleistungen wahrnehmen.
74 Folglich ist der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 gerügt wird, als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001
75 Die Klägerin macht geltend, dass die Beschwerdekammer die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marken in der angefochtenen Entscheidung nicht gesondert geprüft habe. Daher sei der Beschwerdekammer aufzugeben, über das Vorliegen einer eindeutig bestehenden hinreichenden Unterscheidungskraft erneut zu entscheiden.
76 Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
77 Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 ist das streitige Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen, wenn nur eines der genannten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 29).
78 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der oben in den Rn. 41 bis 74 vorgenommenen Prüfung, dass das angemeldete Zeichen im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 beschreibend ist und dies für sich allein die beanstandete Ablehnung der Eintragung rechtfertigt. Folglich ist der auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung gestützte Klagegrund unter diesen Umständen ohne Belang für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.
79 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.
80 Da keiner der von der Klägerin vorgebrachten Klagegründe durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass das Gericht über die Zulässigkeit des dritten Klageantrags zu entscheiden braucht, soweit die Klägerin beantragt, dem EUIPO die im Verfahren zur Prüfung der Markenanmeldung entstandenen Kosten aufzuerlegen.
Kosten
81 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
82 Zwar ist die Klägerin unterlegen, doch das EUIPO hat nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt, sie zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da keine mündliche Verhandlung anberaumt wurde, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die IN tIME Express Logistik GmbH und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. November 2024.
Der Kanzler
Der Präsident
V. Di Bucci
S. Papasavvas