C-477/22 – Azienda regionale sarda trasporti

C-477/22 – Azienda regionale sarda trasporti

CURIA – Documents

Language of document : ECLI:EU:C:2023:838

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

9. November 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Straßenverkehr – Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften – Verordnung (EG) Nr. 561/2006 – Art. 3 Buchst. a – Wendung ‚wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt‘ – Beförderungen im Straßenverkehr mit Fahrzeugen, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden – Linienstrecke, die nicht mehr als 50 km beträgt – Nichtanwendung der Verordnung Nr. 561/2006 – Gemischt genutzte Fahrzeuge – Art. 4 Buchst. e und j – Ausdrücke ‚andere Arbeiten‘ und ‚Lenkzeit‘– Art. 6 Abs. 3 und 5 – Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen – Lenkzeiten in einem Fahrzeug, das vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen ist“

In der Rechtssache C‑477/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) mit Entscheidung vom 12. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Juli 2022, in dem Verfahren

Arst SpA – Azienda regionale sarda trasporti

gegen

TR,

OS,

EK,

UN,

RC,

RS,

OA,

ZB,

HP,

WS,

IO,

TK,

ME,

SK,

TF,

TC,

ND

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), M. Safjan, N. Jääskinen und M. Gavalec,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Arst SpA – Azienda regionale sarda trasporti, vertreten durch S. Manso, Avvocato,

–        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Garofoli, Avvocato dello Stato,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Malferrari, P. Messina und G. Wilms als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Buchst. a, Art. 4 Buchst. j sowie Art. 6 Abs. 3 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1, berichtigt in ABl. 2015, L 101, S. 62) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 (ABl. 2014, L 60, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 561/2006).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem öffentlichen Nahverkehrsunternehmen der Region Sardinien (Italien), der ARST SpA – Azienda regionale sarda trasporti (im Folgenden: Arst), und mehreren Beschäftigten dieses Unternehmens wegen des Antrags dieser Beschäftigten auf Zahlung einer Entschädigung und/oder eines Ausgleichs durch Arst, die bzw. der sich nach den nicht genommenen Ruhezeiten und den Zeiten bemisst bzw. bemessen, die die zulässige summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen überschritten haben.

 Rechtlicher Rahmen

 Richtlinie 2002/15/EG

3        Art. 3 Buchst. a Nr. 1 der Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben (ABl. 2002, L 80, S. 35), definiert den Ausdruck „Arbeitszeit“ wie folgt:

„bei Fahrpersonal: die Zeitspanne zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende, während der der Beschäftigte an seinem Arbeitsplatz ist, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht, und während der er seine Funktion oder Tätigkeit ausübt, d. h.

–        die Zeit sämtlicher Tätigkeiten im Straßenverkehr. Diese Tätigkeiten umfassen insbesondere Folgendes:

i)      Fahren,

ii)      Be- und Entladen,

iii)      Hilfe beim Ein- und Aussteigen der Fahrgäste,

iv)      Reinigung und technische Wartung,

v)      alle anderen Arbeiten, die dazu dienen, die Sicherheit des Fahrzeugs, der Ladung und der Fahrgäste zu gewährleisten bzw. die gesetzlichen oder behördlichen Formalitäten, die einen direkten Zusammenhang mit der gerade ausgeführten spezifischen Transporttätigkeit aufweisen, zu erledigen; hierzu gehören auch: Überwachen des Beladens/Entladens, Erledigung von Formalitäten im Zusammenhang mit Polizei, Zoll, Einwanderungsbehörden usw.;

–        die Zeiten, während deren das Fahrpersonal nicht frei über seine Zeit verfügen kann und sich an seinem Arbeitsplatz bereithalten muss, seine normale Arbeit aufzunehmen, wobei es bestimmte mit dem Dienst verbundene Aufgaben ausführt, insbesondere während der Zeit des Wartens auf das Be- und Entladen, wenn deren voraussichtliche Dauer nicht im Voraus bekannt ist …“

 Verordnung Nr. 561/2006

4        In den Erwägungsgründen 17 und 24 der Verordnung Nr. 561/2006 heißt es:

„(17)      Mit dieser Verordnung sollen die sozialen Bedingungen für die von ihr erfassten Arbeitnehmer sowie die allgemeine Straßenverkehrssicherheit verbessert werden. Dazu dienen insbesondere die Bestimmungen über die maximale Lenkzeit pro Tag, pro Woche und pro Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen, die Bestimmung über die Verpflichtung der Fahrer, mindestens einmal in jedem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit zu nehmen, und die Bestimmungen, wonach eine tägliche Ruhezeit unter keinen Umständen einen ununterbrochenen Zeitraum von neun Stunden unterschreiten sollte. …

