C-269/23 P – Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/ Kommission

C-269/23 P – Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/ Kommission

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2024:411

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

TAMARA ĆAPETA

vom 16. Mai 2024(1)

Verbundene Rechtssachen C269/23 P und C272/23 P

Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics SAE,

Jushi Egypt for Fiberglass Industry SAE (C269/23 P)

Jushi Egypt for Fiberglass Industry SAE (C272/23 P)

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Subventionen – Verordnung (EU) 2016/1037 – Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen der Welthandelsorganisation (WTO) – Ausgleich einer finanziellen Beihilfe eines Drittstaats im Gebiet eines anderen Drittstaats – Rechtmäßigkeit“

I.      Einleitung

1.        Subventionen zu disziplinieren, ist eine schwierige Aufgabe. Subventionen sind eng verbunden mit der Souveränität der Staaten und diese sind im Allgemeinen in ihrer Industrieförderung frei und müssen sich für ihr Handeln nicht rechtfertigen(2).

2.        Es gibt allerdings einige Handelspartner der Europäischen Union, die in zunehmendem Maß in kaum verhüllter Weise Subventionen als Mittel der Wirtschaftspolitik einsetzen(3). Insbesondere Maßnahmen der Volksrepublik China (im Folgenden: China) sind in den Mittelpunkt der internationalen Bemühungen zur Bekämpfung von „markt- und handelsverzerrender Subventionierung“(4) gerückt, insbesondere die „Go-Global“-Politik dieses Landes(5), mit der chinesische Unternehmen zu Investitionen im Ausland aufgerufen werden(6).

3.        Die vorliegenden Rechtsmittel betreffen potenziell verzerrende Auswirkungen dieser Politik auf den Binnenmarkt. Es geht um die Frage, ob die Europäische Kommission zu Recht Ausgleichsmaßnahmen gemäß der Antisubventionsgrundverordnung(7) und dem Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen(8) (im Folgenden: WTO-Subventionsübereinkommen) angewandt hat, um von einem WTO-Mitglied (China) im Hoheitsgebiet eines anderen WTO-Mitglieds (der Arabischen Republik Ägypten) (im Folgenden: Ägypten) gewährte Subventionen auszugleichen(9).

4.        In seinen Urteilen Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission(10) sowie Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission(11) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile) hat das Gericht die Rechtmäßigkeit der Anwendung von Ausgleichszöllen in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation bestätigt. Die Rechtsmittelführerinnen wenden sich nunmehr gegen diese Entscheidung.

5.        Da es sich bei den zugrunde liegenden Untersuchungen um das erste Mal handelte, dass ein WTO-Mitglied die schädigenden Auswirkungen „transnationaler Subventionen“ ausgleicht(12), ist diese Problematik neu und umstritten(13), und zwar nicht nur aus unionsrechtlicher Sicht(14).

II.    Hintergrund des Verfahrens

6.        Der Hintergrund der zugrunde liegenden Klagen ist in den Rn. 2 bis 26 der angefochtenen Urteile dargestellt. Für die Zwecke der vorliegenden Würdigung sei auf Folgendes hingewiesen.

7.        Die „China-Egypt TEDA Suez Economic and Trade Cooperation Zone“ (im Folgenden: SETC‑Zone) ist Teil einer größeren Sonderwirtschaftszone im Norden des Golfs von Suez und Teil des ägyptischen Staatsgebiets(15).

8.        Nach dem ägyptischen Gesetz Nr. 83/2002 über Wirtschaftszonen besonderer Art wird diese Zone von der ägyptischen Regierung als Sonderwirtschaftszone eingestuft(16).

9.        Seit 2013 ist die SETC‑Zone eine der ersten 18 offiziell genehmigten „ausländischen Wirtschafts- und Handelskooperationszonen“(17) Chinas. Chinesische Unternehmen, die ins Ausland gehen, um u. a. in der SETC‑Zone tätig zu sein, können fiskalische und steuerliche Unterstützungsmaßnahmen, Darlehen zu Vorzugsbedingungen, finanzielle Unterstützung durch Konsortialkredite, Exportkredite, Projektfinanzierung, Kapitalbeteiligungen und Exportkreditversicherungen in Anspruch nehmen(18).

10.      Im Jahr 2016 unterzeichneten die Präsidenten Chinas und Ägyptens das Abkommen zwischen dem Handelsministerium der Volksrepublik China und der Generalbehörde für die Wirtschaftszone Suezkanal der Arabischen Republik Ägypten über die Wirtschafts- und Handelskooperationszone Suez(19).

11.      Dieses Kooperationsabkommen sieht vor, dass die Regierungen Chinas und Ägyptens die SETC‑Zone im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Strategien gemeinsam entwickeln(20). Im Rahmen dieses Abkommens stellt die ägyptische Regierung Grund und Boden, Arbeitskräfte und bestimmte Steuervergünstigungen zur Verfügung, während die chinesischen Unternehmen, die in der Zone tätig sind, die Produktionsanlagen mit ihren Sachanlagen und unter Leitung durch ihre Führungskräfte betreiben. Weitere Mittel werden von China unmittelbar bereitgestellt(21).