(24)      Die Mitgliedstaaten sollten Vorschriften für Fahrzeuge erlassen, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr dienen, wenn die Strecke nicht mehr als 50 km beträgt. Diese Vorschriften sollten einen angemessenen Schutz in Form von erlaubten Lenkzeiten und vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten bieten.“

5        Nach Art. 1 dieser Verordnung werden in ihr „Vorschriften zu den Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten für Kraftfahrer im Straßengüter‑ und ‑personenverkehr festgelegt, um die Bedingungen für den Wettbewerb zwischen Landverkehrsträgern, insbesondere im Straßenverkehrsgewerbe, anzugleichen und die Arbeitsbedingungen sowie die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern“, und ist es ferner „Ziel dieser Verordnung …, zu einer besseren Kontrolle und Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten sowie zu einer besseren Arbeitspraxis innerhalb des Straßenverkehrsgewerbes beizutragen.“

6        Art. 2 Abs. 1 der Verordnung bestimmt:

„Diese Verordnung gilt für folgende Beförderungen im Straßenverkehr:

b)      Personenbeförderung mit Fahrzeugen, die für die Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers konstruiert oder dauerhaft angepasst und zu diesem Zweck bestimmt sind.“

7        In Art. 3 der Verordnung heißt es:

„Diese Verordnung gilt nicht für Beförderungen im Straßenverkehr mit folgenden Fahrzeugen:

a)      Fahrzeuge, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt;

…“

8        Art. 4 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

e)      ‚andere Arbeiten‘ alle in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie [2002/15] als ‚Arbeitszeit‘ definierten Tätigkeiten mit Ausnahme der Fahrtätigkeit sowie jegliche Arbeit für denselben oder einen anderen Arbeitgeber, sei es inner- oder außerhalb des Verkehrssektors;

h)      ‚wöchentliche Ruhezeit‘ den wöchentlichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine ‚regelmäßige wöchentliche Ruhezeit‘ und eine ‚reduzierte wöchentliche Ruhezeit‘ umfasst;

–        ‚regelmäßige wöchentliche Ruhezeit‘ eine Ruhepause von mindestens 45 Stunden;

j)      ‚Lenkzeit‘ die Dauer der Lenktätigkeit, aufgezeichnet entweder:

–        vollautomatisch oder halbautomatisch durch Kontrollgeräte [gemäß der Verordnung Nr. 165/2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr], oder

–        von Hand gemäß den Anforderungen [der Verordnung Nr. 165/2014];

k)      ‚tägliche Lenkzeit‘ die summierte Gesamtlenkzeit zwischen dem Ende einer täglichen Ruhezeit und dem Beginn der darauf folgenden täglichen Ruhezeit oder zwischen einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit;

n)      ‚Personenlinienverkehr‘ innerstaatliche und grenzüberschreitende Verkehrsdienste im Sinne des [Artikels 2 Nummer 2 der Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 (ABl. 2009, L 300, S. 88)];

q)      ‚Lenkdauer‘ die Gesamtlenkzeit zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Fahrer nach einer Ruhezeit oder einer Fahrtunterbrechung beginnt, ein Fahrzeug zu lenken, und dem Zeitpunkt, zu dem er eine Ruhezeit oder Fahrtunterbrechung einlegt. Die Lenkdauer kann ununterbrochen oder unterbrochen sein.

…“

9        In Art. 6 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 561/2006 heißt es:

„(3)      Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen darf 90 Stunden nicht überschreiten.

(5)      Der Fahrer muss die Zeiten im Sinne des Artikels 4 Buchstabe e sowie alle Lenkzeiten in einem Fahrzeug, das für gewerbliche Zwecke außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Verordnung verwendet wird, als andere Arbeiten festhalten …“

10      Nach Art. 15 dieser Verordnung stellen „[d]ie Mitgliedstaaten … sicher, dass Fahrer der in Artikel 3 Buchstabe a genannten Fahrzeuge unter nationale Vorschriften fallen, die einen angemessenen Schutz bei den erlaubten Lenkzeiten sowie den vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten bieten.“

 Verordnung Nr. 1073/2009

11      Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1073/2009 definiert den Ausdruck „Linienverkehr“ als „die regelmäßige Beförderung von Fahrgästen auf einer bestimmten Verkehrsstrecke, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen oder abgesetzt werden können“.