12.      Klägerinnen im ersten Rechtszug waren die Jushi Egypt for Fiberglass Industry SAE (im Folgenden: Jushi Egypt) und die Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics SAE (im Folgenden: Hengshi Egypt). Es handelt sich um nach ägyptischem Recht gegründete Unternehmen, die in Ägypten von ihren chinesischen Muttergesellschaften Jushi China und Hengshi China gegründet wurden. Diese Unternehmen sind miteinander verbunden und gehören letztlich der China National Building Material Group, einem staatlichen Unternehmen(22).

13.      Diese Gruppe befindet sich ihrerseits letztlich im Eigentum der Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen (State-owned Assets Supervision and Administration Commission, im Folgenden: SASAC)(23). Im Hinblick darauf, dass sie dem Staatsrat der Volksrepublik China, dem höchsten Verwaltungsorgan des Landes, unmittelbar unterstellt ist, bezeichnen die angefochtenen Verordnungen „SASAC [als] das Schlüsselinstrument, mit dem die chinesische Regierung in unterschiedlicher Form staatseigene Unternehmen kontrolliert; Ziel und Zweck ist dabei, die Politik und die Pläne der Regierung umzusetzen und nicht, die Geschäftstätigkeit der Unternehmen nach marktwirtschaftlichen Erwägungen auszurichten“(24).

14.      Bei den Waren, um die es in diesen Rechtsmittelverfahren geht, handelt es sich um Endlosglasfaserfilamente (continuous filament glass fibre products, im Folgenden: GFR) und Glasfasergewebe (glass fibre fabrics, im Folgenden: GFF). GFR sind das unmittelbare Vormaterial von GFF.

15.      Bei GFR handelt es sich im Wesentlichen um Sand, der in biegsame Glasfaserfilamente umgeformt wird, die dann entweder als solche verwendet oder zu GFF gewebt und/oder genäht werden können. In Verbindung mit Harzen zur Herstellung leichter Verbundwerkstoffe können sie zur Verbesserung der Zähigkeit, Leichtigkeit und Haltbarkeit von Bauteilen verwendet werden. Daher werden sie u. a. in der Automobil‑, Schiffs‑, Luft- und Raumfahrt‑, Windenergie‑, Infrastruktur‑, Rohrleitungs- und Bauindustrie eingesetzt.

16.      Im Zuge der ambitionierten Klimapolitik der Europäischen Union hat sich die Nachfrage in der Union nach GFR und GFF deutlich erhöht(25).

17.      Sowohl Jushi Egypt als auch Hengshi Egypt erzeugen GFF in der SETC‑Zone. Jushi Egypt produziert dort auch GFR(26). Beide Unternehmen exportieren diese Produkte aus dieser Zone in die Europäische Union(27).

18.      In den angefochtenen Verordnungen ist die Kommission auf der Grundlage der ihr vorliegenden Beweismittel(28) u. a. zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Zusammenhang(29) zwischen den Maßnahmen der chinesischen und der ägyptischen Regierung bestehe, z. B. in Bezug auf die Vergabe von Vorzugsdarlehen(30) und die Unterstützung für Kapitalinvestitionen(31) zugunsten von Jushi Egypt und Hengshi Egypt, so dass die von der chinesischen Regierung an diese Unternehmen geleisteten finanziellen Beihilfen der ägyptischen Regierung zuzurechnen seien(32).

19.      Mit den angefochtenen Verordnungen erließ die Kommission Ausgleichszölle auf die Einfuhren von GFF und GFR in die Europäische Union. In Bezug auf die Klägerinnen wurde dieser Zoll auf 13,1 % festgesetzt.

III. Angefochtene Urteile

20.      Die Rechtsmittelführerinnen haben am 28. Juli 2020 bzw. am 27. August 2020 Nichtigkeitsklage gegen die angefochtenen Verordnungen eingereicht.

21.      Am 1. März 2023 hat das Gericht die angefochtenen Urteile erlassen, mit denen die Klagen der Rechtsmittelführerinnen abgewiesen und ihnen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission auferlegt wurden.

IV.    Verfahren vor dem Gerichtshof

22.      Mit ihren am 25. April 2023 bzw. am 27. April 2023 eingelegten Rechtsmitteln beantragen die Rechtsmittelführerinnen, die angefochtenen Urteile aufzuheben, den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen teilweise stattzugeben und der Kommission und den Streithelfern die Kosten aufzuerlegen.

23.      Die Kommission beantragt, die Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen und den Rechtsmittelführerinnen die Kosten aufzuerlegen.

24.      Unterstützt wird sie dabei vom Tech-Fab Europe e. V. (in der Rechtssache C‑269/23 P) und von der European Glass Fibre Producers Association (in der Rechtssache C‑272/23 P).