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

12      Am 5. September 2011 erhoben mehrere bei Arst im Straßenpersonenverkehr beschäftigte Fahrer beim Tribunale di Oristano (Gericht Oristano, Italien) Klage mit dem Antrag, Arst zu verurteilen, ihnen für unter Verstoß gegen die Verordnung Nr. 561/2006 nicht genommene Ruhezeiten und Zeiten, die die zulässige summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen überschritten haben, eine Entschädigung und/oder einen anteiligen Ausgleich zu zahlen. Sie machten geltend, dass aufgrund der von Arst im Zeitraum vom 11. April 2007, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung, bis zum 6. Dezember 2010 festgelegten Arbeitszeiten keiner von ihnen die „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ im Sinne von Art. 4 Buchst. h dieser Verordnung in Anspruch genommen habe und dass sie alle die in Art. 6 Abs. 3 der Verordnung vorgesehene zulässige summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen überschritten hätten.

13      Arst berief sich ihrerseits darauf, dass die Verordnung Nr. 561/2006 nach ihrem Art. 3 Buchst. a auf diese Fahrer nicht anwendbar sei, da sie Fahrten, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Grenze überschritten hätten, nur ein- oder zweimal und lediglich in bestimmten Schichten durchgeführt hätten.

14      Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage in vollem Umfang statt, kürzte jedoch wegen der kürzeren Beschäftigungsdauer von UN und TF als Fahrer die von ihnen beantragte Entschädigung um 50 %.

15      Arst legte gegen diese Entscheidung Berufung bei der Corte d’appello di Cagliari (Berufungsgericht Cagliari, Italien) ein. Diese setzte den Betrag, zu dessen Zahlung an die Fahrer Arst vom erstinstanzlichen Gericht verurteilt worden war, mit Urteil vom 10. März 2016 herab und wies die Klage im Übrigen ab.

16      Die Corte d’appello di Cagliari (Berufungsgericht Cagliari) entschied zum einen, dass der Ausdruck „Strecke“ im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 im außerstädtischen Verkehr die Gesamtstrecke bezeichne, die der Fahrer während eines Arbeitstags zurücklege, so dass die Kilometerleistung aller vom Fahrer während dieses Arbeitstags durchgeführten Fahrten bei der Feststellung, ob die Grenze von 50 km überschritten worden sei, berücksichtigt werden müsse. Zum anderen ging sie im Hinblick auf Art. 4 Buchst. j und k dieser Verordnung davon aus, dass die „Tageslenkzeit“ mit dem Arbeitstag zusammenfalle. Sie wies daher das Vorbringen von Arst zurück, dass bei der Überprüfung, ob die in Art. 6 Abs. 3 dieser Verordnung vorgesehene summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen eingehalten worden sei, nur die Lenkzeit zu berücksichtigen sei.

17      Arst legte beim vorlegenden Gericht, der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien), Kassationsbeschwerde ein, mit der sie die Auslegung der Corte d’appello di Cagliari (Berufungsgericht Cagliari) in ihrem Urteil vom 10. März 2016 sowohl des Ausdrucks „Strecke“ im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 als auch der Wendung „summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen“ in Art. 6 Abs. 3 dieser Verordnung beanstandet.

18      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass Arst den Straßenpersonenverkehr mit einer bestimmten Häufigkeit und auf bestimmten Strecken betreibe, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt würden. Da die Verordnung Nr. 561/2006 nach ihrem Art. 3 Buchst. a nicht für Beförderungen im Straßenverkehr mit Fahrzeugen gelte, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet würden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km betrage, fragt sich das vorlegende Gericht, ob der Ausdruck „Strecke“, wie sich dies aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, die sich auf die „Linienstrecke“ beziehe, zu ergeben scheine, die Route bezeichne, die von dem betreffenden Unternehmen für die Bezahlung des Fahrscheins festgelegt worden sei. Es sei fraglich, ob dieser Ausdruck vielmehr, wie sich dies aus der Zielsetzung der Verordnung, nämlich nach ihrem 17. Erwägungsgrund „die sozialen Bedingungen für die von ihr erfassten Arbeitnehmer und die allgemeine Straßenverkehrssicherheit [zu verbessern]“, zu ergeben scheine, die Kilometer bezeichne, die von einem Fahrer im Fahrzeug während eines Arbeitstags zurückgelegt worden seien, selbst wenn er auf mehreren Routen eingesetzt werde.