V.      Würdigung

25.      Die vorliegenden Schlussanträge gliedern sich wie folgt. Da die wichtigste Rechtsfrage, um die es bei diesen Rechtsmitteln geht, die Rechtmäßigkeit der von der Kommission angewandten Methode zum Ausgleich der „transnationalen Subventionen“ Chinas in Ägypten betrifft, werde ich zunächst auf diese Frage eingehen. Ich komme zu dem Schluss, dass das Gericht rechtsfehlerfrei die streitige Methode auf der Grundlage der Antisubventionsgrundverordnung und des WTO-Antisubventionsübereinkommens bestätigt hat (A)(33).

26.      Danach werde ich mich dann den mehr technischen gemeinsamen Rechtsmittelgründen zuwenden: Bestimmung der komparativen Referenzsituation für den Ausgleich des ägyptischen Systems der Nachlässe bei den Einfuhrabgaben (B) und den Ausgleich der steuerlichen Behandlung von Wechselkursverlusten (C). Schließlich werde ich mich mit dem einzigen Rechtsmittelgrund befassen, der sich bei den beiden beim Gerichtshof anhängigen Rechtsmittelverfahren unterscheidet: der Höhe der anfechtbaren Subvention für Unternehmen einer Unternehmensgruppe (D).

A.      Anwendung des Antisubventionsinstrumentariums auf „transnationale Subventionen“

27.      Der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P sowie der erste und der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑272/23 P betreffen im Wesentlichen die Frage, ob die Kommission zu Recht auf das in der Antisubventionsgrundverordnung geregelte Instrument der Antisubventionsmaßnahmen zurückgreifen konnte, um die unmittelbare und mittelbare finanzielle Beihilfe auszugleichen, die die Rechtsmittelführerinnen von der chinesischen Regierung für die Herstellung der in Rede stehenden Waren in Ägypten erhalten haben(34).

28.      In den angefochtenen Urteilen bejaht das Gericht diese Möglichkeit. Auf der Grundlage einer Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck kommt es zu dem Schluss, dass „die Antisubventionsgrundverordnung nicht aus[schließt], dass – auch wenn die finanzielle Beihilfe nicht unmittelbar von der Regierung im Ursprungs- oder Ausfuhrland stammt – diese Beihilfe ihr zugerechnet werden kann“(35). Das Gericht kommt zu diesem Ergebnis auf der Grundlage einer Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Antisubventionsgrundverordnung, in dem der Begriff „Subvention“ definiert wird, in Verbindung mit dem fünften Erwägungsgrund dieser Verordnung(36).

29.      Ich stimme der Schlussfolgerung des Gerichts zu und werde im Folgenden weitere Ausführungen zur Begründung machen.

30.      Die Rechtsfrage, die den vorliegenden Rechtsmitteln zugrunde liegt, betrifft im Kern die Tragweite des Begriffs „Subvention“, wie er in Art. 3 der Antisubventionsgrundverordnung definiert ist.

31.      In der englischen Sprachfassung dieser Bestimmung heißt es, dass unter einer Subvention „a financial contribution by a government in the country of origin or export“ (eine finanzielle Beihilfe „eine[r] Regierung im Ursprungs- oder Ausfuhrland“)(37), durch die ein Vorteil gewährt wird, zu verstehen ist(38).

32.      Die Argumentation der Kommission knüpft unmittelbar an die kursiv hervorgehobenen Teile des Wortlauts dieser Bestimmung in der englischen Fassung an. Ihr Argument betrifft im Wesentlichen den Unterschied zwischen der Verwendung des unbestimmten „a“ und des bestimmten „the“ in Art. 3 Nr. 1 Buchst. a der Antisubventionsgrundverordnung und die sich daraus ergebende Offenheit dieses Rechtsinstruments für den Ausgleich chinesischer Subventionen, die an in Ägypten ansässige Unternehmen gewährt wurden.

33.      Allerdings ergeben sich, wie die Rechtsmittelführerinnen zu Recht hervorheben, bei einer sprachlichen Prüfung der verschiedenen Sprachfassungen von Art. 3 Nr. 1 Buchst. a der Antisubventionsgrundverordnung Unterschiede.

34.      Einigen Sprachfassungen dieser Bestimmung kann, ähnlich wie der englischen Sprachfassung, entnommen werden, dass die Quelle der finanziellen Zuwendung, die der fraglichen Ware im Ursprungs- oder Ausfuhrland zugutekommt, in gewisser Weise offengelassen ist(39). Andere Sprachfassungen sind jedoch so formuliert, dass sie den Eindruck erwecken, der Begriff der Subvention beschränke sich auf finanzielle Beihilfen, die von der Regierung des Ursprungs- oder Ausfuhrlands der fraglichen Ware gewährt werden(40).

35.      Um eine einheitliche Anwendung und Auslegung der Antisubventionsgrundverordnung sicherzustellen, muss ihr Art. 3 daher anhand des Zwecks und des allgemeinen Aufbaus der Vorschriften, zu denen er gehört, ausgelegt werden(41).