19      Das vorlegende Gericht stellt klar, dass sich die erste Frage daraus ergebe, dass Arst Personenbeförderung im Linienverkehr auf mehreren verschiedenen Routen betreibe und ihre Fahrer während ein und desselben Arbeitstags mit demselben Fahrzeug auf mehreren Routen einsetze. Zudem würden Fahrzeuge, die für diese Beförderung eingesetzt würden, sowohl für Fahrten von weniger als auch von mehr als 50 km benutzt und sei die Verordnung Nr. 561/2006 nach dem Urteil vom 9. September 2021, Ministère public (Exterritoriale Sanktionen) (C‑906/19, EU:C:2021:715), auf Fahrzeuge anwendbar, die auf diese Weise genutzt würden. Eine gemischte Nutzung bedeute jedoch nicht, dass die gesamten von Arst durchgeführten Beförderungen in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fielen.

20      Was ferner Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 anbelangt, fragt sich das vorlegende Gericht, ob für die Beurteilung, ob die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen eingehalten worden sei, ausschließlich die während dieser beiden Wochen im Sinne von Art. 4 Buchst. j dieser Verordnung aufgezeichnete „Lenkzeit“ oder auch alle „anderen Arbeiten“ des betreffenden Fahrers im Sinne von Art. 6 Abs. 5 der Verordnung zu berücksichtigen seien. Es sei nicht möglich, eindeutig zu bestimmen, ob diese „anderen Arbeiten“ für die in Art. 6 Abs. 3 geregelte Berechnung der summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen von Bedeutung seien. Zudem habe die Corte d’appello di Cagliari (Berufungsgericht Cagliari) das Vorbringen von Arst zurückgewiesen, wonach in dieser Hinsicht nur die tatsächliche Lenkzeit des Fahrers berücksichtigt werden dürfe.

21      Unter diesen Umständen hat die Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen, dass sich der Ausdruck „Strecke“ von nicht mehr als 50 km auf die Kilometer der vom Verkehrsunternehmen für die Bezahlung des Fahrscheins festgelegten Route (Linie) bezieht, dahin, dass er sich auf die vom Fahrer während einer täglichen Arbeitsschicht zurückgelegten Gesamtkilometer bezieht, oder dahin, dass er sich auf die auf der Straße zurückgelegte größte Entfernung des Fahrzeugs vom Ausgangspunkt (Umkreis) bezieht, bzw. nach welchem anderen Kriterium sind die Kilometer der Strecke gegebenenfalls zu berechnen?

Kann jedenfalls das Unternehmen, das die Beförderung organisiert, für die Fahrzeuge, die es ausschließlich für Wege von weniger als 50 km einsetzt, von der Anwendung der Verordnung Nr. 561/2006 ausgenommen werden, oder ist die Verordnung auf die gesamte Beförderungsdienstleistung des Unternehmens anwendbar, weil es andere Fahrzeuge auf Routen von mehr als 50 km einsetzt?

2.      Ist Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen, dass die „summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen“ die Summe der „Lenkzeiten“ der beiden Wochen – wie in Art. 4 Buchst. j dieser Verordnung definiert – ist, oder dahin, dass sie auch andere Tätigkeiten und insbesondere die gesamte vom Fahrer während der beiden Wochen geleisteten Arbeitsschichten oder alle „anderen Arbeiten“ im Sinne von Art. 6 Abs. 5 der Verordnung umfasst?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

22      Die erste Vorlagefrage gliedert sich in zwei Teile, die nacheinander zu prüfen sind.

 Zum ersten Teil der ersten Frage

23      Mit dem ersten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass sich die Wendung „wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt“ auf die Kilometerzahl der vom Verkehrsunternehmen festgelegten Route für die von ihm durchgeführten Personenbeförderungen im Linienverkehr bezieht.