36.      Die Grundsätze für den Anwendungsbereich und die Anwendung des Antisubventionsinstruments sind in Art. 1 Abs. 1 der Antisubventionsgrundverordnung festgelegt. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausgleichszoll eingeführt werden, „um eine Subvention auszugleichen, die mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, die Produktion, die Ausfuhr oder die Beförderung einer Ware gewährt wird, deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union eine Schädigung verursacht“(42).

37.      Aus dieser Definition ergibt sich eindeutig, dass die Antisubventionsgrundverordnung auf alle Situationen Anwendung findet, in denen gegebenenfalls ein Ausgleichszoll eingeführt werden muss, um die Subventionierung einer ausländischen Ware durch eine breite Palette von geldwerten Leistungen auszugleichen, die zu einer Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union für eine gleichartige Ware führen.

38.      Art. 1 Abs. 1 der Antisubventionsgrundverordnung setzt nicht voraus, dass die schädigende Subvention unmittelbar dem Land entstammt, in dem die betreffende Ware ihren Ursprung hat oder aus dem sie ausgeführt wird. Die Bezugnahme auf die „mittelbare“ Gewährung einer solchen Subvention bedeutet vielmehr, dass ein territorialer Zusammenhang mit dem Ursprungs- oder Ausfuhrland nicht unbedingt bestehen muss, solange die Subvention mit der Herstellung, der Produktion, der Ausfuhr oder der Beförderung einer Ware verbunden ist, deren Inverkehrbringen auf dem Binnenmarkt eine Schädigung verursacht.

39.      Diese Lesart wird auch durch Art. 2 Buchst. a der Antisubventionsgrundverordnung gestützt, in dem es im maßgeblichen Teil heißt, dass eine anfechtbare „Subvention … von der Regierung des Ursprungslands der eingeführten Ware oder von der Regierung eines Zwischenlands …, aus dem die Ware in die Union ausgeführt wird, [gewährt werden kann]“(43). Durch die Verwendung des Modalverbs „kann“ lässt diese Vorschrift daher auch den möglichen Geberkreis von anfechtbaren Subventionen offen und beschränkt ihn nicht auf das Ursprungs- oder Ausfuhrland der betreffenden Ware.

40.      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen wird diese Erwägung zudem nicht durch den Wortlaut von Art. 4 Abs. 2 und 3 der Antisubventionsgrundverordnung in Frage gestellt, in dem es darum geht, ob eine anfechtbare spezifische Subvention vorliegt, und der bestimmt, dass die Spezifizität unter Bezugnahme auf den „Zuständigkeitsbereich der gewährenden Behörde“ beurteilt wird.

41.      In dieser Bestimmung geht es also nicht darum, ob sich die gewährende Behörde im Ausfuhr- oder Ursprungsland der in Rede stehenden Ware befinden muss.

42.      Wie das Gericht zutreffend festgestellt hat(44), erlaubt es Art. 4 Abs. 2 und 3 der Antisubventionsgrundverordnung der Kommission demnach, wenn sie, wie in der zugrunde liegenden Untersuchung, auf der Grundlage der ihr verfügbaren Beweismittel der Regierung des Ursprungs- oder Ausfuhrlands der fraglichen Ware eine finanzielle Beihilfe zurechnen kann, obwohl diese ursprünglich von der Regierung oder einer öffentlichen Körperschaft eines Drittlands stammt, die erstgenannte Regierung als die „gewährende Behörde“ dieser konkreten finanziellen Beihilfe zu behandeln(45).

43.      Schließlich wird, wie die Kommission zutreffend feststellt, eine solche Lesart auch durch den fünften Erwägungsgrund der Antisubventionsgrundverordnung gestützt, in dem es, in allen Sprachfassungen offenbar übereinstimmend, heißt(46), dass eine Subvention vorliegt, wenn die Tatsache, dass „eine Regierung oder eine öffentliche Körperschaft im Gebiet eines Landes eine finanzielle Beihilfe leistet“, nachgewiesen ist(47).

44.      In diesem Zusammenhang gelesen kann eine Ware nicht nur dann als subventioniert angesehen werden, wenn eine Subvention dem Ursprungs- oder Ausfuhrland der fraglichen Ware zugerechnet werden kann, sondern auch dann, wenn auf der Grundlage der verfügbaren Beweismittel eine andere Regierung oder öffentliche Körperschaft als Quelle der schädigenden Subventionierung ermittelt werden kann.

45.      Diese Auslegung wird auch durch das Ziel der Antisubventionsgrundverordnung bestätigt, die seit ihrer ursprünglichen Fassung im Jahr 1968(48) in erster Linie darauf abzielt, der Industrie in der Union zu helfen, die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt, die durch verbotene, im Ausland gewährte Subventionen beeinträchtigt werden, wieder ins Gleichgewicht zu bringen(49).

46.      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Antisubventionsgrundverordnung nicht auf Subventionen beschränkt ist, die von der Regierung eines Staates in seinem „eigenen“ Hoheitsgebiet gewährt werden.

47.      Die Rechtsmittelführerinnen machen allerdings geltend, dass ein so verstandener Anwendungsbereich der Antisubventionsdisziplin nicht mit den Verpflichtungen der Europäischen Union aus dem GATT und dem WTO-Subventionsübereinkommen(50) vereinbar sei.

48.      Ich teile die Auffassung, dass diese internationalen Übereinkommen zu berücksichtigen sind, da die Europäische Union Vertragspartei der WTO-Übereinkommen ist, zu denen das GATT und das WTO-Subventionsübereinkommen gehören, die daher Teil der Rechtsordnung der Union sind und ihre Organe binden(51).

49.      Zwar haben diese Übereinkommen im Allgemeinen keine unmittelbare Wirkung(52), aus der verfassungsrechtlichen Verpflichtung der Union zur Einhaltung der sich aus ihren internationalen Verpflichtungen ergebenden Verpflichtungen(53), was dem allgemeinen völkerrechtlichen Grundsatz der Einhaltung von Vertragspflichten (pacta sunt servanda)(54) entspricht, ergibt sich jedoch die Verpflichtung der Union, das Unionsrecht erforderlichenfalls im Einklang mit dem WTO-Recht auszulegen(55).

50.      Gemäß ihrem dritten Erwägungsgrund sollen mit der Antisubventionsgrundverordnung die im Subventionsübereinkommen eingegangenen Verpflichtungen „so weit wie möglich“ in das Unionsrecht übernommen werden.

51.      Der Gerichtshof hat bereits erklärt, dass derselbe Wortlaut, wenn auch im Zusammenhang mit der Antidumpinggrundverordnung(56), für sich allein nicht als Wille des Unionsgesetzgebers verstanden werden darf, alle im WTO-Subventionsübereinkommen enthaltenen Regeln in Unionsrecht umzusetzen(57).

52.      Die Auffassung des Gerichts(58), dass die Verwendung dieser Formulierung ein hinreichendes Anzeichen dafür sei, dass der Unionsgesetzgeber die gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 des WTO-Subventionsübereinkommens übernommenen besonderen Verpflichtungen habe umsetzen wollen, erscheint daher unzutreffend.

53.      Dennoch: Der Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Antisubventionsgrundverordnung entspricht im Wesentlichen dem von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 des WTO-Subventionsübereinkommens. Ersterer ist daher im Einklang mit Letzterem auszulegen(59).

54.      In Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 dieses Übereinkommens heißt es: „[E]ine Subvention [liegt] vor, wenn … eine Regierung oder öffentliche Körperschaft im Gebiet eines Mitglieds … eine finanzielle Beihilfe leistet“(60).

55.      Legt man diese Bestimmung gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (United Nations Treaty Series, Bd. 1155, S. 331) nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung aus, so ergibt sich, dass insbesondere die Verwendung des unbestimmten Artikels „eine“ in der Formulierung „eine Regierung … eine finanzielle Beihilfe“ im Einleitungssatz von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 des WTO-Subventionsübereinkommens die geografische Herkunft der Quelle der fraglichen finanziellen Beihilfe offenlässt, solange die betreffende Subvention von einem WTO-Mitglied stammt.

56.      Meines Erachtens wird diese Lesart durch die Einschränkung „im Gebiet eines Mitglieds“ in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 des WTO-Subventionsübereinkommens nicht in Frage gestellt, da sich diese Formulierung auf den Begriff „Regierung oder öffentliche Körperschaft“ und nicht auf den Begriff „finanzielle Beihilfe“ bezieht.

57.      Diese Schlussfolgerung ist auch mit dem WTO-Subventionsübereinkommen vereinbar, das Art. VI des GATT 1994 auslegt und anwendet und dessen „Ziel und Zweck im Wesentlichen darin besteht, die GATT‑Disziplin in Bezug auf die Anwendung sowohl von Subventionen als auch von Ausgleichsmaßnahmen zu verstärken und zu verbessern“(61).

58.      In diesem Zusammenhang beziehe ich mich insbesondere auf Art. VI Abs. 3 des GATT 1994, in dem ein Ausgleichszoll als Sonderzoll definiert wird, der erhoben wird, „um jede … für die Herstellung, Gewinnung oder Ausfuhr einer Ware gewährte Prämie oder Subvention“ unwirksam zu machen, ohne dass die Stelle, die diese Vergünstigungen gewährt, spezifiziert und auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt wird.

59.      Dementsprechend gilt Art. VI des GATT 1994 grundsätzlich(62) für alle Subventionen, unabhängig von ihrer Herkunft(63).

60.      Auch unter diesem Blickwinkel würde eine andere Auslegung nicht nur der gewöhnlichen Bedeutung der im WTO-Subventionsübereinkommen und in Art. VI des GATT 1994 verwendeten Begriffe zuwiderlaufen, sondern auch Ziel und Zweck dieser Bestimmungen vereiteln, wenn die Union finanzielle Beihilfen, wie die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden, allein wegen ihrer territorialen Herkunft nicht ausgleichen könnte.