24      Der Ausdruck „Linienstrecke“ wird in der Verordnung Nr. 561/2006 nicht definiert, und Art. 3 Buchst. a dieser Verordnung enthält keinen Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten, um die Bedeutung und Tragweite dieses Ausdrucks zu bestimmen. Für die Auslegung dieser Bestimmung sind daher ihr üblicher Sinn nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie ihr Zusammenhang und das Ziel heranzuziehen, das mit der in Rede stehenden Regelung verfolgt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2022, Pricoforest, C‑13/21, EU:C:2022:531, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet der Ausdruck „Strecke“ eine Route oder einen Weg, der bzw. dem namentlich auf der Straße gefolgt wird oder gefolgt werden soll, und die bzw. der einen Ausgangspunkt mit einem Bestimmungsort verbindet. Durch eine ununterbrochene „Linie“ werden Ausgangspunkt und Bestimmungsort miteinander verbunden.

26      Der Wortlaut von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 bezieht sich somit auf eine konkrete auf der Straße zurückgelegte oder zurückzulegende Entfernung, bei der einem Weg gefolgt wird, der einen Ausgangspunkt mit einem Bestimmungsort verbindet, um die Personenbeförderung im Linienverkehr sicherzustellen, für die das betreffende Fahrzeug eingesetzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Juli 2022, Pricoforest, C‑13/21, EU:C:2022:531, Rn. 24). Dieser Wortlaut enthält keinen Verweis auf die Entfernung, die ein Fahrer während einer bestimmten Beschäftigungszeit auf der Straße tatsächlich zurückgelegt hat, oder auf die größte zurückgelegte Entfernung des betreffenden Fahrzeugs von seinem Ausgangspunkt.

27      Der Ausdruck „Linienverkehr“ wird in Art. 2 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1073/2009, auf den Art. 4 Buchst. n der Verordnung Nr. 561/2006 verweist, als „die regelmäßige Beförderung von Fahrgästen auf einer bestimmten Verkehrsstrecke, wobei Fahrgäste an vorher festgelegten Haltestellen aufgenommen oder abgesetzt werden können“, definiert. Dass jede von einem Fahrer während einer bestimmten Beschäftigungszeit auf der Straße tatsächlich zurückgelegte Entfernung oder die größte zurückgelegte Entfernung des betreffenden Fahrzeugs von seinem Ausgangspunkt, die über diese Verkehrsstrecke hinausgehen, berücksichtigt werden, schließt der Ausdruck „bestimmte Verkehrsstrecke“ aus.

28      Folglich ist die Wendung „wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt“ im Sinne von Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 dahin zu verstehen, dass sie eine bestimmte, diese Entfernung nicht überschreitende Verkehrsstrecke erfasst, die einen Ausgangspunkt mit einem Bestimmungsort verbindet und gegebenenfalls zuvor festgelegte Zwischenhalte zum Aufnehmen und Absetzen von Fahrgästen bedient. Ein solcher Straßenpersonenverkehr ist daher nach dieser Bestimmung vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen, unabhängig davon, ob die hierfür eingesetzten Fahrer mehrere dieser Verkehrsstrecken während ein und desselben Arbeitstags und mit demselben Fahrzeug abdecken.

29      Jedenfalls müssen, wie die Europäische Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, die Fahrer von Fahrzeugen, für die die Verordnung Nr. 561/2006 nach ihrem Art. 3 Buchst. a nicht gilt, gemäß Art. 15 dieser Verordnung im Licht ihres 24. Erwägungsgrundes nationalen Vorschriften unterworfen werden, die einen angemessenen Schutz in Form von erlaubten Lenkzeiten und vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten bieten sollen. Die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften müssen in jedem Fall die Vorschriften der Richtlinie 2002/15 beachten, insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit, der Ruhepausen und der Ruhezeiten.

30      Nach alledem ist auf den ersten Teil der ersten Frage zu antworten, dass Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass die Wendung „wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt“ der von dem Beförderungsunternehmen festgelegten Route unterhalb dieser Entfernung entspricht, die das betreffende Fahrzeug auf der Straße zurückzulegen hat, um einen Ausgangspunkt mit einem Bestimmungsort zu verbinden und gegebenenfalls vorab festgelegte Zwischenhalte zu bedienen, um die Beförderung von Fahrgästen mit dem Linienverkehr, in dem es eingesetzt wird, sicherzustellen.