61.      Da sich aus der Entstehungsgeschichte von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 des WTO-Subventionsübereinkommens(64), deren Heranziehung als ergänzendes Mittel zur Auslegung dieses Übereinkommens im Sinne von Art. 32 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge dienen kann, keine andere Lesart ableiten lässt, ist meines Erachtens eindeutig, dass Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 des WTO-Subventionsübereinkommens den geografischen Geltungsbereich der Quelle einer finanziellen Beihilfe nicht auf das WTO-Mitglied beschränkt, in dessen Gebiet die fragliche Ware hergestellt worden ist(65).

62.      Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass Art. 1 Abs. 1 Buchst. a des WTO-Subventionsübereinkommens es nicht ausschließt, eine Gestaltung, bei der ein WTO-Mitglied eine finanzielle Beihilfe zu einer im Gebiet eines anderen WTO-Mitglieds hergestellten Ware leistet, als Subvention zu behandeln.

63.      Aus diesen Gründen bin ich der Auffassung, dass das Gericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sich der Anwendungsbereich der Antisubventionsgrundverordnung, wie er insbesondere in deren Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Buchst. a zum Ausdruck kommt, auch auf den Fall erstreckt, dass die Kommission auf der Grundlage hinreichender Beweismittel in der Lage ist, die von einer Regierung eines Drittlands erhaltene finanzielle Beihilfe der Regierung eines anderen Drittlands zuzurechnen.

64.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, den zweiten und den dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P und den ersten und den zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑272/23 P zurückzuweisen.

B.      Komparative Referenzsituation für den Ausgleich des ägyptischen Systems der Nachlässe bei den Einfuhrabgaben für eingeführte Materialien

65.      Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P und dem dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑272/23 P machen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es den Ansatz der Kommission bestätigt habe, für den Ausgleich des von den Rechtsmittelführerinnen in Anspruch genommenen Vorteils des Systems der Nachlässe bei den Einfuhrabgaben ihre Situation mit der eines Unternehmens zu vergleichen, das sich ebenfalls in der SETC‑Zone befinde, aber an den ägyptischen Markt verkaufe(66). Ihre Situation hätte vielmehr mit der theoretischen Situation verglichen werden müssen, dass sie außerhalb der Wirtschaftszone ansässig seien, die in Rede stehenden Waren aber ebenfalls in die Europäische Union ausführten. In einer solchen Situation hätte die ägyptische Regierung nicht aufgrund des Systems der Nachlässe bei den Einfuhrabgaben auf Abgaben verzichtet, da sie niemals beabsichtigt hätte, Einfuhrabgaben für eingeführte Vormaterialien für die Herstellung der fraglichen Waren zu erheben.

66.      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft daher im Kern die Frage, wie die komparative Referenzsituation im vorliegenden Fall auszusehen hat(67).

67.      Die einzige Bestimmung, die die Rechtsmittelführerinnen in den Rechtsmittelschriften zur Stützung ihres Vorbringens anführen, ist allerdings Art. 5 der Antisubventionsgrundverordnung. Diese Bestimmung, die sich auf die Quantifizierung der Höhe der anfechtbaren Subvention bezieht, ist für die Referenzsituation bei der Prüfung der Frage, ob die ägyptische Regierung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii der Antisubventionsgrundverordnung auf Abgaben verzichtet hat, nicht maßgebend (zur Quantifizierung eines solchen Abgabenverzichts kommt es logischerweise erst, wenn überhaupt festgestellt ist, dass ein solcher vorliegt)(68).

68.      Die Rechtsmittelführerinnen haben auch nicht näher erläutert, inwiefern das Gericht den anwendbaren Rechtsrahmen falsch ausgelegt oder angewandt hätte.

69.      Eine derartige Erläuterung ist jedoch für die Zulässigkeit des Vorbringens der Rechtsmittelführerinnen von entscheidender Bedeutung, da Art. 3 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii der Antisubventionsgrundverordnung, selbst wenn dies die Bestimmung gewesen wäre, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen berufen hätten (was aber nicht der Fall ist), keine Methode zur Festlegung der geeigneten komparativen Referenzsituation vorsieht, um festzustellen, ob eine Regierung auf normalerweise zu entrichtende Abgaben verzichtet oder diese nicht erhebt.

70.      Die Kommission verfügt daher bei ihrer Aufgabe, festzustellen, ob die Regierung von Ägypten auf normalerweise zu entrichtende Abgaben verzichtet hat, über einen gewissen Ermessensspielraum zwischen den verschiedenen Parametern und Szenarien(69).

71.      Da keine anderen Argumente vorgebracht wurden, ist es nicht zu beanstanden, dass das Gericht die Wahl der geeigneten komparativen Referenzsituation, die die Kommission im Rahmen der den vorliegenden Rechtsmitteln zugrunde liegenden Antisubventionsuntersuchungen getroffen hat, bestätigt hat(70).

72.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, den vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P und den dritten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑272/23 P für unzulässig zu erklären.

C.      Ausgleich der steuerlichen Behandlung von Währungsverlusten infolge der Abwertung des ägyptischen Pfunds im Jahr 2016

73.      Mit dem fünften Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P und dem vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑272/23 P machen die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen geltend, dass das Gericht nicht geprüft habe, ob die Kommission in den angefochtenen Verordnungen die richtige Subventionsregelung zugrunde gelegt habe. Die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die steuerliche Behandlung von Währungsverlusten, die im Zuge der Abwertung des ägyptischen Pfunds im Jahr 2016 eingeführt wurde(71), die Subventionsregelung darstelle, die einen de facto spezifischen Vorteil im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 Buchst. c der Antisubventionsgrundverordnung verschaffe. Diese Behandlung stehe allen ägyptischen Unternehmen offen, so dass theoretisch jedes ägyptische Unternehmen in der Lage sei, die durch die Auswirkungen der Abwertung des ägyptischen Pfunds im Jahr 2016 verursachten Verluste von seinem steuerpflichtigen Einkommen abzuziehen. Aus diesem Grund habe die Kommission den aus der Abwertung von 2016 resultierenden Vorteil zu Unrecht der steuerlichen Behandlung von Währungsverlusten zugeschrieben.

74.      Auch wenn die Rechtsmittelschriften, anders als die Ausführungen der Kommission, nicht eindeutig sind, gehe ich davon aus, dass diese Rechtsmittelgründe nicht auf eine erneute Erörterung des Sachverhalts abzielen. Eine großzügige Auslegung des Vorbringens scheint vielmehr darauf hinzudeuten, dass die Rechtsmittelführerinnen den Gerichtshof ersuchen, die Schlussfolgerung des Gerichts zu überprüfen, dass bei einer gemeinsamen Betrachtung der steuerlichen Behandlung und der besonderen Rechnungslegungsregeln ein de facto spezifischer Vorteil gewährt worden sei.

75.      Diese Art des Vorbringens fällt in die Zuständigkeit des Gerichtshofs(72).

76.      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 4 Abs. 2 Buchst. c der Antisubventionsgrundverordnung gerade dazu dient, solche Fälle zu erfassen, in denen eine Maßnahme auf den ersten Blick unspezifisch erscheinen mag, in der Praxis aber auf der Grundlage objektiver Kriterien oder Bedingungen die Wirkung hat, dass eine spezifische Regelung zur Gewährung einer Subvention an bestimmte Unternehmen eingeführt wird.

77.      Für die Beurteilung der Frage, ob eine Subvention de facto spezifisch ist, hat der Gerichtshof nicht auf die nationale Regelung als solche abzustellen(73), sondern auf den Grad der Auswirkungen, den diese Regelung für bestimmte Unternehmen in dem Kontext hat, in dem sie eingeführt wurde(74).

78.      Genau dies hat das Gericht in den angefochtenen Urteilen getan.

79.      Erstens hat es den Standpunkt eingenommen, dass sich die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen auf eine unzutreffende Annahme stütze: „[D]ie Kommission [ist] nicht davon ausgegangen, dass die steuerliche Behandlung für sich genommen eine Subvention darstelle, die Gegenstand einer Ausgleichsmaßnahme sein könne“(75).

80.      Zweitens erläutert das Gericht, dass die Kommission, indem sie die steuerliche Behandlung und die besonderen Rechnungslegungsregeln zusammen behandelt habe, zu dem Schluss gekommen sei, dass diese Regeln zwar allen ägyptischen Unternehmen zugutekommen könnten, in der Praxis aber dazu dienten, die negativen Auswirkungen der Abwertung des ägyptischen Pfunds im Jahr 2016 auszugleichen, so dass einer bestimmten Kategorie von Unternehmen(76), wie den Rechtsmittelführerinnen(77), ein erheblicher Vorteil gewährt worden sei(78).

81.      Schließlich führt das Gericht aus, dass die Rechtsmittelführerinnen keinen Beweis dafür vorgebracht hätten, der diese Sachverhaltsfeststellungen als nicht plausibel erscheinen lasse(79).

82.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auch den fünften Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P und den vierten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑272/23 P als unbegründet zurückzuweisen.

D.      Bestimmung der Höhe der anfechtbaren Subventionen bei einer Unternehmensgruppe

83.      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P wenden sich die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen gegen die Entscheidung des Gerichts, die Methode der Kommission zur Berechnung der Höhe der von den Rechtsmittelführerinnen erhaltenen anfechtbaren Subventionen auf der Grundlage ihres Gesamtumsatzes zu bestätigen(80).