 Zum zweiten Teil der ersten Frage

31      Mit dem zweiten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass diese Verordnung für alle von dem betreffenden Unternehmen durchgeführten Beförderungen im Straßenverkehr gilt, wenn die zur Personenbeförderung im Linienverkehr eingesetzten Fahrzeuge in erster Linie für Linienstrecken von bis zu 50 km und gelegentlich für Linienstrecken von mehr als 50 km verwendet werden.

32      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 561/2006 hinsichtlich der Personenbeförderung im Straßenlinienverkehr zum einen in ihrem Art. 2 Abs. 1 Buchst. b bestimmt ist, wonach diese Verordnung für die Personenbeförderung im Straßenverkehr mit Fahrzeugen gilt, die für die Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers konstruiert oder dauerhaft angepasst und zu diesem Zweck bestimmt sind.

33      Zum anderen gilt die Verordnung Nr. 561/2006 nach ihrem Art. 3 Buchst. a nicht für Beförderungen im Straßenverkehr mit „Fahrzeuge[n], die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt“. Da diese Bestimmung eine Ausnahme vom Anwendungsbereich dieser Verordnung einführt, ist sie eng so auszulegen, dass ihre Wirkung nicht über das zum Schutz der Interessen, die sie gewährleisten soll, Erforderliche hinausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2021, Ministère public [Extraterritoriale Sanktionen], C‑906/19, EU:C:2021:715, Rn. 33).

34      Unter diesen Umständen kann, wenn wie im vorliegenden Fall ein Unternehmen die Personenbeförderung im Linienverkehr mit einer Linienstrecke von mehr als 50 km mit Fahrzeugen durchführt, die normalerweise zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, deren Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt, eine solche gemischte Nutzung nicht dazu führen, dass die Verordnung Nr. 561/2006 für den gesamten Personenlinienverkehr gilt, der von diesem Unternehmen durchgeführt wird. Personenbeförderungen im Linienverkehr, dessen Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt, sind nämlich nach Art. 3 Buchst. a dieser Verordnung ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen.

35      Nach alledem ist auf den zweiten Teil der ersten Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass diese Verordnung nicht für alle von dem betreffenden Unternehmen durchgeführten Beförderungen im Straßenverkehr gilt, wenn die zur Personenbeförderung im Linienverkehr eingesetzten Fahrzeuge in erster Linie für Linienstrecken von bis zu 50 km und gelegentlich für Linienstrecken von mehr als 50 km verwendet werden. Diese Verordnung gilt nur, wenn diese Strecken mehr als 50 km betragen.

 Zur zweiten Frage

36      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung enthaltene Wendung „summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen“ neben der „Lenkzeit“ im Sinne von Art. 4 Buchst. j dieser Verordnung alle „anderen Arbeiten“ im Sinne von Art. 6 Abs. 5 der Verordnung umfasst, die der Fahrer während dieser beiden Wochen ausgeführt hat.

37      Nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 darf „die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen … 90 Stunden nicht überschreiten“.

38      Insbesondere in der spanischen, der deutschen, der englischen, der französischen, der ungarischen und der portugiesischen Sprachfassung wird auf den Ausdruck „Lenkzeit“ Bezug genommen, der in Art. 4 Buchst. j dieser Verordnung gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 165/2014 als „Dauer der [aufgezeichneten] Lenktätigkeit“ definiert wird. Dagegen entspricht der Ausdruck „periodo di guida“ in der italienischen Sprachfassung von Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 dem Ausdruck „Lenkdauer“, der in Art. 4 Buchst. q dieser Verordnung definiert wird als „Gesamtlenkzeit zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Fahrer nach einer Ruhezeit oder einer Fahrtunterbrechung beginnt, ein Fahrzeug zu lenken, und dem Zeitpunkt, zu dem er eine Ruhezeit oder Fahrtunterbrechung einlegt“, wobei „die Lenkdauer ununterbrochen oder unterbrochen sein [kann]“.

39      Sowohl der Ausdruck „Lenkzeit“ als auch der Ausdruck „Lenkdauer“ im Sinne von Art. 4 Buchst. j und q der Verordnung Nr. 561/2006 beziehen sich daher auf die Zeitspanne, die der Fahrer mit dem Fahren verbringt, auch wenn der Ausdruck „Lenkzeit“ nur den aufgezeichneten Zeitraum erfasst.

40      Der Ausdruck „andere Arbeiten“ in Art. 4 Buchst. e der Verordnung Nr. 561/2006 bezeichnet dagegen „alle in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie [2002/15] als ‚Arbeitszeit‘ definierte Tätigkeiten mit Ausnahme der Fahrtätigkeit“. Nach Art. 3 Buchst. a Nr. 1 der Richtlinie 2002/15 umfasst die „Arbeitszeit“ namentlich die Zeit sämtlicher Tätigkeiten im Straßenverkehr“, insbesondere „Fahren“, „Be- und Entladen“, „Hilfe beim Ein- und Aussteigen der Fahrgäste“, „Reinigung und technische Wartung“ und „alle anderen Arbeiten, die dazu dienen, die Sicherheit des Fahrzeugs, der Ladung und der Fahrgäste zu gewährleisten bzw. die gesetzlichen oder behördlichen Formalitäten, die einen direkten Zusammenhang mit der gerade ausgeführten spezifischen Transporttätigkeit aufweisen, zu erledigen“.

41      Folglich umfassen die Ausdrücke „Lenkzeit“ und „Lenkdauer“ im Sinne von Art. 4 Buchst. j und q der Verordnung Nr. 561/2006 nur die Lenktätigkeit und nicht sämtliche Tätigkeiten des Fahrers während seiner Arbeitszeit.

42      Im Übrigen verpflichtet Art. 6 Abs. 5 der Verordnung Nr. 561/2006 den Fahrer, als „andere Arbeiten“ nicht nur „die Zeiten im Sinne des Artikels 4 Buchstabe e [dieser Verordnung]“ festzuhalten, d. h. jede Tätigkeit mit Ausnahme des Fahrens, das als „Arbeitszeit“ definiert wird, sondern auch „alle Lenkzeiten in einem Fahrzeug, das für gewerbliche Zwecke außerhalb des Anwendungsbereichs der … Verordnung verwendet wird“.

43      Daraus folgt, dass bei der Berechnung der summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinanderfolgender Wochen, die nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 90 Stunden nicht überschreiten darf, nur die Lenkzeiten des Fahrers zu berücksichtigen sind, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen. Würde man in eine solche Berechnung die Zeit einbeziehen, die der Fahrer damit verbringt, ein Fahrzeug zu lenken, für das diese Verordnung nach ihrem Art. 3 Buchst. a nicht gilt, liefe das nämlich darauf hinaus, dass Beförderungen im Straßenverkehr unter diese Verordnung fallen würden, die ausdrücklich von deren Anwendungsbereich ausgenommen sind.

44      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung enthaltene Wendung „summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen“ nur die „Lenkzeit“ im Sinne von Art. 4 Buchst. j dieser Verordnung umfasst und nicht auch alle „anderen Arbeiten“ im Sinne von Art. 6 Abs. 5 der Verordnung, die der Fahrer während dieser beiden Wochen ausführt.

 Kosten

45      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates in der durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

die Wendung „wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt“ der von dem Beförderungsunternehmen festgelegten Route unterhalb dieser Entfernung entspricht, die das betreffende Fahrzeug auf der Straße zurückzulegen hat, um einen Ausgangspunkt mit einem Bestimmungsort zu verbinden und gegebenenfalls vorab festgelegte Zwischenhalte zu bedienen, um die Beförderung von Fahrgästen mit dem Linienverkehr, in dem es eingesetzt wird, sicherzustellen.

2.      Die Bestimmungen von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 561/2006 in der durch die Verordnung Nr. 165/2014 geänderten Fassung

sind dahin auszulegen, dass

diese Verordnung nicht für alle von dem betreffenden Unternehmen durchgeführten Beförderungen im Straßenverkehr gilt, wenn die zur Personenbeförderung im Linienverkehr eingesetzten Fahrzeuge in erster Linie für Linienstrecken von bis zu 50 km und gelegentlich für Linienstrecken von mehr als 50 km verwendet werden. Diese Verordnung gilt nur, wenn diese Strecken mehr als 50 km betragen.

3.      Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 561/2006 in der durch die Verordnung Nr. 165/2014 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

die in dieser Bestimmung enthaltene Wendung „summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen“ nur die „Lenkzeit“ im Sinne von Art. 4 Buchst. j dieser Verordnung umfasst und nicht auch alle „anderen Arbeiten“ im Sinne von Art. 6 Abs. 5 der Verordnung, die der Fahrer während dieser beiden Wochen ausführt.

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