84.      Dieser Rechtsmittelgrund erfordert eine Auslegung der Art. 5 und 6 der Antisubventionsgrundverordnung.

85.      Art. 5 („Berechnung der Höhe der anfechtbaren Subventionen“) dieser Verordnung sieht vor, dass die Höhe der anfechtbaren Subventionen anhand des „dem Empfänger“ erwachsenden Vorteils zu berechnen ist, der für den untersuchten Subventionierungszeitraum festgestellt wird. In Art. 6 („Berechnung des dem Empfänger erwachsenden Vorteils“) dieser Verordnung werden dann bestimmte Regeln für die Berechnung der Höhe des Vorteils und damit der „dem Empfänger“ gewährten Subventionen festgelegt.

86.      Die Rechtsmittelführerinnen sind der Ansicht, die Verwendung des Singulars „Empfänger“ in diesen Bestimmungen bedeute, wie das Gericht in seinem Urteil Jindal Saw und Jindal Saw Italia/Kommission(81) festgestellt habe, dass „der Vorteil für jeden einzelnen Empfänger anhand dessen Situation festgestellt und berechnet werden muss“(82). Nur wenn eine Subvention beiden Unternehmen gemeinsam gewährt würde, könnte die Höhe der anfechtbaren Subvention auch für diese Unternehmen gemeinsam ermittelt werden. Im Ergebnis hätte die Kommission den Vorteil als Prozentsatz für Jushi Egypt und Hengshi Egypt getrennt berechnen, diesen Vorteil als Prozentsatz auf den jeweiligen Umsatz mit der fraglichen Ware anwenden und eine einzige gewogene durchschnittliche Subventionsspanne für die Rechtsmittelführerinnen insgesamt berechnen müssen(83).

87.      Gleichzeitig bestreiten die Rechtsmittelführerinnen nicht – sie stimmen in ihren Schriftsätzen sogar ausdrücklich zu –, dass der Begriff „Empfänger“ trotz der Verwendung des Singulars „Empfänger“ in den Art. 5 und 6 der Antisubventionsgrundverordnung so auszulegen ist, dass er auch eine Gruppe von Unternehmen umfasst(84).

88.      Ich halte die von den Rechtsmittelführerinnen vorgenommene Unterscheidung nicht für folgerichtig.

89.      Erstens gibt es für ihre Auffassung keine Literaturquellen oder Rechtsprechung(85). Auch die Art. 5 und 6 der Antisubventionsgrundverordnung enthalten keine Einschränkung, die eine enge Auslegung des Begriffs „Empfänger“ erlauben würde.

90.      Zweitens entspricht eine weite Auslegung dieses Begriffs nicht nur derjenigen, die der Gerichtshof für ähnliche Begriffe des Beihilfe- und des Wettbewerbsrechts, wie den Begriffen „wirtschaftliche Einheit“ oder „Unternehmen“, verwendet(86), sondern auch der Auslegung des Begriffs „Empfänger“ im Sinne des WTO-Subventionsübereinkommens durch das WTO-Berufungsgremium(87).

91.      Drittens entspricht der Ansatz zur Behandlung von Unternehmen, die aus industrieller und wirtschaftlicher Sicht Teil eines untrennbaren Ganzen sind, als verbundene Unternehmen der wirtschaftlichen Realität, da er gewährleistet, dass konzerninterne Kapitaltransfers nicht dem Antisubventionsinstrument entzogen werden(88).

92.      Die sich daraus ergebende weite Auslegung des Begriffs „Empfänger“ dient daher dem Ziel der Antisubventionsgrundverordnung, „eine Subvention auszugleichen, die mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, die Produktion, die Ausfuhr oder die Beförderung einer Ware gewährt wird, deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union eine Schädigung verursacht“(89).

93.      Meines Erachtens kann der Gerichtshof somit nicht feststellen, dass die Bestätigung der oben dargelegten Auslegung und der von der Kommission vorgenommenen Berechnung der anfechtbaren Subvention der Rechtsmittelführerinnen durch das Gericht rechtsfehlerhaft gewesen wäre.

94.      Demgemäß schlage ich dem Gerichtshof vor, den ersten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑269/23 P zurückzuweisen.

VI.    Kosten

95.      Nach Art. 137 und Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof, wenn er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet, über die Kosten.

96.      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

97.      Da die Rechtsmittelführerinnen meines Erachtens mit ihren Rechtsmitteln aus den von mir dargelegten Gründen unterliegen, bin ich der Auffassung, dass ihnen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen sind.

98.      Dagegen tragen der Tech-Fab Europe e. V. und die European Glass Fibre Producers Association gemäß Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auch auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ihre eigenen Kosten.

VII. Ergebnis

99.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        die Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen,

–        die Urteile vom 1. März 2023, Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics und Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission (T‑480/20, EU:T:2023:90), und vom 1. März 2023, Jushi Egypt for Fiberglass Industry/Kommission (T‑540/20, EU:T:2023:91), zu bestätigen,

–        der Hengshi Egypt Fiberglass Fabrics SAE und der Jushi Egypt Fiberglass Industry SAE jeweils ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen und

–        festzustellen, dass der Tech-Fab Europe e. V. und die European Glass Fibre Producers Association ihre eigenen Kosten zu tragen haben.



























































































Leave a Comment

Schreibe einen Kommentar